Mega-Möbelhaus Stadtrat streitet über geplante Ansiedlung auf Truppacher Höhe

Zweibrücken · Der Stadtrat streitet über die geplante Möbelhaus-Ansiedlung auf der Truppacher Höhe. Auch „Gemeinsamhandel“ ist tief gespalten.

 Trübe Aussichten? Die Grünen fürchten, dass die Neuansiedlung Arbeitsplätze bei Möbel Martin gefährdet.

Trübe Aussichten? Die Grünen fürchten, dass die Neuansiedlung Arbeitsplätze bei Möbel Martin gefährdet.

Foto: Gerrit Dauelsberg

Das vom Solinger Investor „Kleinpoppen Projekte“ beabsichtigte riesige Möbelhaus auf der Truppacher Höhe hat gestern Abend für eine heftige Diskussion im Zweibrücker Stadtrat gesorgt. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob das Möbelhaus viele neue Arbeitsplatze schaffen wird – oder viele andere Arbeitsplätze gefährdet.

Dass überhaupt diskutiert wurde, stieß bei einigen Kommunalpolitikern auf Unverständnis. Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD) riet, erst dann zu diskutieren, wenn der Investor einen konkreten raumordnerischen Antrag für ein Zielabweichungsverfahren gestellt habe und dieses durch die SGD Süd (Struktur- und Genehmigungsdirektion) abgeschlossen sei sowie zu erwartende Klagen vom Verwaltungsgericht entschieden. Auch SPD-Fraktionschef Stéphane Moulin sprach sich gegen eine Diskussion aus, CDU, FWG und Linke schwiegen ganz. Willy Schönborn (SPD) rief während der Rede von Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann sogar dazwischen: „Müssen wir da zuhören oder können wir rausgehen?“ und verließ den Saal.

Pohlmann, der die Diskussion beantragt hatte, hob hervor, es gebe einen konkreten Investor mit konkreten Plänen für ein Möbelhaus mit rund 40 000 Quadratmetern Verkaufsfläche und sogar schon ein Gutachten über die Folgen – weshalb der Rat Chancen und Risiken nicht zu spät abwiegen dürfe.

Pirmann sieht eindeutig vor allem Chancen. Der Investor kündige rund 360 Arbeitsplätze an, dabei setze der (öffentlich bislang ungenannte) Betreiber „nur auf sehr wenige Minijobs“. Das sei wichtig für eine Stadt mit 1300 Arbeitslosen. „Ich sehe uns in der Verantwortung, alle Potenziale auszuloten für Zweibrücken. Und wir reden hier nicht über städtisches Geld, sondern privates Geld von Investoren!“ Zwar prognostiziere das vom Investor beauftragte Gutachten 20 Prozent Umsatzverluste für Möbel Martin – aber solche Dinge müsse der Markt regeln, argumentierte Pirmann und verwies darauf, dass ja auch Möbel Martin Erweiterungspläne habe.

Zudem gebe es laut Kleinpoppen beim Sortiment seines Möbelhaus-Partners „nur 30 Prozent Schnittmenge mit Möbel Martin, alles andere sei hochwertiger“. Schlimm findet Pirmann, dass das rheinland-pfälzische Landesentwicklungprogramm Neuansiedlungen großer Möbelmärkte grundsätzlich nur noch in Oberzentren zulasse: Damit würden andere Regionen immer weiter abgehängt: „Das ist ein Landesentvölkerungsprogramm!“ Er finde es „weder markt- noch zeitgerecht, wenn man für bestimmte Dinge nach Kaiserslautern oder Saarbrücken fahren muss“.

Pohlmann entgegnete, das sei falsch, denn es gebe in und um Zweibrücken schon heute ein großes Angebot an Möbelhäusern. Zwar hätten auch die Grünen nichts dagegen, wenn ein neues Möbelhaus „größere Auswahl und neue Arbeitsplätze bringt“. Auf Dauer befürchtet Pohlmann aber „ein Nullsummenspiel“ oder sogar schädliche Auswirkungen auch auf Arbeitsplätze. Zum einen herrsche in der Möbelbranche in Verdrängungswettbewerb, selbst das Gutachten halte Schließungen in der Region infolge der Neuansiedlung für möglich – das bedeute, so Polmann, auch eine Gefahr für Möbel Martin als das nächstgelegene Möbelhaus. Zum anderen würde ein Randsortiment auf 22 Prozent der Verkaufsfläche auch Einzelhändler in der Fußgängerzone schaden, Pohlmann hält die im Gutachten prognostizierten acht Prozent Umsatzverluste sogar noch für zu niedrig gerechnet. Pirmanns Prognose, Kunden würden nach dem Möbelkauf noch in die Fußgängerzone fahren, hält Pohlmann für illusorisch: „Die Erfahrung mit dem Outlet zeigt, dass das nicht funktioniert.“ Er erinnerte an die Neugestaltung der Fußgängerzone sowie die „Stadt am Wasser“-Projekte und appellierte: „Wir haben sehr viel getan, um die Innenstadt voranzubringen. Das sollten wir nicht gefährden! Es geht um nichts weniger als die Vitalität unseres Stadtzentrums“

