Krise bei Tadano: Schwere Entscheidung für 392 Mitarbeiter Transfergesellschaft: Frist für Wechsel läuft ab

Zweibrücken · Bis heute müssen sich 392 Mitarbeiter von Tadano entscheiden: Klagen sie gegen Kündigung oder wechseln sie in Transfergesellschaft?

 Das Tadano-Werk in der Dinglerstraße.

Das Tadano-Werk in der Dinglerstraße.

Foto: Sebastian Dingler

Es ist eine Entscheidung, die den 392 Mitarbeitern von Tadano-Demag sehr schwer fallen muss: Sollen sie gegen ihre Kündigung klagen – oder sollen sie das Angebot des Arbeitgebers annehmen und in eine Transfergesellschaft wechseln?

Beide Optionen sind nicht das, was sich die Betroffenen erhofften. Sie wollten bleiben. Und weiter bei dem traditionsreichen Unternehmen arbeiten. Umsonst. 392 Mitarbeitern wurde gekündigt; jeder vierte der zuletzt 1558 Beschäftigten muss gehen (wir berichteten mehrfach).

An diesem Freitag läuft die Frist ab, innerhalb derer sich die 392 Betroffenen für einen Wechsel in die Transfergesellschaft entscheiden müssen. Oder alternativ den Weg einer Kündigungsschutzklage gehen, in der Hoffnung, dass das Arbeitsgericht die Auswahl der Kriterien bei der Sozialauswahl für nicht korrekt erklärt.

„Der Schock bei den Mitarbeitern sitzt weiter sehr tief“, berichtet Peter Vollmar, zweiter Bevollmächtiger und Geschäftsführer der IG Metall Homburg-Saarpfalz, auf Anfrage unserer Zeitung.

Er hatte am Donnerstag noch keine Zahlen darüber, wieviele der 392 Mitarbeiter sich für einen Wechsel in die Transfergesellschaft entscheiden. „Es ist kein Trend erkennbar“, sagte er. Vollmar selbst hat mittlerweile mit rund 150 der Betroffenen Einzelgespräche geführt – „es waren wohl eher mehr“, überlegt er.

Für die Beratungsgespräche wurde die ACH-Eventhalle auf dem Flugplatz-Areal in Zweibrücken angemietet. Dort können die coronabedingten Abstandsregelungen eingehalten werden. „Wir wollten den Betroffenen nicht auch noch zumuten, zu unserer IG-Metall-Geschäftsstelle in Homburg zu fahren; wir wollten vor Ort die Beratungsgespräche durchführen“, sagt Vollmar.

In den Gesprächen sei den Betroffenen keine Empfehlung ausgesprochen worden, in die Transfergesellschaft zu wechseln oder eine Kündigungsschutzklage anzustrengen. Diese Entscheidung könne niemandem abgenommen werden.

Wer in die Transfergesellschaft wechselt, ist dort für die Dauer von neun Monaten abgesichert und erhält in dieser Zeit (inklusive Aufstockung) Kurzarbeitergeld in einer Höhe von 80 Prozent der letzten Bezüge. Während dieser neun Monate hat der Betroffene die Möglichkeit, sich nach einem neuen Arbeitsplatz umzuschauen (wir berichteten).

Psychologisch sei es halt nicht einfach wegzustecken, in die Transfergesellschaft zu wechseln – weil man sich damit quasi dem Schicksal beuge und die Kündigung letzten Endes akzeptiere. Eine Kündigungsschutzklage sei ein Akt des Widerstandes. Allerdings mit ungewissem Ausgang.

„Wir kennen die Kriterien nicht, nach denen die Sozialauswahl vorgenommen wurde“, sagt der Gewerkschafter. Es liege am Arbeitsgericht, alles haarklein zu prüfen, zu schauen, ob dem Unternehmen womöglich ein Fehler unterlaufen ist.

„Es ist unheimlich schwierig für die Menschen“, bedauert Vollmar. „Auch wegen der Art und Weise, wie alles gelaufen ist.“ Das sei auch in den Beratungsgesprächen immer wieder artikuliert worden, sagt der Metaller. „Es sind Mitarbeiter betroffen, die schon Jahrzehnte für das Unternehmen tätig sind. Die haben zu mir gesagt, sie hätten mit ihren Kollegen mehr Zeit verbracht als mit ihrer eigenen Ehefrau. Tadano-Demag: Das war wie ein Haus, an dem sie jeden Tag werkelten.“ Fleißig sei alles angestrichen, renoviert, saubergemacht, alles in Schuss gehalten worden. „Dann wird dieses Haus plötzlich angesteckt.“

Und dann, so berichtet Vollmar weiter aus den Gesprächen, komme zu der Bestürzung noch die Wut: „Von der Geschäftsführung ist niemand auf die Idee gekommen, auf die Mitarbeiter zuzugehen.“ Die Betroffenen hätten die Hiobsbotschaft von ihren jeweiligen Vorgesetzten erfahren.

Vollmar ärgert sich mit den 392 Mitarbeitern: „Ich habe von Anfang an gesagt, dass es nicht so hätte laufen müssen.“ Die IG Metall habe immer wieder Gesprächsbereitschaft signalisiert, gemeinsam hätte frühzeitig so gegengesteuert werden können, dass die Einschläge nicht dermaßen hart gewesen wären, ist der Gewerkschafter überzeugt. Es gebe Positiv-Beispiele in Zweibrücken wie Pallmann, die zeigten, dass frühzeitiges, gemeinsames Agieren von Unternehmensleitung, Betriebsrat und Gewerkschaft viel erreichen könne, sagte Vollmar.

Wie schätzt er die Chancen der 392 Gekündigten ein, woanders Fuß zu fassen? Der Metaller sagt – vorausgesetzt, der Betroffene wolle in Zweibrücken bleiben – seien die Chancen bei John Deere wohl am höchsten. Der Landmaschinenhersteller behaupte sich gut gegen die Corona-Krise. „Natürlich wird John Deere nicht alle 392 Mitarbeiter von Tadano aufnehmen können“, sagt der Gewerkschafter.

 Peter Vollmar, zweiter Bevollmächtiger und Geschäfts-  führer der  IG Metall Homburg-Saarpfalz.

Peter Vollmar, zweiter Bevollmächtiger und Geschäfts- führer der IG Metall Homburg-Saarpfalz.

Foto: IG Metall Saarpfalz

Nun konzentriere sich der Blick auf die Gläubigerversammlung am 18. Februar in der Festhalle. Und auf das Votum: Werden die Gläubiger dem Insolvenzplan zustimmen? Oder gar auf eine Zerschlagung setzen?

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