Tykwer schickt Hanks in die Wüste

Zweibrücken · Nach „Cloud Atlas“ arbeiten Regisseur Tom Tykwer und Tom Hanks wieder zusammen. Diesmal schickt der deutsche Filmemacher den Hollywood-Star in die Wüste. In seinem neuen Film „Ein Hologramm für den König“ nach dem gleichnamigen Buch von David Eggers („The Circle“) spielt Hanks (59) den alternden Geschäftsmann Alan Clay, einen Verlierer-Typen, der noch eine große Chance bekommt: Er soll dem König von Saudi-Arabien eine innovative Hologramm-Kommunikationstechnologie verkaufen und muss dabei einige Kulturschocks verkraften. Merkur -Mitarbeiter Martin Schwickert hat mit Tom Hanks über den Film gesprochen.

 Geschäftlich unterwegs in Saudi-Arabien: Tom Hanks als Handelsvertreter. Foto: X-Verleih/Warner

Geschäftlich unterwegs in Saudi-Arabien: Tom Hanks als Handelsvertreter. Foto: X-Verleih/Warner

Foto: X-Verleih/Warner

Mr. Hanks, was hat Sie an der Figur des Alan Clay interessiert?

Hanks: Dieser Mann ist ein totales Desaster. In seinem Leben ist alles schief gelaufen. Er ist über fünfzig und eine Niete in seinem Beruf. Seine Ex-Frau hasst ihn und seiner Tochter kann er nicht das College bezahlen. Und wenn er dem König von Saudi Arabien nicht diese Technologie verkauft, von der er selbst keine Ahnung hat, wird er seinen Job verlieren. Und genau das fand ich interessant an der Rolle, dass ich einen Typen spielen muss, der keinerlei Selbstbewusstsein hat, aber so tun muss, als hätte er die Sache im Griff.

Inwieweit ist diese Figur prototypisch für die so genannte Babyboomer-Generation, die durch die Digitalisierung und Globalisierung der Wirtschaft quasi abgehängt wurde?

Hanks: Ich bin 1956 geboren, das ist in den USA der geburtenstärkste Jahrgang überhaupt. Ich glaube, es gibt viele Menschen in diesem Alter, die dachten, mit fünfzig wären sie glücklich verheiratet, hätten einen guten Job, mit dem sie ihren Kindern das College finanzieren können - und keine dieser Erwartungen hat sich erfüllt. Es ist schwer, immer die Hoffnung zu bewahren. Jeder spürt in seinem Leben einmal diese Leere und hat das Gefühl, vor dem Abgrund zu stehen. Und ohne Zweifel sind heute in den USA viele Menschen in diesem Alter an diesem Punkt.

Ist der Amerikanische Traum zum Hologramm geworden?

Hanks: Wir haben uns von einem Land, in dem Dinge produziert wurden, hin zu einer Nation entwickelt, die nur noch Dinge verkauft. Und das macht für das Selbstwertgefühl der Menschen einen großen Unterschied. Wenn heute tatsächlich einer eine dreidimensionale Telefontechnologie entwickeln würde, bei der man seinen Gesprächspartner als Hologramm vor sich sieht, wäre das wahrscheinlich ein Milliardengeschäft, obwohl ich persönlich nicht den geringsten Sinn darin sähe. Aber auch wenn Amerika gerade im Zuge der Wirtschaftskrise durch eine selbst auferlegte kulturelle Veränderung geht, bleibt dieser Glaube und das Vertrauen in die Zukunft bestehen. Der Amerikanische Traum, wird von Zeit zu Zeit immer wieder zum Hologramm, aber dann kommt eine neue Generation mit neuen Ideen, die eigene Wege geht.

"Ein Hologramm für den König" spielt in Saudi-Arabien, einer islamischen absoluten Monarchie. Wie wichtig war für Sie der politische Hintergrund dieses Handlungsortes?

Hanks: Ich hatte mit Tom Tykwer viele Diskussionen, denn er hatte einen sehr europäischen Blick auf das Königreich Saudi-Arabien. Amerikaner haben keine Ahnung von diesem Land. Sie wissen, dass Laurence von Arabien Kamele hatte und von Peter O'Toole gespielt wurde, dass reiche, saudische Prinzen Rolls Royce fahren und dass islamische Fundamentalisten dort gerne Leute köpfen. Das ist alles, was der Durchschnittsamerikaner und auch meine Figur von Saudi-Arabien weiß. Tom Tykwer hat über die Nebenfiguren einiges von dem gesellschaftlichen Kontext eingeflochten: der Chauffeur, der gerne westliche Musik hört, oder die Ärztin, die in der Schweiz eine erfolgreiche Chirurgin war und nun in Saudi-Arabien nicht mal Auto fahren darf. Der Film zeigt Saudi-Arabien als einen Ort der Konfusion, ohne sich als politische Polemik zu verstehen.

Der Film thematisiert die Midlife-Crisis eines Mannes. Hatten Sie so etwas auch mal?

Hanks: Ich habe heute mit fast 60 Jahren den gleichen Enthusiasmus in mir wie mit 16. Ich bin verheiratet, habe vier Kinder und einige Enkel, für die ich mich verantwortlich fühle. Und ich bin reich. Das heißt, es gibt ganz viele Dinge, über die ich mir keine Sorgen machen muss und es gibt keinen Tag, an dem ich mir dessen nicht bewusst und dankbar dafür bin. Mit Mitte 40 war ich allerdings mit meiner Karriere nicht zufrieden. Ich hatte in zu vielen, nichtssagenden, romantischen Komödien mitgespielt. Ich habe dann realisiert, dass die einzige Möglichkeit, daran etwas zu ändern darin bestand "nein" zu sagen zu dieser Sorte von Filmen, auch wenn sie noch so gut bezahlt sind. Ich habe dann eine längere Zeit nicht gearbeitet und erst zu "Apollo 13" wieder "ja" gesagt.

,,Ein Hologramm für den König” ab morgen in einigen Kinos der Region.

Zum Thema:

Auf einen Blick Die neuen Filme der Woche: Einige Kinos in der Region zeigen den Film "Bauernopfer - Spiel der Könige". Regisseur Edward Zwick inszeniert brachial das spannende Psycho-Duell zwischen den Schachgroßmeistern Robert Bobby Fisher und Boris Spasski von 1973. Weniger intellektuell fordernd ist der Superheldenfilm "The First Avenger: Civil War" von Anthoney und Joe Russo. Der Streifen läuft in fast allen Kinos der Region an. Das Filmhaus Saarbrücken zeigt den Gewinner des Max-Ophüls-Preises 2015: "Chrieg". Regisseur Simon Jaquemet inszeniert in kraftvollen Bildern eine Jugend zwischen Aufbegehren und Resignation. Kinderfreundlicher ist dagegen "Rico, Oskar und der Diebstahlstein" von Neele Leana Vollmarder, der in den Kinos der Region zu sehen ist. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort