SVolt-Flächen nur im Saarland geprüft – nicht aber den Beinahe-Tesla-Standort Zweibrücken Kirchturmdenken bei Batteriefabrik-Ansiedlung?

Zweibrücken · SVolt plant ein Großprojekt in der Natur bei Überherrn. Alternativ-Standorte wurden nur im Saarland geprüft. Der Pfälzische Merkur hat recherchiert, warum nicht auch der womöglich deutlich besser geeignete Flugplatz Zweibrücken nur zehn Minuten hinter der Grenze geprüft wurde – der sogar schon heißer Kandidat für Tesla war.

 Nur aus wenigen Perspektiven und mit Fernrohr oder wie hier per Teleobjektiv von der K 84 aus – ist der Flugplatz Zweibrücken zu sehen. Auch bei der SVolt-Ansiedlung war er nicht im Blick – trotz wohl hervorragender Eignung.

Nur aus wenigen Perspektiven und mit Fernrohr oder wie hier per Teleobjektiv von der K 84 aus – ist der Flugplatz Zweibrücken zu sehen. Auch bei der SVolt-Ansiedlung war er nicht im Blick – trotz wohl hervorragender Eignung.

Foto: Lutz Fröhlich

Das Saarland hat einen dicken Fisch an der Angel: Das chinesische Unternehmen SVolt plant den Bau einer Batteriezellen-Fabrik bei Überherrn. Doch Umweltschützer und einige kritische Nachbarn halten den Standort für ungeeignet: Das Linslerfeld ist nämlich eine bislang unbebaute Grünfläche. Im März gab es sogar eine Demonstration mit rund 1000 Teilnehmern.

Im laufenden Bebauungsplanverfahren gab es zwar wie üblich eine Standortalternativen-Prüfung. Ergebnis: Im Saarland gibt es keinen weiteren geeigneten Standort. Sechs weitere Flächen wurden geprüft, diese seien aber zu klein und/oder nicht schnell genug bebaubar.

„Moment mal!“, denken da aufmerksame pfälzische Nachbarn, gerade beim Stichwort Elektromobilität-Fabrikansiedlung: Der Triwo-Flugplatz Zweibrücken ist so groß, dass er im Wettbewerb um die Tesla-Gigafabrik-Ansiedlung Ende 2019 nur knapp Grünheide unterlag. Statt Natur könnten in Zweibrücken Verkehrs- und Gewebe-Flächen bebaut werden. Und die im saarländischen Standortalternativen-Prüfbericht aufgeführten würde der Flugplatz Zweibrücken zumindest auf den ersten Blick locker erfüllen. Für SVolt gefordert wurden: mindestens 50 Hektar Nettobauland, Platz für bis zu 1000 Meter lange Produktionsstraßen (deshalb Baufläche 1100 mal 500 Meter erforderlich) sowie innerhalb von zwei Jahren nutzbar. Am Flughafen Zweibrücken wurden Tesla laut der damaligen Präsentation der „ZukunftsRegion Westpfalz“ (www.zukunftsregion-westpfalz.de/de/bewerbung-fuer-tesla-gigafactory) sogar mindestens 100 Hektar ebener Fläche „sofort verfügbar“ (ein neuer Bebauungsplan wäre jedoch auch hier erforderlich) angeboten, allein die Landebahn ist drei Kilometer lang.

Und da es sich um keine Grünfläche handelt, könnte das Risiko eines Scheiterns der Bauleitplanungsverfahren – und damit des Scheiterns vieler neuer Arbeitsplätze – sogar deutlich geringer sein als in Überherrn (Landkreis Saarlouis).

Warum wurde der nur zehn Fahrtminuten vom Saarland entfernte – und deshalb auch für saarländische Arbeitskräfte attraktive – Standort Zweibrücken nicht in die Alternativen-Prüfung einbezogen? Zu dieser und weiteren Fragen hat der Pfälzische Merkur in den vergangenen Wochen mehrere Anfragen gestellt.

Unbeantwortet blieb nur die an die für den Bebauungsplan zuständige Gemeinde Überherrn – nämlich aus welchen Gründen das Saarland als Standortalternativen-Prüfgebiet ausgewählt wurde – und nicht ein kleineres oder ein größeres. Abgesehen von diesem Schweigen informiert die Gemeinde auf www.ueberherrn.de/svolt/ ausführlich über das Projekt. Dort ist indirekt auch eine Antwort auf die Merkur-Frage zu finden: „Der Fluss der Gewerbesteuer richtet sich nach dem Unternehmenssitz und dem Standort des produzierenden Werkes.“

Federführend für die Zweibrücker Tesla-Bewerbung war der Verein „ZukunftsRegion Westpfalz“. Nachdem man bei Tesla „nur“ auf Platz 2 gelandet war, hatte Geschäftsführer Hans-Günther Clev die Hoffnung geäußert, irgendwann bei anderen Großansiedlungen zum Zug zu kommen.

Auf Merkur-Anfrage mailt Clev nun, er kenne nicht die Details die Standortanforderungen von SVolt: „Wir haben ja zum Beispiel beim Punkt Gleisanschluss seinerzeit gemerkt, dass es nicht alleine auf die Flächengröße ankommt.“

 Ein Screenshot aus der Präsentation für die beinahe erfolgreiche Bewerbung 2019 um eine Tesla-Gigafabrik-Ansiedlung auf dem Triwo-Flugplatz Zweibrücken.

Ein Screenshot aus der Präsentation für die beinahe erfolgreiche Bewerbung 2019 um eine Tesla-Gigafabrik-Ansiedlung auf dem Triwo-Flugplatz Zweibrücken.

Foto: Zukunftsregion Westpfalz e. V./www.zukunftsregion-westpfalz.de

Haben die „ZukunftsRegion“ oder andere Akteure versucht, SVolt beziehungsweise dem Saarland den Flugplatz Zweibrücken als Standort-Alternative „schmackhaft“ zu machen? Clev antwortet: „Mir sind keine weiteren Interessensbekundungen aus unserer Region bekannt. Das will aber nichts heißen, da das Investorengeschäft bisweilen auf absolute Diskretion setzt. Was das Verfahren im Saarland angeht, so werden wir uns nicht einmischen, solange der Ausgang offen ist. Sollte es nicht klappen, stehen wir für Gespräche bereit.“ Allerdings „glaube ich kaum“ dass SVolt und das Büro Firu aus Kaiserslautern (das die Standortalternativen prüfte) „noch nie etwas von uns oder dem Standort Zweibrücken gehört haben“. Denn: „Über die Bewerbung um die Tesla-Ansiedlung hat er einen weit über die Region hinausgehenden Bekanntheitsgrad. Die Projektierer kennen ihn.“

Clev engagiert sich schon länger stark dafür, statt gemeindlichem Kirchturmdenkens Investoren in der Westpfalz die für deren Bedürfnisse bestmöglichen Gelände anbieten zu können. Sollte man dies auch über die Landesgrenze hinweg tun, beispielsweise mit dem Saarland oder in der Großregion SaarLorLux? Clev schreibt auf diese Frage: „Die ZukunftsRegion Westpfalz engagiert sich primär für das Gebiet der Westpfalz und bemüht sich aktiv, hier Unternehmen anzusiedeln. Selbstverständlich ist uns bewusst, dass im Zweifel ein Vorhaben in unserer Nachbarschaft – wenn nicht schon bei uns – in der Regel besser ist als wenn es in anderen Teilen Deutschlands oder noch weiter realisiert wird. Pendler in beide Richtungen gibt es heute schon in beachtlichem Umfang und zeigen, dass der administrative Zuschnitt und das Leben der Menschen im Alltag nur bedingt deckungsgleich sind. Wenn Arbeitsplätze entstehen, ist das gut. Ob bei uns oder jenseits der Regionsgrenze.“ Wobei Clev mit dem bereits Erreichten nicht unzufrieden ist: „Im Übrigen ist die Praxis durchaus weiter als es gemeinhin aussehen mag. Schon heute rufen sich die Kollegen im Saarland und wir uns wechselseitig an, wenn einer von uns einen Investor nicht bedienen kann. Im Falle SVolt war das zwar nicht der Fall, aber da gehen ja die Kollegen auch davon aus, den Interessenten einen passenden Standort anbieten zu können.“

