Überall heißt es: „Por causa do jogo“

An Tagen, an denen die brasilianische Mannschaft spielt, geht so gut wie nichts mehr in Rio. Arbeitgeber schenken ihren Mitarbeitern einen bezahlten Urlaubstag, Schulen und Kindergärten bleiben geschlossen.

 Die brasilianische Flagge und das mit ihr verbundene WM-Fieber haben in Rio mehr „Stopp“-Potenzial als eine rote Ampel. Foto: Gab

Die brasilianische Flagge und das mit ihr verbundene WM-Fieber haben in Rio mehr „Stopp“-Potenzial als eine rote Ampel. Foto: Gab

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Überall heißt es: "Por causa do jogo" ("wegen des Spiels").

Diese Feierlaune hat durchaus System und ist gar eine Antwort der Regierung auf die Angst vor allzu großem Chaos auf den Straßen und der Versuch, verstopften Metros vorzubeugen. Gibt man den Leuten keinen Grund, eine oder gar zwei Stunden im Bus Richtung Arbeitsstelle zu verbringen, werden sich wahrscheinlich die Wenigsten freiwillig an einem freien Tag den Stress der Massen antun und die Spiele lieber zu Hause oder in der Kneipe nebenan schauen. Es sei denn, man ist als Tourist unterwegs.

Mir ist gerade weder nach Kneipe noch nach Sehenswürdigkeiten zu Mute. Ich habe Zahnschmerzen und die machen leider auch nicht vor der Fifa halt. Also gehe ich einen Tag vor dem Brasilien-Spiel zu einem der öffentlichen Zahnärzte. Dort treffe ich zwar jemanden an, doch leider, so sagt man mir, könne ich heute, "por causa do jogo" nicht mehr drangenommen werden. Heute spielen die Brasilianer doch gar nicht, versuche ich einzuwenden. "Aber heute Nachmittag findet eine Begegnung im Maracanã-Stadion statt und damit alle pünktlich vor dem erwarteten Verkehrschaos zu Hause . . ." "Ja, ja, ich weiß schon", unterbreche ich und ziehe mit meinen zum Glück nicht allzu schlimmen Zahnschmerzen von dannen - im Kopf ausrechnend, wann ich es wieder dort versuchen kann. Heute ist ein Spiel im Maracanã- Stadion, morgen spielt Brasilianisch, Dienstag wäre ein erneuter Versuch wert, denn am Mittwoch ist schon wieder das Stadion an der Reihe.

Bei all den Feiertagen gibt es in Rio auch an Tagen, an denen die heimische Mannschaft spielt, Berufsgruppen, die Dienst tun müssen. Polizisten etwa, oder Busfahrer. Doch auch die sorgen dafür, dass ab Anstoß der eigenen Mannschaft die Straßen leer sind. Kurzerhand werden die Busse vor einer Kneipe abgestellt, die Warnblinkanlage eingeschaltet und das Spiel am Bildschirm verfolgt. Fahrgäste dürfte es in den kommenden 90 Minuten eh kaum geben.

Sabrina Gab, 35, geboren und aufgewachsen in Zweibrücken, reiste ein Jahr um die Welt, bevor sie Rio de Janeiro als neues Zuhause wählte. Dort lebt und arbeitet die Journalistin und Yogalehrerin seit zwei Jahren mit ihrem Partner und dem gemeinsamen Sohn Noah.

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