HS Kaiserslautern Zweibrücken Studierende als clevere Preisbeobachter
Zweibrücken · Die Bundesregierung hat die Mehrwertsteuer gesenkt. Das nahm Prof. Mario Jung vom Fachbereich Betriebswirtschaft am Hochschul-Campus Zweibrücken zum Anlass, zusammen mit einigen Studierenden eine Untersuchung durchzuführen.
Kommt die Mehrwertsteuersenkung bei der Bevölkerung an? Diese Frage gab Prof. Mario Jung seinen Studierenden des zweiten Semesters zur Untersuchung. Die angehenden Mittelstandsökonomen sollten bei den großen Lebensmittel-Einzelhändlern Lidl, Aldi Süd, Globus und Rewe die Preise vor und nach der angekündigten Steuersenkung vergleichen. „In diesem Forschungsprojekt wurde untersucht, ob, in welchem Umfang und in welcher Form die großen Einzelhändler die Mehrwertsteuersenkung an ihre Kunden weitergeben“, berichtet Prof. Mario Jung. Dafür wurde ein Warenkorb aus insgesamt 36 Produkten entwickelt, der den Einkauf eines Durchschnittshaushalts abbilden soll. Darin finden sich Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln oder Nudeln, verschiedene Hygieneartikel, Getränke und Frischeprodukte. Auch Genussmittel wie Rotwein oder Chips fehlen nicht. Nachdem die Studierenden diesen Warenkorb entwickelt hatten, gingen sie in die Supermärkte zum Preisvergleich.
„In der ersten Preiserhebung im Zeitraum 15. bis 20. Juni hat jeder Preisbeobachter für einen bestimmten Supermarkt die von ihm ausgewählten Produkte verschiedener Marken definiert, die er dann genauso auch in den beiden folgenden Preiserhebungen zwischen dem 22. und 27. Juni sowie zwischen dem 1. und 3. Juli in genau dem gleichen Supermarkt berücksichtigt hat. Die Preisbeobachter achteten bei den ihnen zugewiesenen Produkten auch darauf, ob sich etwas an der Verpackungsgröße geändert hat, was eine verdeckte Preisänderung wäre“, erklärt Prof. Jung die Vorgehensweise der Studierenden. Einkaufsorte waren Zweibrücken, Kaiserslautern, Homburg und Ingelheim am Rhein. „Die Rabattschlacht, die sich die großen Lebensmittel-Einzelhändler geliefert haben, kann man aus der Stichproben-Untersuchung gut herauslesen“, sagt Prof. Jung. Bei Lidl wurden die verringerten Steuersätze über Preissenkungen auf fast das gesamte Sortiment bereits ab 22. Juni an die Kunden weitergegeben. Insgesamt ist der Warenkorb im Vergleich zu Anfang Juli um rund vier Prozent billiger als in der ersten Erhebung, was deutlich über den rechnerischen Effekten der Mehrwertsteuersenkung von geschätzt rund zwei Prozent liegt.
Auch der große Konkurrent Aldi Süd hat die Mehrwertsteuersenkung vorab an die Kunden weitergegeben, und zwar in Form eines ab dem 27. Juni geltenden Pauschalrabatts in Höhe von drei Prozent auf nahezu das gesamte Sortiment. Aldi hatte darüber hinaus zwischen dem 1. und 4. Juli einige Sonderangebote sowie weitere Preisreduzierungen im Sortiment.
Unter Berücksichtigung aller Effekte hat sich der Warenkorb gegenüber den beiden ersten Erhebungen, unter Herausrechnung der Sonderangebote, um rund 5,2 Prozent verbilligt. Globus gewährte bereits ab dem 29. Juni einen Pauschalrabatt beim Bezahlvorgang an der Kasse – allerdings nur in Höhe der reduzierten Mehrwertsteuersätze. Bei einem Produkt veränderten sich Produktgröße sowie Preis, sodass eine Verteuerung eintrat. Ohne diesen Sondereffekt kann man sagen, dass Globus die Mehrwertsteuersenkung komplett an die Kunden weitergegeben hat.
Im Vergleich zu den anderen Supermärkten verfolgte die Einzelhandelskette Rewe eine andere Strategie, denn die reduzierten Mehrwertsteuersätze wurden nicht pauschal über einen Rabatt an der Kasse, sondern selektiv an die Kunden weitergegeben. In dem aufgesuchten Rewe-Markt wurde mit der Preissenkung von 5000 Produkten geworben. „Diese Vorgehensweise ist freilich für Verbraucher deutlich intransparenter als eine pauschale Berücksichtigung der Mehrwertsteuersenkung“, meint Prof. Mario Jung dazu.
Für ihn war es bei der Untersuchung wichtig, dass die Studierenden ein Gefühl für Warenkörbe bekommen sollten und für die Entwicklung der Inflationsrate. „Die Teilnehmer waren Laura Deising, Lena Overbeck, Yunas Song, Nico Dorscheid, Frederik Simon, Marco Lacagnina sowie Alan Bräuer und sie hatten eine Menge Spaß“, ist sich Prof. Mario Jung sicher.
Der Volkswirt kommt in der Untersuchung zu folgendem Schluss: „Die Neigung in den Supermärkten, stärkere Preissenkungen an die Kunden weiterzugeben, kann wahrscheinlich nicht als Blaupause für viele andere Branchen dienen. Die reduzierten Mehrwertsteuersätze dürften nur zum Teil bei den Verbrauchern ankommen und zum Teil die Gewinnmargen der Unternehmen erhöhen – über höhere Nettopreise. Beides zusammen genommen ist aus volkswirtschaftlicher Sicht aber positiv zu bewerten, wegen der Kaufanreize.“