Spundwand-Debatte im Zweibrücker Stadtrat Untersuchungsausschuss Schuss nach hinten?

Zweibrücken · Der Stadtrat ist vereint in der Empörung über die teuren Pannen bei der Spundwand-Sanierung. Doch gegen den FWG-Antrag für eine Prüfungskommission gibt es viel Widerstand – nicht nur wegen einer Gefahr.

 Die Spundwand-Baustelle ruht, seitdem an den unfernahen Gebäuden (vor allem dem roten) und im Hof durch die Arbeiten Risse entstanden waren.

Die Spundwand-Baustelle ruht, seitdem an den unfernahen Gebäuden (vor allem dem roten) und im Hof durch die Arbeiten Risse entstanden waren.

Foto: Lutz Fröhlich

Diskussionsthema Nummer 1 am Mittwochabend im Stadtrat war der FWG-Antrag zur „Bildung einer Prüfungskommission Spundwand“: „Sinn und Zweck ist die schonungslose Aufarbeitung“ der Pannen in Zusammenhang mit den Uferhang-Sicherungsarbeiten am Schwarzbach, die laut einem Gutachten ursächlich für die Risse auf Nachbargebäuden- und Hofflächen waren.

Bürgermeister Christian Gauf (CDU) vertrat als Sitzungsleiter den erkrankten Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD), der als Baudezernent eigentlich für das Thema zuständig ist. „Wir als Verwaltung sind sehr daran interessiert, das Ganze möglichst transparent aufzuklären“, betonte Gauf eingangs. Aber deshalb habe man ja das renommierte Gutachter-Büro Katzenbach beauftragt: „Insofern sehen wir uns auf dem richtigen Weg, bestmögliche Aufklärung zu bringen. Falls der Rat eine Kommission will, stellen wir uns aber nicht in den Weg, bitten aber um die Besprechung von Details im Ältestenrat (tagt immer nichtöffentlich, Anm. d. Red.), auch wegen juristischer Dinge.“

FWG-Fraktionschef Kurt Dettweiler bezeichnete das Katzenbach-Gutachten als „hervorragend“. Aber es „hat mich bestätigt, dass wir dieses unsägliche Thema von A bis Z aufdröseln müssen. Das ist uns aus der Hand geglitten. Wir sind ja gegenüber den Bürgern verantwortlich!“

Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann kündige Ablehnung des Antrags für die Kommission an, die fast alle Redner als „Untersuchungsausschuss“ bezeichneten. Pohlmann bezweifelt, ob eine Aufarbeitung das Wichtigste gewährleiste, nämlich „einen guten Abschluss der Arbeiten“ – im Gegenteil drohten angesichts der „dünnen Personaldecke der Verwaltung“ sogar Verzögerungen, wenn Kräfte für Vergangenheits- statt Zukunfts-Bewältigung gebunden würden. Zudem fehle es den Stadtratsmitgliedern an der technischen und auch zivilrechtlichen Kompetenz, um zu prüfen, wer für welche Fehler genau verantwortlich war.

Hauptamtsleiterin Alessa Buchmann bestätigte AfD-Fraktionschef Harald Benoits Hinweis, dass die rheinland-pfälzische Gemeindeordnung keine Untersuchungsausschüsse vorsehe. „Aber ich habe heute mit dem OB gesprochen, wir stellen uns nicht dagegen“. Sie teile aber die Bedenken Pohlmanns.

FDP-Fraktionschef Ulrich Schüler warnte eindringlich vor einem Untersuchungsausschuss: Dieser wäre „ein Eingriff in ein schwebendes Verfahren, ein guter Bekannter hat mir gesagt, wenn die Anwälte reden, schweigen die Parteien, das ist ein sehr guter Rat“. Die FDP sehe „erhebliche Gefahren“ durch Formfehler oder „unbedachte Äußerungen“ im U-Ausschuss, „die unsere Rechtsansprüche gefährden könnten – und die Versicherung sagt Tschüss“. Das technische Gutachten liege ja vor, „und niemand von uns hat die Kompetenz, das zu verbessern“. Niemand habe etwas gegen schonungslose Aufklärung – „zum gegenwärtigen Zeitpunkt“ täte man sich damit aber wohl „nichts Gutes“.

