Wiederkehrende Beiträge für Straßenausbau werden verdoppelt Stadtrat schluckt die für die Bürger teure Kröte

Zweibrücken · Grundstücksbesitzer zahlen die nächsten fünf Jahre rund 28 Cent pro Quadratmeter für den Straßenausbau. Vier Ratsmitglieder stimmten dagegen.

 24 Straßen in ganz Zweibrücken werden in den kommenden fünf Jahren erneuert. Nötig wäre infolge des langen Sanierungsstaus eigentlich, zwei Drittel der Straßen zu erneuern, erläuterte Oberbürgermeister Wosnitza.

24 Straßen in ganz Zweibrücken werden in den kommenden fünf Jahren erneuert. Nötig wäre infolge des langen Sanierungsstaus eigentlich, zwei Drittel der Straßen zu erneuern, erläuterte Oberbürgermeister Wosnitza.

Foto: dpa/Stefan Sauer

„An den 28 Cent kommen wir nicht vorbei“, meinte FWG-Fraktionschef Kurt Dettweiler. „Wir müssen die Kröte schlucken“, schloss sich FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser der Auffassung an, dass der Beitrag den die Grundstücksbesitzer für den Straßenausbau zahlen müssen, erhöht werden muss, „wenn wir bessere Straßen sollen“. Auch der CDU-Vize-Fraktionsvorsitzende Pascal Dahler sah in der Stadtratssitzung am Mittwochabend die Dringlichkeit des Straßenausbaus. „Wir stehen in der Verantwortung zu entscheiden und zu handeln“, sagte SPD-Fraktionschef Stéphane Moulin.

31 Ratsmitglieder stimmten nach der Diskussion dem von der Verwaltung und dem Umwelt- und Servicebetrieb erarbeiteten Ausbauprogramm für die Jahre 2021 bis 2025 und den sich daraus ergebenden Ausbaubeiträgen von rund 28 Cent in den Abrechnungseinheiten der Kernstadt und den 26 Cent für Rimschweiler und 25 Cent für Mittelbach zu. Vier Ratsmitglieder, von den Fraktionen Bürgernah und Partei/Linke sowie Thorsten Gries (SPD) wollten „die Kröte nicht schlucken“, wie es Partei-Linke-Fraktionschef Bernd Henner (so heißt Ringle nach seiner Heirat) formulierte.

Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) machte mit dem Hinweis, dass zwei Drittel der Zweibrücker Straßen erneuert werden müssen, auf die Notwendigkeit hin. Da reichten die vier bis fünf Millionen Euro, die die Stadt jährlich für Reparaturen aufwende nicht aus. Mit dem Ausbau längerer Straßen, dem Hochausbau, wo immer möglich, und den in etwa gleichen Beitrag, nannte Wosnitza die drei Kriterien des Programms.

Demnach werden in den nächsten fünf Jahren insgesamt 21 Straßen in der Kernstadt sowie zwei in Mittelbach und eine in Rimschweiler ausgebaut. In der Kernstadt sind das rund 6640 Meter. „Das ist fast doppelt so viel wie beim ersten Ausbauprogramm 2016 bis 2020“, erklärte Wosnitza. Da waren es rund 3440 Meter. „Das bedeutet, dass die Beiträge auch steigen müssen.“ In Mittelbach und Rimschweiler sind es zusammen 1350 Meter für drei Straßen.

„Die 14 Cent im ersten Ausbauprogramm waren zu niedrig“, stellte auch Kurt Dettweiler fest. Dahler erwähnte, dass die CDU das bereits damals gesagt habe. Aber jetzt gehe es darum, den Ausbau nicht zu verzögern. Angesichts der Mehrbelastung müsse den Bürgern die Maßnahmen erläutert werden. „Wir haben zu lange, meiner Meinung nach viel zu lange, über die wiederkehrenden Beiträge diskutiert“, erinnerte Moulin an Versäumnisse aus der Vergangenheit. Das Ergebnis: „Die Straßen sind in einem schlechten Zustand. Für ihren Ausbaubeitrag bekämen die Bürger bessere Straßen.

