Wanderausstellung „Nanu?“ im Zweibrücker Stadtmuseum Die Pfalz als Lebensort für Vielfalt

Zweibrücken · Das Zweibrücker Stadtmuseum hat eine Wanderausstellung eröffnet, die sich unter dem Titel „Nanu?“ mit der geschlechtlichen Vielfalt in der Pfalz beschäftigt.

 Zweibrückens Oberbürgermeister Marold Wosnitza sprach ein Grußwort bei der Ausstellungseröffnung von „Nanu?“ im Hofenfelsgymnasium. Die Ausstellung selbst ist bis zum 24. Januar im Stadtmuseum zu sehen.

Zweibrückens Oberbürgermeister Marold Wosnitza sprach ein Grußwort bei der Ausstellungseröffnung von „Nanu?“ im Hofenfelsgymnasium. Die Ausstellung selbst ist bis zum 24. Januar im Stadtmuseum zu sehen.

Foto: Susanne Lilischkis

Es dauerte über 100  Jahre, bis der 1872 eingeführte, menschenverachtende Paragraph 175 StGB, der männliche Homosexualität kriminalisierte, 1994 ersatzlos gestrichen wurde. Seit 2017 gibt es die „Ehe für alle“, doch von einer vollständigen Gleichberechtigung sind lesbische, schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen noch weit entfernt.

In der Aula des Hofenfelsgymnasiums wurde am vergangenen Freitag eine Wanderausstellung vorgestellt, die sich mit diesem Thema befasst und die ab sofort im Stadtmuseum zu sehen ist. Sie zeigt unter dem Titel „Nanu?“ eine Spurensuche zu historischen Entwicklungen und regionalen Besonderheiten des Themas in der Pfalz. Gleichzeitig möchte sie durch Aufklärung zum Abbau von Ablehnung und Ausgrenzung sowie zur Entwicklung eines offenen und respektvollen Umgangs miteinander beitragen.

„Es gab schon immer eine sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Diese Ausstellung erweitert den Blick“, ist sich Schirmherrin Anne Spiegel sicher. Die rheinland-pfälzische Familienministerin erinnerte in ihrer Eröffnungsrede an den bereits erwähnten Paragraphen 175 StGB.

In den Jahren von 1953 bis 1968 wurden in Rheinland-Pfalz 6000 Männer verdächtigt, gegen ihn verstoßen zu haben. „Moral unterliegt dem gesellschaftlichen Wandel, das macht die Ausstellung deutlich. Wir müssen auch heute noch der Diskriminierung entgegentreten“, sagte Spiegel und fügte hinzu: „Akzeptanz kann nicht verordnet, sie muss gelebt werden.“

Kurator Wolfgang Knapp hat, zusammen mit Co-Kurator Christian Könne, eine Ausstellung konzipiert, in die auch seine persönlichen Erfahrungswerte eingeflossen sind. Auf 20 Rollups wird die Geschichte der geschlechtlichen Vielfalt vorgestellt, angefangen bei der Antike, in der Homosexualität ganz selbstverständlich zum Alltag gehörte. Doch mit dem Aufkommen des Christentums im Mittelalter wurde Sexualität jenseits der Fortpflanzung als Sodomie gebrandmarkt und oft genug mit dem Tod bestraft.

Die Briefe von Liselotte von der Pfalz zeigen die lockere Sexualmoral am französischen Hof zur Barockzeit. Johann Jakob Cella, deutscher Jurist und Autor gesellschaftskritischer Schriften, gab die Monografie „Ueber Verbrechen und Strafe in Unzuchtsfällen“ heraus, die 1787 in Zweibrücken gedruckt wurde. Sie sollte für eine Modernisierung des Strafrechtes sorgen. Das Leben der Pfälzerin „Kikit“, die in Frankenthal und Speyer in den 20er Jahren als Mann lebte, wird ebenso gezeigt wie Biografien von Tätern und Opfern in der NS-Zeit. Die Schau wird durch die Darstellung von Transgeschlechtlichkeit und Transidentität abgerundet.

„Die Ausstellung soll Orientierung und Kraft geben, seinen eigenen Weg zu finden“, erklärte Wolfgang Knapp. Er will damit vor allem sehr jungen Menschen, die bisher mit dem Thema noch wenig in Berührung gekommen sind, die Kraft geben, ihren eigenen Weg zu gehen.

Museumsleiterin Charlotte Glück lud deshalb ausdrücklich die Schulen der Region ein, „Nanu?“ zu besuchen. Ihren Namen erhielt die Ausstellung übrigens von einer Schwulenbar, die sich in den 80er und 90er Jahren in der Rudolf Breidscheid Straße in Kaiserslautern befand. Besucher dieser Bar werden in einfühlsamen Portraits auf den Rollbildern gezeigt.

Charlotte Glück dankte ausdrücklich Max Krumbach, dem Vorsitzenden des Historischen Vereins Zweibrücken, für die anregenden Diskussionen zum Thema der Ausstellung.

Die nächste Station für die Wanderausstellung wird von Januar bis April 2021 die Pfalzbibliothek in Kaiserslautern sein. „Sie wird hoffentlich in vielen Städten der Pfalz zu sehen sein“, wünscht sich Charlotte Glück, „ich habe schon Anfragen aus Mainz, Speyer und Landau.“

Projektträger der Schau sind der Historische Verein Zweibrücken, das Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde Kaiserslautern und das Stadtmuseum Zweibrücken. Sie ist im Rahmen des Landesaktionsplans „Rheinland-Pfalz unterm Regenbogen“ und der „Partnerschaft für Demokratie Zweibrücken“ entstanden.

Öffnungszeiten des Stadtmuseums: Dienstag: 10 bis 18 Uhr, Mittwoch/Sonntag/Feiertage: 14 bis 18 Uhr. Weitere Öffnungszeiten nach Voranmeldung.

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