„ . . . und sein Pate war Bipontinus“

Zweibrücken · In einem Sonderheft der „Saarpfalz“ sind die Lebenserinnerungen des aus Zweibrücken stammenden Kirchenrates Ernst Krieger nachzulesen – für historisch Interessierte eine durchaus lohnende Lektüre.

Dass ein in seinem geistlichen Amt über die Maßen engagierter Pfarrer zugleich seinen architektonischen Ambitionen überaus erfolgreich nachgeht, gehört sicherlich zu den ungewöhnlichen Begebenheiten im pfälzischen Protestantismus des 19. Jahrhunderts. Die Rede ist von Kirchenrat Ernst Krieger . Er wurde 91 Jahre alt und starb nach einem wohl unvergleichlichen Pfarrerleben.

"Meine Wiege stand zu Zweibrücken ", so beginnen seine Lebenserinnerungen, und "die Stadt, ihre Umgebung, ihr geistiges und gesellschaftliches Leben und Regen gaben mir viel Anregung und Unterhaltung in meiner Jugend". Als Sohn eines Gymnasialprofessors und Pfarrers wurde er am 27. Mai 1830 geboren, und sein Pate war Bipontinus, wie der Mediziner Carl Heinrich Schulz genannt wurde, der als "wichtigster Biologe der Pfalz im 19. Jahrhundert" gilt. Als Student der Theologie in Erlangen erlebte er die Stürme des Jahres 1848.

Seine erste Predigt hielt er noch als Student in Maßweiler, wurde nach dem Examen Vikar in Freinsheim, später in Zweibrücken und 1853 in St. Ingbert, das damals zur Pfarrei Neuhäusel gehörte. "Der ganze Vikariatssprengel war früher ungemischt katholisch, in den Stadtrat kamen keine Protestanten", und nur ganz langsam begann die kleine "protestantische Seelenzahl" zu wachsen. "Vom Jahre 1856 an wuchs die protestantische Gemeinde spürbar", ist da in den Lebenserinnerungen Kriegers von St. Ingbert zu lesen, "der Betsaal wurde zu klein, die Nothwendigkeit eines Kirchenbaues wurde immer dringlicher".

Die Gemeinde sammelte fleißig, es gab horrende Spenden von privater Seite, der Gustav-Adolf-Verein half und 1859 konnte die Kirche eingeweiht werden. Sie erhielt den Namen Martin-Luther-Kirche. "Während der Bauarbeiten erwachte in mir das Architektenblut meiner mütterlichen Familie, der Kirchenkasse wurden durch mein Reissbrett und meine unausgesetzte Bauaufsicht manche Kosten gespart".

Mit der Vollendung des Kirchenbaues war für den Vikar aber auch die Zeit des Abschieds von St. Ingbert gekommen. Statt ins Pfarramt wechselte er nun als "Lehrer für protestantische Religion, Geschichte und hebräische Sprache mit dem Titel, Rang und den Ehrenrechten eines königlicher Gymnasialprofessors" ans Zweibrücker Gymnasium. Im Nebenamt unterrichtete er in Zweibrücken auch an der höheren Töchterschule, wirkte vertretungsweise als Gefängnisgeistlicher, war Mitarbeiter des "Evangelischen Kirchenboten für die Pfalz" und gab noch Privatunterricht.

"Trotz recht vieler Arbeit fand ich Zeit, den Weg von Zweibrücken nach Einöd fleißig zu gehen, nicht des Spaziergangs wegen", sondern wegen "meiner Herzdame" vom Kaplaneihof, Amalie Erlenwein. Geheiratet wurde am 29. Dezember 1859. Man wohnte in der Herzogstraße, "im Hause des Fabrikanten Schwinn. Studiertisch und Nähtisch standen nebeneinander und an beiden ging die Arbeit munter fort. Eine gründliche Veränderung des häuslichen Lebens brachte der 31. Oktober 1861. Es erscholl Kindergeschrei! Unser Karl Gottlob verkündete sein Erscheinen", genau am Reformationstag.

Krieger richtete in St. Ingbert eine Diakonissen-Station ein, für die er später auch ein eigenes Haus mit Kindergarten baute, er baute in Ensheim ein Bethaus und in Schnappach eine Kleinkinderschule. Ernst Krieger war als Prediger hoch angesehen, war eifrig in der Seelsorge, hatte ein reges Gemeindeleben und hatte sich "als Baumeister großes Vertrauen erworben". Das ging sogar so weit, dass er gebeten wurde, in St. Ingbert die Pläne "für ein kleines Spital nebst Arztwohnung" und für ein Lateinschulhaus zu fertigen und für die israelische Gemeinde die Pläne für den Bau einer Synagoge.

Nachzulesen ist das alles in den "Lebenserinnerungen von Kirchenrat Ernst Krieger (1830 - 1921)" in einem fast 80seitigen Sonderheft der "Saarpfalz", jener vom Saarpfalz-Kreis herausgegebenen Blätter für Geschichte und Volkskunde.

Das Heft ist im Buchhandel sowie beim Amt für Heimat- und Denkmalpflege des Saarpfalzkreises, Telefon (0 68 41) 1 04 84 09, E-Mail: Ute.Klosendorf@saarpfalz-kreis.de für fünf Euro erhältlich.

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