Zweibrücken-Kolumne „Unsere Woche“ Stadträte bald Youtube-Stars?

Nicht nur für Politik-Interessierte bieten die Online-Sitzungen des Zweibrücker Stadtrats spannende Momente.

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Foto: Robby Lorenz

Zwei Mal hatte ich jetzt schon das Vergnügen, den Stadtrat per Youtube-Live-Video zu verfolgen. (Der Rat tagt wegen Corona-Pandemie derzeit nur online.) Vergnügen? Ja. Denn da gab es einige kuriose Szenen, die Zweibrücker Politiker sicher zu Youtube-Stars machen würden, wären Mitschnitte nicht unter Strafandrohung verboten. Die besten Aussichten auf eine Youtuber-Karriere hätte sicher Dirk Schneider. Kafkaesk „Die Verwandlung“, wie der im realen Leben doch ganz gut aussehende Schneider sich digital in einen Schurken verwandelt – zumindest wirkt man so, wenn man sich schlecht beleuchtet und schlecht rasiert schräg von unten per grotesk verzerrender Weitwinkelkamera den Zuschauern präsentiert. In der März-Sitzung schienen esoterische Sternenbilder, die hinter Schneider herumflackerten, Erbarmen mit dem Bürgernah-Fraktionschef zu haben – und löschten seinen Kopf irgendwann einfach aus.

„Gecancelt“, wie es neudeutsch heißt, hätten einige Ratsmitglieder Schneider wohl auch gerne diesen Mittwochabend. Schneider ist bekannt für lange Reden. Nun hören sich zwar manche Ratsmitglieder gerne reden – aber hören weniger gerne andere lange reden. Schon gar nicht Schneider, weil der nämlich zum einen oft verworren oder am Thema vorbei redet, zum anderen aber auch immer wieder mit teils scharfen Worten Finger in offene Wunden legt. Nach einer dieser langen Reden war es FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser zu viel. Während die meisten Ratsmitglieder allein zuhause vorm Computer saßen, war Kaiser mit wenigen anderen onlinetechnisch schlecht Ausgerüsteten an einem Computer im Rathaus – und plötzlich hörten die rund 40 zuschauenden Bürger plötzlich, wie Kaiser (obwohl sie gar nicht das Wort hatte) mit genervter Stimme loslegte: „Also der Dirk Schneider, der kann überhaupt nicht ...“ Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) erkannte blitzschnell, was hier drohte und warnte: „Ingrid, das Mikrofon!!!“ Das Livebild schaltete auf Kaiser um, die erschrocken ihr versehentlich offenes Mikro ausschaltete. Die Kamera-Regie wechselte dann auf Rolf Franzen (CDU), als der schelmisch sagte: „Schade – das hätte ich gerne gehört!“

Filmreif auch die Schlussszene: Während sich ein Ratsmitglied nach dem anderen aus der digitalen Sitzung verabschiedete, war Ingrid Kaiser als Letzte zu sehen – bis an Stelle ihres Kopfes plötzlich eine rote Fläche wie ein Feuerball war. Was hoffentlich kein Racheakt durch Schurke Schneider war ...

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