Pirmann sagte, damit stehe Pohlman „in krassem Gegensatz zum Vorsitzenden des Zweibrücker Einzelhandels“. Vor ein paar Tagen habe er ein Gespräch mit Investor André Kleinpoppen, dem Gemeinsamhandel-Vorsitzenden Andreas Michel und dessen Stellvertreter Manfred Weber geführt. Michel habe erklärt: „Die Mehrzahl der Einzelhändler sieht kein Problem mit einer solchen Ansiedlung.“ Nur neun Geschäfte in der Fußgängerzone, so Pirmann weiter, wären mit Teilen ihres Sortiments wie Geschenkartikeln oder Bilderrahmen von dem Möbelhaus-Randsortiment überhaupt betroffen. Michel habe „zugesagt, dass die Händler nicht Sturm laufen gegen die Ansiedlung, weil die Herausforderungen heute ganz andere sind, wie das Internet“. Hierzu sagte Pirmann auch, er habe Citymanagerin Petra Stricker „noch einmal einbestellt“ um über eine Online-Plattform für Zweibrücker Geschäfte zu reden, wie sie Homburg gerade erstellt (wir berichteten) – so etwas wolle er schon seit anderthalb Jahren. „In der Fußgängerzone muss mehr passieren, um sich besser aufzustellen. Darüber muss dringender diskutiert werden als über das Möbelhaus!“

Andreas Michel hat hinsichtlich des Möbelhauses eine radikale Kehrtwende vollzogen. Noch im Juli hatte Michel gesagt, die meisten Ladeninhaber in der City hätten heftige Bedenken gegen die Neuansiedlung, die Innenstadt werde der Verlierer sein. Auch er selbst halte es für ein „Märchen“, das Kunden von der Truppacher Höhe noch in die Stadt fahren würden (wir berichteten). Gemeinsamhandel-Vize und PBZ-Fraktionschef Manfred Weber bezweifelten gestern im Stadtrat, ob die Mehrheit der Händler hinter Michels neuem Kurs stehe. Er selbst bleibe „ein klar Gegner“. Er sei zwar „für eine Entwicklung des Geländes, aber nicht mit einem Möbelhaus. Zudem habe er Zweifel an dem Investor und empfahl Pirmann: „Fragen Sie doch mal Ihre Kollegen in Erftstadt, was Kleinpoppen da alles versprochen hat und was da kommt. Ich hab’s getan.“

SPD-Fraktionschef Moulin wollte zwar wie erwähnt nicht diskutieren, aber doch betonen: „Wir sollten dankbar sein, wenn Leute ihr Geld in Zweibrücken investieren wollen.“ Möbel Martin werde sich auf „die neue Situation“ einstellen müssen und können. Dirk Schneider (ebenfalls SPD) schloss sich dagegen, wie auch FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser, den Bedenken von Pohlmann und Weber an. Es gelte, „die Arbeitsplätze bei Möbel Martin zu stärken“, mahnte Schneider. Wobei er zuversichtlich sei, dass die Experten der SGD Süd die Kleinpoppen-Pläne zurechtstutzen. Achim Ruf (Grüne) dagegen distanzierte sich von Pohlmann: „Im Gegensatz zu meinem Fraktionsvorsitzenden habe ich überhaupt keine Probleme, wenn das was gebaut wird.“

Entscheiden kann der Stadtrat übrigens nicht über das Möbelhaus, denn die Truppacher Höhe liegt auf Contwiger Gemarkung. Für den Flächennutzungsplan sei deshalb der Verbandsgemeinderat Zweibrücken-Land zuständig, später für den Bebauungsplan der interkommunale Zef (Zweckerband Entwicklungsgebiet Flugplatz Zweibrücken), erläuterte Pirmann.

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