Dettweiler entgegnete den Antrags-Gegnern: „Ich kann nur staunen, wie locker man über diese Maßnahme geht mit Baustopp und massiver Kostensteigerung. Das soll eine nichtöffentliche Kommission sein!“

Rechtsamtsleitern Annegret Bucher erklärte auf Frage von Bürgernah-Fraktionschef Dirk Schneider, die Gemeindeordnung sehe für Stadträte zwar keine Untersuchungsausschüsse oder Enquete-Kommissionen vor, wie es sie in Bundestag und Landtag gibt. Wohl aber Unterrichtungs- und Kontrollrechte, auch ein Akteneineinsichts-Ausschuss sei möglich. Schneider fragte daraufhin, ob die FWG bereits sei, ihren Antrag entsprechend abzuändern. Das lehnte Dettweiler ab: „Der OB hat doch klipp und klar gesagt, er ist bereit!“

SPD-Fraktionschef Stéphane Moulin sagte: „Eines ist klar: Das Spundwand-Debakel hat den Rat beschäftigt und wird uns weiter beschäftigen. Auch die Umstände, die zu dieser Situation geführt haben, müssen geklärt werden.“ Durch das Katzenbach-Gutachten aber sei „auf 150 Seiten schon viel geklärt“.

Wie der Merkur im Januar berichtete, sind laut dem Gutachten mehrere Fehler der Planungsfirma als auch möglicherweise der Baufirma für die Rissbildungen infolge der Spundwand-Rammarbeiten verantwortlich, aufgrund derer im ufernahen Teil der Schillerstraße 5 kurz vor Weihnachten 2021 sogar drei Wohnungen wegen Einsturzgefahr evakuiert werden mussten und weiterhin unbewohnbar sind. Der Stadtverwaltung dagegen wurden bei der Gutachten-Präsentation keine Fehler vorgeworfen.

Moulin sagte: „Wir brauchen ein Konzept zur Sanierung und das so schnell wie möglich für die betroffenen Anwohner und Eigentümer!“ Deshalb werde die SPD dem FWG-Antrag aus den von Pohlmann genannten Gründen nicht zustimmen. Moulin ergänzte: „Mit der Ablehnung wollen wir nichts unter den Teppich kehren.“ Aber mit Hauptausschuss, Bauausschuss, Stadtrat und Rechnungsprüfungsausschuss hätten die Zweibrücker Volksvertreter Gremien, in denen kritische Fragen gestellt werden könnten und „die auch alle Beschlusskompetenz haben, wenn es am Ende um irgendwas geht, die hätte ein Untersuchungsausschuss nicht“. Moulin schloss: „Der FWG-Antrag ist gut gemeint, aber der falsche Weg.“

CDU-Fraktionschef Pascal Dahler sagte: „Wir verstehen das Anliegen. Der gesamte Stadtrat ist an schonungsloser Aufklärung interessiert.“ Dahler fragte aber (ohne eine Antwort zu erhalten): „Wo stellt sich Kurt Dettweiler konkrete neue Erkenntnisse vor, die über das Gutachten hinausreichen?“

Schüler sagte, die FDP würde auch bei einer Änderung des FWG-Antrags dagegenstimmen, „vor allem nicht vor Abschluss der rechtlichen Klärung, weil sonst erhebliche Konsequenzen drohen“.

Nachdem sich kein Redner klar hinter den FWG-Antrag gestellt hatte, wäre dieser bei einer Abstimmung vermutlich abgelehnt worden. Dazu aber kam es nicht. Denn Bürgermeister Gauf schlug eine „Vertagung in die nächste Ältestenrats-Sitzung“ vor, zu der (wie üblich den Fraktionschefs, Anm. d. Red.) vielleicht auch der für die Stadt im Zusammenhang mit der Spundwand tätige Rechtsanwalt Thomas Besenbruch hinzugezogen werden könne, um „die rechtlichen Konsequenzen“ zu besprechen. Dettweiler zeigte sich damit einverstanden und zog seinen Antrag zurück – vorläufig.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort