Größter Arbeitgeber in Zweibrücken Neue Sorge um Tadano-Werk und Jobs

Zweibrücken · Der Kranbauer hat am Donnerstag Antrag auf Eröffnung eines so genannten Schutzschirmverfahrens beantragt.

 Das Tadano-Werk in der Dinglerstraße.

Das Tadano-Werk in der Dinglerstraße.

Foto: Tadano Demag GmbH/Tadano Demag

Die Ruhe beim traditionsreichen Zweibrücker Kranbauer Tadano ehemals Demag dauerte nicht lange: Am Donnerstag ist beim Amtsgericht Zweibrücken der Antrag auf die Eröffnung eines so genannten Schutzschirmerfahrens eingegangen, bestätigte dessen Direktor Klaus Biehl auf Anfrage. Begründet wurde das Verfahren laut Amtsgericht mit drohender Zahlungsunfähigkeit. Das Schutzschirmverfahren ist ein Instrument des Insolvenzrechts. Es hat gegenüber einem normalen Insolvenzverfahren unter anderem den Vorteil, dass nicht ein vom Gericht bestimmter Insolvenzverwalter, sondern ein vom Unternehmen benannter Sachwalter für die Sanierung des Unternehmens zuständig ist. Das Unternehmen kann sich also quasi unter Aufsicht selber neu aufstellen. Die Gehälter der Zweibrücker Mitarbeiter übernimmt jetzt zunächst einmal die Arbeitsagentur, in spätestens drei Monaten muss ein Sanierungsplan vorgelegt werden.

Tadano begründet den Antrag auf Eröffnung des Schutzschirmverfahrens mit den „seit geraumer Zeit“ schrumpfenden Märkten und „zunehmendem Wettbewerbsdruck“, verschärft durch die Corona-Krise. „Trotz Kurzarbeit und weiterer in den vergangenen Monaten getroffener Maßnahmen“ habe man die Einbrüche nicht ausreichend abfedern können. Jens Ennen, Geschäftsführer der Tadano Demag und Tadano Faun: „Vor diesem Hintergrund haben wir die Neuausrichtung beider Unternehmen und die Integration von Tadano Demag in die Tadano Gruppe bereits deutlich beschleunigt. Wir sind davon überzeugt, dass wir diesen Weg jetzt weiterführen müssen und haben uns deshalb nach umfassender Abwägung für ein Schutzschirmverfahren entschieden.“

Für die Durchführung und Überwachung des Verfahrens ist jetzt ein vom Amtsgericht bestellter Sachwalter zuständig. Dieser hat Kontroll- und Aufsichtspflichten, insbesondere im Hinblick auf die Wahrung der Interessen der Gläubiger. Er prüft eigenständig die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und soll zudem als Sachverständiger zu den Voraussetzungen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Stellung nehmen. Zum Sachwalter wurde der Diplom-Kaufmann Arndt Geiwitz, Neu-Ulm, bestellt, der laut Amtsgericht Zweibrücken bereits mit den Insolvenzverfahren bei Karstadt und Schlecker befasst war. Als Generalbevollmächtigter wurde laut Tadano der Rechtsanwalt Martin Mucha von der Kanzlei Grub Brugger bestellt.

Zweibrückens Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) sagte, die Stadt werde „alles in ihrer Macht stehende dafür tun, dass der Sanierungsprozess erfolgreich sein wird“. Dass die wirtschaftliche Lage schwierig ist, sei der Stadt zwar bekannt gewesen, aber „das ganze Ausmaß der Problemlage wurde für uns erst heute deutlich“. Die Stadt stehe im engen Austausch mit der Tadano-Geschäftsleitung und werde den Sanierungsprozess „mit all unseren Möglichkeiten“ begleiten. Wosnitza abschließend: „Der Erhalt des Standortes und die Sicherung der Arbeitsplätze haben oberste Priorität.“

Die japanische Tadano-Gruppe hatte das Zweibrücker Traditionsunternehmen vergangenes Jahr für rund 190 Millionen Euro vom amerikanischen Terex-Konzern gekauft. Damals hieß es, alle Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge gingen Eins zu Eins an den neuen Eigentümer Tadano über. Dies gelte insbesondere auch für den noch bis Ende 2021 laufenden „Zukunftsicherungs-Tarifvertrag“, der betriebsbedingte Kündigungen ausschließt.

Doch der Schutz wirkt nicht mehr lange – nur noch bis zur Eröffnung des Schutzschirmverfahren. Das sind im Normalfall höchstens drei Monate. Zwar „gelten im Zeitraum der vorläufigen Eigenverwaltung zunächst mal alle Verträge, auch Tarifverträge, unverändert fort“, sagte der Saarbrücker Insolvenzanwalt Jochen Eisenbeis. Doch nach Eröffnung der Schutzschirmverfahrens „kann der Eigenverwalter ohne Rücksicht auf ein vereinbartes Kündigungsverbot Arbeitnehmer kündigen“, erläuterte er die Rechtslage. Die Kündigungsfrist betrage dann maximal drei Monate.

Die IG Metall drängt auf ein Festhalten an der Vereinbarung. „Ich erwarte, dass man sich auch schweren Situationen an solche Vereinbarungen hält“, sagte Ralf Reinstädtler. Die strukturellen Probleme, die zur jetzigen wirtschaftlichen Situation geführt hätten, würden sicher nicht vor Gericht gelöst. Die Ankündigung am Donnerstag hatte die Gewerkschaft nicht weniger unvorbereitet getroffen als die Beschäftigten. Reinstädtler: „Wir sind jetzt selber überrascht, der Betriebsrat war es auch. Das ist schon ein Hammer.“

Terex ist mit rund 1500 Mitarbeitern in Zweibrücken der größte Arbeitgeber in der Stadt.Vor der Übernahme durch Tadano hatte das Zweibrücker Werk 17 Jahre zur US-Gruppe Terex gehört. Zuvor hatte das 1827 als Dinglerwerke gegründete Unternehmen fast 50 Jahre zu Demag/Mannesmann und dann kurzfristig zu Siemens gehört. In den vergangenen Jahren hatte Terex immer wieder mit drastischen Abbauplänen für Schlagzeilen gesorgt, die dann doch immer deutlich abgemildert werden konnten.

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