Über allen Kübeln ist Ruh' oder: Goethe auf dem Herzogplatz

Zweibrücken · Meinung: Über allen Kübeln ist Ruh' oder: Goethe auf dem Herzogplatz

Meinung:
Über allen Kübeln ist Ruh' oder: Goethe auf dem Herzogplatz

Liebe Leserinnen,

Liebe Leser,

viele von Ihnen kennen sicherlich das Rezept einer glücklichen Ehe?!

Es ist - neben anderen, eher weichen, Faktoren - die für beide Partner gültige und zuverlässige Verteilung von Kernkompetenzen und Befugnissen bis hin zur finalen Entscheidungsgewalt. Bei uns ist dies vom ersten Tag an so geregelt, dass ich als Herr des Hauses naturgemäß die großen und wichtigen Sachen entscheide, meine Frau dagegen eher die kleinen - wobei es ihrer Entscheidung obliegt, zwischen "groß und wichtig" und "klein" zu unterscheiden.

Diese Form der häuslichen Gewaltenteilung praktizieren wir nun bereits im 26. Jahr, und ich muss feststellen, dass sie bestens funktioniert, weil damit jegliches Konfliktpotenzial im Keim erstickt wird. Dies gilt innerhalb der eigenen vier Wände, gleichermaßen erstreckt sich der Geltungsbereich aber auch auf das Grundstück, auf dem die eigenen vier Wände einstmals erbaut worden sind. So hat denn auch der Garten im Laufe des letzten Vierteljahrhunderts sein Gesicht deutlich gewandelt. Es ist die Konsequenz einer Fülle kleinerer Entscheidungen, die allesamt im Ressort meiner Frau gefällt worden sind und denen auch mal Bäume mit großer und mächtiger Krone zum Opfer gefallen sind.

Hätte ich ob dieser klaren Ansagen jemals in ein melancholisches Lamento verfallen wollen, so hat die jüngste Entwicklung in Zweibrücken alles potenzielle Auflehnen hinweggespült. Denn das Possenspiel um die Platanen auf dem Herzogplatz ist mit denselben Zutaten gewürzt, die man von Zuhause kennt. Einer hat das letzte Wort: Im Falle Zweibrückens war es - wer auch sonst?! - Oberbürgermeister Kurt Pirmann, der das Drama beendet hat. Die Platanen kommen weg, womit das Platzgestaltungskonzept des Architekten Martinsson aus dem Jahr 2001 in geradezu puristischer Demut erfüllt wird. Der Platz ist frei, der Blick kann wandern - nichts hält ihn auf.

Und Diskussionen kommen schon gar nicht mehr auf.

Ich bleibe dabei: Die Idee des UBZ und seines Chefs Werner Boßlet, den Platz zu begrünen, war die schlechteste nicht. Allein, es kann die schönste Platane nicht in Frieden grünen, wenn es den bösen Kritikern nicht gefällt. Bevor sich an dieser Maßnahme eine Endlosdiskussion à la Zweibrücken entwickelt - Rosengarteneingang und Stadtwurststand lassen exemplarisch grüßen - hat der OB ganz pragmatisch verbal die Axt angelegt, sein Machtwort rückt alles wieder ins unbeschattete Licht.

Man kann sich wundern, muss es aber nicht!

Oder einfach enden mit der leicht veränderten Textzeile aus des Wanderers Nachtlied von Johann Wolfgang Goethe.

In Zweibrücken ist fortan über allen (Platanen-)Kübeln Ruhe. Bei Goethe waren es die Gipfel. Und die Wipfel, in denen kein Hauch zu spüren ist. Die Platanen schweigen ein Lied davon.

Michael Klein

Chefredakteur

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