Totschlags-Prozess am Landgericht Zweibrücken Vater erstochen: Wer setzte den Toten an den Küchentisch?

Zweibrücken · Totschlags-Prozess am Landgericht Zweibrücken: Der Hergang der unfassbaren Bluttat eines 24-Jährigen in der Wilhelmstraße gibt weiter Rätsel auf.

Totschlags-Prozess am Landgericht Zweibrücken: Vater von Sohn erstochen
Foto: dpa/Oliver Berg

Der Todesfall in der Zweibrücker Wilhelmstraße, wo ein 24-Jähriger am 25. April seinen Vater in der gemeinsamen Wohnung erstochen haben soll, gibt immer mehr Rätsel auf. Zum Beispiel: Wer setzte den getöteten 51-Jährigen an den Küchentisch. In dieser Position hatten ihn nämlich die eintreffenden Polizeibeamten am späten Abend vorgefunden – auf dem Stuhl platziert, den Kopf auf dem Arm auf der Tischplatte liegend, darunter ein Handtuch und eine Blutlache.

Am Mittwoch sagte nun ein 22-jähriger Zweibrücker, ein am Tat­abend vom jetzt Beschuldigten per Sprachnachricht („Komm her, es ist etwas passiert“) herbeigerufener Freund, vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken aus, der Vater habe auf dem Fußboden gelegen. Das habe er durch den Küchentürspalt gesehen, durch den ihn sein Freund habe schauen lassen. Weil auch Blut zu sehen gewesen war, sei er selbst aus der Distanz von ein, zwei Metern davon ausgegangen, dass der Mann tot war: „Ich habe mir gedacht, dass er nicht mehr am Leben ist.“ Ursprünglich war die Ermittlungsbehörde davon ausgegangen, dass der 51-Jährige am Küchentisch getötet wurde – allerdings nicht, wie zunächst angenommen, mit einem, sondern zwei Messerstichen in den Hals, wie ein Spurensicherer der Polizei am zweiten Verhandlungstag zu Protokoll gegeben hatte (wir berichteten). Der Freund bestätigte nun, nach Rücksprache mit dem 24-Jährigen den Notruf gewählt und die Polizei über die Bluttat informiert zu haben. Zuvor will er ihn für kurze Zeit in der Wohnung mit dem Toten alleingelassen haben, um mit seinem Auto Zigaretten von einer Tankstelle zu holen. Gemeinsam hätten die beiden Freunde im Auto des 22-Jährigen auf die Polizei gewartet. Der 24-Jährige sei schon länger „genervt“ gewesen von seinem Vater. Er habe sich sogar eine eigene Wohnung suchen wollen, wie die jüngere, 22-jährige Schwester des Beschuldigten am Mittwoch im Zeugenstand aussagte. Auch habe er ihm, dem Freund, erzählt, vom Vater im Kindesalter vergewaltigt worden zu sein. Er vermutete, Auslöser für die Bluttat könnte eine unmittelbar vorangegangene heftige verbale Auseinandersetzung zwischen Vater und Sohn gewesen sein, von dem ihm der 24-Jährige noch in der Tatnacht berichtet haben will. Brachte etwa dieser Streit das Fass zum Überlaufen? Auch das: unklar.

Die Staatsanwaltschaft, die dem 24-Jährigen Totschlag vorwirft, geht bislang davon aus, dass der junge Mann „im Zustand der Schuldunfähigkeit“ handelte. Er leide unter einer „psychotischen Erkrankung“, wie Staatsanwalt Rouven Balzer erklärt hatte. Gleichwohl muss er sich nun in einem sogenannten Sicherungsverfahren verantworten. Hier beantragt die Staatsanwaltschaft keine Freiheitsstrafe, sondern die dauerhafte Unterbringung in einer forensischen Psychiatrie – so auch im Falle des jungen Zweibrückers.

Ohne der Einschätzung der Sachverständigen vorzugreifen: Für eine psychotische Erkrankung könnten mehrere Sprachnachrichten sprechen, die der 24-Jährige am Tatabend hilfesuchend einem weiteren, 25-jährigen früheren Bekannten geschickt hatte. Sie leitete er mit den Worten ein: „Ich habe eben an Gott gedacht und dann an dich.“ Er sprach darin von Dämonen, die ihn verflucht und befohlen hätten, der „Schlange den Kopf abzuschlagen“. Zudem habe er wissen wollen, ob der 25-Jährige einen „guten Putzdienst“ kenne – etwa, um die Leiche und die Spuren seiner Bluttat zu beseitigen? Darauf habe er nicht geantwortet, später aber die Nachricht von dem 24-Jährigen bekommen: „Ich hab’s erledigt.“

Die Verhandlung wird am 20. November, 13 Uhr, fortgesetzt.

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