Der Flugplatz Zweibrücken gehört seit siebeneinhalb Jahren der Trierer Triwo AG. Wäre das Unternehmen überhaupt an einer SVolt-Ansiedlung interessiert, gab es Gespräche darüber? Die Triwo teilt auf Merkur-Anfrage mit: „Das Thema ist nie an uns herangetragen worden.“ Zudem habe man auf dem Flugplatz seit der Tesla-Bewerbung weitere Nutzungspflöcke eingeschlagen“, deutet die Triwo an, derzeit kein großes Interesse an einem Hergeben des Geländes zu haben. Natürlich sei man aber weiter offen für Gespräche, sollte es Großansiedlungsinteressenten wie damals Tesla geben.

Auch das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium hatte die Bemühungen um eine Tesla-Ansiedlung unterstützt. Wurden SVolt auch Standorte in Rheinland-Pfalz angeboten, konkret Zweibrücken? Bemüht man sich weiter aktiv um eine Großansiedlung dort?

Auf diese Fragen antwortet das Ministerium unter Verweis aus Datenschutzgründen nur allgemein: „Die Ansiedlungsentscheidung bzw. die Wahl eines Standorts treffen die Unternehmen. Als Land können wir auf die Standortvorteile unseres Bundeslandes hinweisen und machen dies auch regelmäßig.“ Etwa auf Messen im In- und Ausland. Über geeignete Flächen berate man auch „über die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB). Interessierte Unternehmen können sich jederzeit an die ISB wenden, wenn sie Interesse an einer Ansiedelung in Rheinland-Pfalz haben und sich über geeignete Flächen informieren möchten.“ Weitere Ansprechpartner seien die Verwaltungen und Wirtschaftsförderungen vor Ort sowie private Gewerbeflächen-Eigentümer.

 Hier auf dem Linslerfeld bei Überherrn soll die riesige Batteriefabrik gebaut werden – mitten in die Natur.

Hier auf dem Linslerfeld bei Überherrn soll die riesige Batteriefabrik gebaut werden – mitten in die Natur.

Foto: SVOLT

Zurück ins Saarland. Einer der führenden Köpfe des Widerstands gegen die SVolt-Ansiedlung auf dem Standort Linslerfeld ist Peter Lorson, Vorsitzende der Bürgerinitiative (BI) Friedrichweiler. Die Batteriefabrik sei unmittelbar an zwei Naturschutzgebiete angrenzend geplant, und auch die nächsten Wohnhäuser wären nur etwa 300 Meter entfernt, so Lorson. Zudem stört ihn der riesige Grünflächenverbrauch – und er macht sich Sorgen um das Grundwasser, weil das Linslerfeld in einer Wasserschutzzone liegt.

Sollte man auch Zweibrücken, obwohl es nicht tim Saarland liegt, noch in die Standortalternativen-Prüfung aufnehmen? „Natürlich! Warum denn nicht?“, wendet sich Lorson gegen Kirchturmdenken. Die BI sei nicht grundsätzlich gegen eine Batterie-Fabrik: „Wir brauchen ja bis zu einem gewissen Grad Elektromobilität.“ Es sei aber „schwieriger, einen noch schwierigeren Standort als das Linslerfeld zu finden: Auf der Grünen Wiese, direkt an einem FFH-Schutzgebiet (Fauna-Flora-Habitat) und mit zwei Orten in der Nähe“.

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