Initiative für Wiedereinführung des Sozialausweises für Erwachsene endgültig gescheitert Keine Chance für den „Zweibrücken-Pass“
Zweibrücken · Im Hauptausschuss war noch eine Mehrheit für den Sozialausweis. Im Stadtrat forderte die CDU eine neue Abstimmung, es sei kein Geld dafür da. Diese Sicht setzte sich mehrheitlich durch.
Wer als Bürger befürwortet, dass es in der Stadt Zweibrücken wieder einen Sozialausweis für Kinder und Erwachsene gibt, hat in den vergangenen Wochen ein Wechselbad der Gefühle erlebt.
Erst hieß es im Stadtrat von der Verwaltung, es sei einfach kein Geld dafür da. Dann, wenige Tage später, setzte sich in der Sitzung des Hauptausschusses doch eine Mehrheit für den Sozialausweis durch.
Aber nun, in der jüngsten Sitzung des Stadtrates, kam plötzlich doch noch das Aus. Mit 19 Ja- zu 13 Nein-Stimmen wurde der Vorstoß von FWG und Die Partei/Die Linke abgelehnt. Beide Fraktionen hatten sich dafür ausgesprochen, den Geltungsbereich des Sozialausweises wieder auszudehnen. Seit April 2013 gilt dieser nur noch für Kinder; FWG und Die Partei/Die Linke wollten, dass auch Erwachsene in den Genuss kommen, zahlreiche Einrichtungen in der Stadt wieder rabattiert besuchen zu dürfen; die FWG hatte vorgeschlagen, wegen des „stigmatisierenden“ Charakters des Namens Sozialausweis diesen künftig „Zweibrücken-Pass“ zu nennen (wir berichteten mehrfach).
Der Hauptausschuss stimmte noch mehrheitlich dafür. Eine knappe Mehrheit von SPD, Grünen und FWG sagte Ja, CDU, AfD (bei einer Enthaltung) und FDP Nein. Die Mehrzeit war möglich, weil die FWG einen neuen Gegenfinanzierungsvorschlag gemacht hatte. Ursprünglich wollte Patrick Lang (FWG), dass der Zweibrücken-Pass dadurch finanziert wird, dass die geplante Stelle des Pressesprechers der Stadt Zweibrücken gestrichen wird. Doch hatte Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) auf die Bedeutung dieser Stelle hingewiesen, sie müsse über kurz oder lang wieder besetzt werden, die Öffentlichkeitsarbeit sei zu wichtig. Daraufhin schlug Lang – nach einem Fingerzeig der Verwaltung – vor, die Grundsteuer zu erhöhen.
In der jüngsten Sitzung des Stadtrates, in der der Doppelhaushalt für 2020 und 2022 beschlossen wurde, kippte die Mehrheit. Pascal Dahler (CDU) stellte den Antrag, erneut und final darüber abzustimmen. Sein Argument: Die Stadt werde die Grundsteuer B zum Jahr 2022 auf 480 Punkte erhöhen – dies sei ein Kompromiss, der nicht gefährdet werden dürfe.
Denn die ADD (Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion) wollte ursprünglich eine Erhöhung auf 540 Punkte, nach einigem Hin und Her und auch wegen der Verwerfungen der Corona-Krise verzichtete die ADD darauf und signalisierte schließlich, dass sie auch mit einer Erhöhung auf 480 Punkte einverstanden sei – und räumte dafür sogar noch Zeit bis 2022 ein.
Dahler (CDU) sagte, die 480 Punkte seien bereits ein „auf Kante genähter Kompromiss“, diesen dürfe die Stadt Zweibrücken nicht dadurch gefährden, dass sie nun plötzlich doch im Bereich der freiwilligen Leistungen mehr Geld ausgibt. Die Mehrheit des Stadtrates ließ sich von dieser Argumentation überzeugen und mit 19 Ja-Stimmen hieß es final dann doch noch: „Nein“.
Kein Wunder also, dass Lang (FWG) nach diesem Wechselbad der Gefühle seine Wunden leckte. „Ich bin sehr enttäuscht und traurig“, postete er auf Facebook. „Für mich ist es völlig inakzeptabel, dass wieder an sozial benachteiligten Menschen der Rotstift angesetzt wurde“, kommentierte er das Votum. „Seit Januar hatte ich für die Einführung des Passes gekämpft. Als Demokrat muss ich mit Widerwillen diesen Mehrheitsbeschluss akzeptieren, aber es fällt mir schwer.“
Einen Tag später ging Lang in dem Sozialen Netzwerk erneut auf die Abfuhr im Stadtrat ein und merkte zu der Sorge vieler Räte, der Zweibrücken-Pass würde der Stadt hohe Kosten verursachen, an: „Man kann eine Medaille immer von zwei Seiten betrachten, gerade immer so, wie es einem lieb ist.“
Lang weiter: „Aus der Sicht der Verwaltung und der Gegner des Zweibrücken-Pass würden bei der Einführung Kosten entstehen, nämlich immer dann, wenn ein Passinhaber diesen nutzt. So würde man bei einem Freibadeintritt von einem Passinhaber einen Verlust von 1,50 Euro verzeichnen, da statt 3 Euro regulärem Eintritt nur die Hälfte bezahlt werden würde. Dasselbe beim Besuch des Hallenbades oder der Nutzung des Busnetzes. So kam man im Jahr 2012, das letzte Jahr in welchem der Sozialausweis auch für Erwachsene galt, auf Gesamtkosten aus Sicht der Verwaltung von etwas über 43 000 Euro.“
Allerdings könne man sehr wohl „die Medaille auch von der anderen Seite betrachten. Aus meiner Sicht übrigens die deutlich praxisnähere Seite“, merkt Lang an und erläutert: „Ich gehe davon aus, dass diese Leistungen erst durch den Pass in Anspruch genommen würden. Was nutzt es einer Familie, dass das Kind nur den halben Eintritt zahlen muss, die Eltern aber den vollen Betrag zu zahlen haben? In den meisten Fällen ist daher der Freibadbesuch gar nicht erst finanziell machbar. Wenn nun auch die Eltern anspruchsberechtigt wären, dann würden zum Beispiel bei einem Badbesuch von zwei Erwachsenen und einem Kind immerhin vier Euro zusätzliche Einnahmen generiert. Wenn nur das Kind anspruchsberechtigt ist, gibt es folglich nur ein Euro Einnahmen oder gar keine, weil das Kind nicht alleine ins Freibad ginge.“
Es würden der Stadt also, so Lang, zusätzliche Einnahmen entstehen, welche sie ohne die Passinhaber nicht hätten. „Auch muss man bedenken, dass es sich hier wirklich um Mehreinnahmen handeln würde, da der Freibadbetrieb sowieso läuft und Kosten verursacht, egal ob nun 10, 100 oder 500 Besucher sich im Freibad aufhalten. In der Summe könnte das dazu führen, dass der Stadt durch die Nutzung des Passes sogar Mehreinnahmen entstehen und keine Kosten.“