Stolz auf den barocken Sitz

Zweibrücken · Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Oberlandesgericht zunächst in Neustadt an der Weinstraße. Die Richter hatten kein Interesse an eine Rückkehr nach Zweibrücken. Mittlerweile sind sie stolz auf „ihr“ Schloss.

 Der Wiederaufbau des Schlosses war lange strittig. Foto: Lutz Fröhlich

Der Wiederaufbau des Schlosses war lange strittig. Foto: Lutz Fröhlich

Foto: Lutz Fröhlich

"Wir sind stolz darauf, in einem so bedeutenden barocken Bauwerk wie dem Zweibrücker Schloss arbeiten zu dürfen", sagt Willi Kestel, Präsident des Pfälzischen Oberlandesgerichts, im Namen aller Angehöriger der Justiz und Staatsanwaltschaft. Die Geschichte des ehemaligen Herzogschlosses, seit 1965 endgültig Sitz des Pfälzischen Oberlandesgerichts, ist bedeutend älter als 200 Jahre. Dennoch sind beide in der Neuzeit eng miteinander verbunden.

Das allerdings war nicht von Anfang an der Fall. 1945 wurde das Zweibrücker Schloss im Zuge der enormen Bombenangriffe, die im Zweiten Weltkrieg nahezu die ganze Stadt vernichteten, abermals zerstört. In den 50 Jahren dann folgten langwierige Diskussionen um den Wiederaufbau des barocken Prachtbaus. Das Oberlandesgericht war nach der Zerstörung nach Neustadt ausgegliedert worden. Richter, Staatsanwälte und Bedienstete hatten dort an der Deutschen Weinstraße ihren Lebensmittelpunkt gefunden. "Sie hatten keinerlei Interesse an einer Rückkehr in die Westpfalz", weiß Kestel. Einer engagierten Bürgerinitiative sei zu verdanken, dass das Schloss überhaupt wieder aufgebaut wurde - wenn auch ohne einen Beschluss, wie es künftig genutzt werden sollte. Letztendlich stellte die Restaurierung von 1962 bis 1964 nach Originalplänen von Jonas Erikson Sundahl, die im Museum in der Stanislaus-Stadt Nancy gefunden worden waren, die barocke Fassade und die abgeflachte Bedachung der Erbauungszeit wieder her.

Der schwedische Baumeister Sundahl hatte das Residenzschloss im Auftrag von Herzog Gustav Samuel von 1720-25 in dem klaren, nordischen Barockstil gebaut, in dem wir es heute sehen, nachdem es während des Holländischen Krieges 1677 bereits einmal weitgehend zerstört worden war. Um den größten barocken Profanbau in der Pfalz einer wirtschaftlichen Nutzung zuzuführen, entschied man sich, hier doch wieder das Pfälzische Oberlandesgericht sowie die Staatsanwaltschaft unterzubringen. Eine Entscheidung von enormer Tragweite für die Bedeutung und die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt Zweibrücken und ihrer Region. Bereits seit 1869 wurde der komplette Schlossbau als Justizpalast genutzt, in dem der königlich Bayerische Appellationshof, Vorläufer des heutigen Oberlandesgerichts, residierte. Doch auch das Wohlwollen des ersten bayerischen Königs, Max I. Josef, gegenüber der Pfalz und Zweibrücken im Besonderen hängt indirekt mit dem Schloss zusammen. Als pfälzischer Herzog wuchs er in Zweibrücken auf, musste von den französischen Truppen nach Bayern fliehen. 1799 bestieg er dort den Königsthron und herrschte schließlich auch über Pfalz-Bayern. Anfang des 19. Jahrhunderts ließ er sich den Westbau des zur Kirche umgebauten ehemaligen Residenzschlosses als sein königliches Quartier einrichten, bevor der gesamte Bau an die Justiz vermietet wurde. Nicht zuletzt dieser Verbundenheit mag zu verdanken sein, dass er der Pfalz gestattete, das moderne französische Rechtswesen zu behalten.

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