Strandkorb-Konzert Ein bisschen wie an der Nordsee

Zweibrücken · Sänger Tim Bendzko und sein Publikum hatten am Montag etwas weniger Glück mit dem Wetter als die Kollegen davor.

 Sänger Tim Bendzko mit Band am Flughafen.

Sänger Tim Bendzko mit Band am Flughafen.

Foto: Sebastian Dingler

Es ist ja nicht ganz so einfach, die jungen deutschen Sänger auseinanderzuhalten, die jetzt nacheinander auf dem Zweibrücker Flughafengelände auftraten: Johannes Oerding, Philipp Poisel, Wincent Weiß, Max Giesinger. Tim Bendzko war jetzt der letzte in der ganzen Reihe – aber er war auch der erste unter all diesen, der je in Erscheinung trat. Schon vor zehn Jahren war das, als sein erstes Album „Wenn Worte meine Sprache wären“ erschien. Darauf war auch sein größter Hit, „Nur noch kurz die Welt retten“, der Platz zwei der Deutschen Singlecharts erreichte.

Bendzkos Stimme ist vielleicht die markanteste unter den genannten Popsängern – ein bisschen nasal klingt sie, manchen auch etwas zu weinerlich. Jedenfalls hat sie Ähnlichkeit mit der von Xavier Naidoo, der eine wichtige Rolle in Bendzkos Karriere spielte. Der in Ost-Berlin Geborene gewann nämlich in jungen Jahren eine Art Ähnlichkeitswettbewerb, mit dem die Söhne Mannheims, damals Naidoos Band, Talente suchten. Kurz darauf startete er durch mit seinem Erfolg, der bis heute anhält.

Trotzdem waren nur 700 Zuhörer zum Flughafen gekommen, vielleicht auch aufgrund des schlechten Wetters. Etwa die Hälfte davon waren als Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, des Nardini-Klinikums, von Alten- und Pflegeheimen und des Impfzentrums eingeladen worden. Kalt war’s, aber doch weitgehend trocken – der Regen sparte sich seinen Auftritt fürs Ende des Konzertes auf.

Um es vorwegzunehmen: Bendzko spielte ein musikalisch hochwertiges und mitreißendes Konzert. Allerdings blieb er im Gegensatz zu Oerding oder Giesinger auf Distanz zum Publikum. Einen Gang durch die Strandkorb-Reihen unternahm er nicht, ein direktes Gespräch mit seinen Fans suchte er nicht. Dafür spielte er alle seine Hits und auch viele ältere Songs.

Zunächst bemerkte er, er habe wohl das richtige Wetter für Strandkörbe mitgebracht – es fühle sich an wie an der Nordsee. Dann versprach er, dass kein Tropfen Regen fallen werde – wie gesagt, kam es auch fast so. Allerdings waren die Sitzkissen der Strandkörbe noch ganz schön nass vom Nachmittags-Regen. Wer keine Unterlage mitgebracht hatte, sah sich zum Stehen genötigt.

Eine Backgroundsängerin, einen Backgroundsänger und einen Cellisten hatte Bendzko mitgebracht. Gute Voraussetzungen für einen tollen Sound. Leider saß da aber ein Schlagzeug-Fan am Mischpult: Oft zerbollerten die zu lauten Trommeln den Gesang, worunter auch die Textverständlichkeit litt. Das Cello kam bei jeder der zahlreichen Balladen zum Einsatz, angefangen von „Immer noch Mensch“ über „Am seidenen Faden“ bis zum heftigen Herzschmerz-Song „In dein Herz“.

Ziemlich früh schon spielte Bendzko die Hits. Einen kündigte er so an: „Wenn wir die letzten anderthalb Jahre irgendwas gelernt haben, dann, dass uns ein bisschen mehr Menschlichkeit fehlt. Und dass wir nicht nur übers Welt retten reden, sondern auch was tun. Oder einen Song darüber schreiben.“ Dabei ist ja „Nur noch kurz die Welt retten“ ironisch auf die Leute gemünzt, die alles Mögliche damit entschuldigen, dass sie gerade noch dringend etwas ganz Wichtiges für unseren Planeten tun mussten.

Den Song spielte er in einer flotten Version mit viel Groove und Mut zum Arrangement: Den schon immer aus dem Rahmen fallenden Mittelteil, beginnend mit den Worten „Die Zeit läuft mir davon“, setzte er mit einer Pause ab und spielte ihn langsamer und schwerer. Dann ging’s wieder in den normalen Groove zurück. „Und gleich danach bin ich wiedeeeer – in Zweibrücken“, so sang er am Ende. Den Ortsnamen baute er des Öfteren in seine Texte ein.

Alles habe er probiert, nichts habe geholfen, also musste er einen neuen Song schreiben, meinte er zum nächsten Stück. Denn darin hieß es: „Kein Problem, wenn die Welt untergeht.“ Nur ein paar Stücke später kam schon der nächste Bendzko-Hit. Schnipsen sollte das Publikum dazu – leider funktionierte das nicht mit der Akustik des Strandkorbkonzerts. Man hörte es einfach nicht.

„Nein, nein, nein – du bist doch keine Maschine, lieber Tim! Wer behauptet denn so was?“, wollte man ihm eigentlich zurufen, doch sang er es immer wieder: „Ich bin doch keine Maschine!“ Komiker Atze Schröder hatte einst darüber gelästert: „Nee, bist du nicht, du bist’n Lappen.“ Wie gemein. Bendzko machte sich einen Witz aus dem Song, indem er darin eine Art Techno-Session einbaute – Techno, der Musikstil, der doch als „maschinell“ gilt.

Erstaunlicherweise kündigte er schon da, nach einer Stunde Spielzeit, das Ende des Konzerts an. Wollte er damit einem möglichen Ende durch Wolkenbruch vorgreifen? 45 Minuten blieben den Zuhörern dennoch. Auch den Hit „Hoch“ verpackte die Band in ein Techno-Gewand, ehe es bei „Wenn Worte meine Sprache wären“ wieder ruhiger wurde. Schön, dass er den Song mit Backgroundsängerin Peppa als Duett gestaltete, da hörte man deren tolle Stimme.

Um 20 nach neun ging die Band von der Bühne, vehemente Zugaberufe folgten. Da ja noch genug Zeit blieb, folgten vier zusätzliche Songs, darunter „Keine Zeit“, dessen Refrain tatsächlich gut hörbar aus den Strandkörben mitgesungen wurde. Bendzko schien das Ganze viel Spaß zu machen, er bedankte sich sehr dafür, dass er wieder auf der Bühne stehen konnte. Trotzdem sei dies sein erstes und einziges Strandkorbkonzert, sagte er. Seltsam. Denn funktioniert hat das Konzept mit ihm auf jeden Fall. Ein kleiner Spaziergang durch die Reihen und ein leiseres Schlagzeug – dann wäre es sogar perfekt gewesen.

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