Totschlags-Prozess im Landgericht Zweibrücken Löste ein Streit mit dem Vater den tödlichen Messerstich aus?

Zweibrücken · Löste ein heftiger Streit zwischen Vater und Sohn die tödliche Messerattacke aus? Zumindest könnte eine Aussage des 24-jährigen Beschuldigten gegenüber einem Polizisten in der Tatnacht darauf hindeuten.

Der 38-jährige Oberkommissar war als einer der ersten Polizisten nach dem Notruf, den ein Freund des 24-Jährigen vom Tatort aus abgesetzt hatte („Ich habe einen Toten gesehen“), in der Nacht zum 25. April in der Zweibrücker Wilhelmstraße eingetroffen. Dort habe er den 22-jährigen Anrufer und den 24-Jährigen rauchend auf der Treppe vor dem Hauseingang sitzend angetroffen, berichtetet er am Mittwoch im Zeugenstand vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken. Auf seine Frage, was passiert sei, habe ihm der 24-Jährige geschildert, dass er und sein Vater aneinandergeraten seien, nachdem in ihm am Abend wieder hochgekocht sei, dass sein Vater ihn „früher missbraucht und vergewaltigt“ habe. Als er seinen Vater auf die Geschehnisse von damals angesprochen habe, soll er lachend geantwortet haben: „... weil du es verdient hast und ein räudiger Hund bist“. Von dem, was danach geschah, so der Polizeibeamte, „wollte er nichts mehr gewusst haben“. Danach habe er den 51-Jährigen in der Dachgeschosswohnung vorn übergebeugt am Küchentisch sitzend und mit einem Messer im Nacken „erkennbar verstorben“ gefunden.

Dass es zwischen Sohn und Vater öfter einmal zu Streitigkeiten gekommen war, bestätigten im Zeugenstand sowohl die seit mehreren Jahren von ihrem Ehemann getrennt lebende 52-jährige Mutter („Streit war immer bei uns“) als auch die 17-jährige Schwester („Papa hat alles für uns gemacht, war aber auch aggressiv“) des Beschuldigten. Die damals noch vierköpfige Familie (es gibt noch eine weitere, 22-jährige Schwester) war 1998 von Russland nach Deutschland gekommen. Es habe in früheren Jahren auch schon mal „Schlägereien“ zwischen dem Vater und ihrem Bruder gegeben, sagte die 17-Jährige aus. Der Vater habe ihren Bruder auch beschimpft und beleidigt („Du kannst nichts, du machst nichts“) und gewürgt – so stark, dass sein Hals danach blau verfärbt gewesen sei.

Hingegen wertete Nebenklage-Anwältin Ute Haßkamp, die die Schwester des Getöteten vertritt, die von mehreren Zeugen wahrgenommene „Verwirrtheit“ aufgrund von bizarren Aussagen des Beschuldigten, er fühle sich von Dämonen verfolgt und beobachtet, höre Stimmen und spreche oft mit sich selbst,  als „inszeniert“. Deshalb regte sie an, den 24-Jährigen nicht wegen Totschlags, sondern wegen Mordes zu verurteilen – zumal hier mindestens die Mordmerkmale Heimtücke und Grausamkeit gegeben seien. Das wiesen allerdings Staatsanwaltschaft und Verteidigung zurück.

Die Staatsanwaltschaft, die dem 24-Jährigen Totschlag vorwirft, geht bislang davon aus, dass der junge Mann „wegen einer psychotischen Erkrankung im Zustand der Schuldunfähigkeit“ handelte. Gleichwohl muss er sich nun in dem sogenannten Sicherungsverfahren verantworten. Dabei beantragt die Staatsanwaltschaft statt einer Haftstrafe die dauerhafte Unterbringung in einer forensischen Psychiatrie.

Am siebten Verhandlungstag, 23. Dezember, soll das Urteil fallen.

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