Seit Mitte der 2000er Jahre habe die FDP sieben Mal den Antrag gestellt, wiederkehrende Beiträge zu erheben. „Sieben Mal wurde das abgelehnt“, beklagte Kaiser. Jetzt müsse man 28 Cent zahlen. Die FDP-Stadträtin regte an, dass die Anlieger schon „vor der Planung“ bei Bürgerversammlungen eingebunden werden sollen. „Die Erhöhung ist happig“, sagte Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann. Die Alternative, es bei 14 Cent zu belassen, würde weiter „Holperstrecken“ bedeuten. Auch reparieren allein reiche nicht aus. „Irgendwann ist die Straße so kaputt. Da ist reparieren unwirtschaftlich.“

Bürgernah-Fraktionschef Dirk Schneider beklagte „Grundfehler“ in dem Beitragssystem, dass seiner Meinung nach nicht korrekt ist. Zudem würden „zu wenig Meter“ gemacht. Thorsten Gries (SPD) forderte, dass die Stadt einen höheren Anteil als die 30 bis 32 Prozent übernehmen sollte. Einem entsprechenden Antrag stimmten nur vier Ratsmitglieder zu. Klaus Fuhrmann (SPD) aus Rimschweiler, der dem Ausbauprogramm zustimmte, kritisierte aber, dass die Vororte erst spät informiert worden seien. „Wir müssen vor Ort den Kopf hinhalten.“

Henner lehnte das Programm mit Hinweis auf die beiden Resolutionen ab, die die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge für die Grundstücksbesitzer und die Übernahme der Kosten durch das Land vorsieht. Die CDU und die Fraktion Bürgernah hatten die Resolutionen eingebracht. Wobei die Bürgernah-Resolution noch weiter ging. Danach sollte das Land die gesamten Kosten übernehmen. Zudem sollte sich Zweibrücken mit Nachbarkommunen zusammentun, um die Abschaffung voranzubringen.

Schon bei der Beratung über das Ausbauprogramm 2021 bis 2025 hatte Dahler von einer „Übergangslösung“ gesprochen. Denn beim Straßenausbau müsse das Land Verantwortung übernehmen und die Kommunen und Bürger „nicht im Regen stehen lassen“. Einige Lände gingen da schon voraus. Unabhängig von der Finanzkraft oder der Partei. Das erkannte auch Moulin. Mit den Hinweisen auf Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen merkte Moulin an, dass dies stets die Oppositionsparteien forderten. „In NRW ist die CDU geführte Regierung dagegen.“ Auch wenn das Land den Ausbau bezahlt, seien das Steuergelder. „Und die müssen irgendwo her kommen.“ Deshalb solle man keine Dinge fordern, die man nicht tragen könne.

Auch Pohlmann fragte, wo das Land das Geld hernehmen solle. „Durch höhere Steuern oder durch eine neue Steuer?“, fragte er, ohne eine Antwort zu erhalten. Bei einer Steuer müssen alle zahlen, nicht nur die Grundstücksbesitzer, meinte Ulrich Schüler (FDP) der die Resolutionen unterstütze. Im Gegensatz zu seiner Fraktionskollegin Kaiser, die befürchtete, dass am Ende große Städte bevorzugt würden: „Wir können nicht bestellen und davon ausgehen, das andere zahlen.“ Dahler betonte, das das Ausbauprogramm solle weiter in kommunaler Hand bleiben. Schneider forderte den Rat auf, nicht nur dem CDU-Antrag zuzustimmen, sondern auch dem Bürgernah-Antrag. Dem folgte der Rat mehrheitlich. Lediglich SPD, Grüne und Kaiser (FDP) waren gegen die Resolutionen. Die übrigen Ratsmitglieder stimmten zu.

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