Stadtfest kratzt an BesucherrekordTödliche Diskussion um eine Zigarette

Zweibrücken. Einmal mehr wurde am Wochenende das Zweibrücker Stadtfest seinem weit über die Region reichenden Ruf gerecht. Drei Tage ließen es die Besucher so richtig krachen. Fetzige Musik an den erstmals zehn offiziellen Bühnen sorgten für ausgelassene Stimmung. Darüber bescherte Petrus durchwachsenen Vorhersagen zum Trotz nach dem tropischen Start am Freitag dann bestes Festwetter

 Stargast zum Finale: Gitte Haenning sang gestern ab 22 Uhr auf dem Alexanderplatz. Foto: Marco Wille

Stargast zum Finale: Gitte Haenning sang gestern ab 22 Uhr auf dem Alexanderplatz. Foto: Marco Wille

Zweibrücken. Einmal mehr wurde am Wochenende das Zweibrücker Stadtfest seinem weit über die Region reichenden Ruf gerecht. Drei Tage ließen es die Besucher so richtig krachen. Fetzige Musik an den erstmals zehn offiziellen Bühnen sorgten für ausgelassene Stimmung. Darüber bescherte Petrus durchwachsenen Vorhersagen zum Trotz nach dem tropischen Start am Freitag dann bestes Festwetter.Das 33. Stadtfest könnte sogar in die Stadtgeschichte eingehen: Selbst langjährige Festgänger konnten sich nicht an einen solchen Ansturm erinnern - vor allem, weil diesmal schon ab Sonntagmittag viel los war. Offiziell zieht die Stadt zwar erst heute Bilanz. Kultur- und Verkehrsamtsleiter Thilo Huble schätzte aber gestern Abend vor dem Auftritt des Top-Acts Gitte Haenning: "Es war sicherlich eines der bestbesuchten, wenn nicht das bestbesuchte Stadtfest. Das Wetter am Samstag und Sonntag war optimal: Sonnig, aber zu kühl für Freibäder. Und die Gutenbergstraße hat durch die neue Bühne mit der Akustik-Lounge an Attraktivität gewonnen." Die 100 000-Besucher-Marke dürfte sicher erreicht werden.

An den zahlreichen Ständen gab es kulinarische Leckereien in Hülle und Fülle, von Grillspezialitäten über Flammkuchen bis hin zu brasilianischen Gerichten. Aus der Partnerstadt Boulogne-sur-Mer gab's Fisch, der Erlös fließt an Zweibrücker Jugendprojekte. Ein Stadtfest-Mann der ersten Stunde ist der Dietrichinger Burgi Zahn, der seit über 30 Jahren mit selbstgemachter Pizza vertreten ist.

Auch für die kleinen Besucher wurde auf dem Stadtfest viel geboten. So gab es in der Nähe des Herzogplatzes einen Vergnügungspark mit Schießbude und zwei Karussellen. Eines davon gehört dem Mainzer Sascha Barth, der mit dem Zuspruch der Gäste sehr zufrieden war: "Die Fahrt nach Zweibrücken hat sich gelohnt." Zufrieden waren auch die Standbetreiber, die Modeschmuck, Bilder und Tattoos anboten. Besonders die Tätowierungen fanden das Interesse der Besucher, die sich aber hauptsächlich eingehend über die Technik informierten.

Erstmals wurden die Besucherströme von Videokameras überwacht, um gefährliche Anballungen erkennen zu können (wir berichteten ausführlich). Der Merkur konnte sich am Samstagabend selbst davon überzeugen, dass es keine Aufzeichnungen gab und Gesichter nicht zu erkennen waren. > Seiten 18, 19, 23: Berichte, Fotos

Zweibrücken. Am Zweibrücker Busbahnhof (ZOB) hat es am frühen Samstagmorgen gegen 3.30 Uhr eine tödliche Auseinandersetzung gegeben. Anderthalb Stunden nach dem Zapfenschluss des ersten Stadtfesttags entstand nach Angaben der Polizei ein Handgemenge zwischen drei Personen. Dabei stürzte ein 41-jähriger Pirmasenser und schlug so unglücklich mit dem Hinterkopf auf, dass er zwei Stunden später im Krankenhaus verstarb.

Beim Stadtfest gab es deshalb am Samstagabend um 21 Uhr an allen Bühnen eine Gedenkminute. Oberbürgermeister Kurt Pirmann erklärte auf Merkur-Anfrage: "Wir bedauern den Todesfall sehr." Noch um drei Uhr bei der Abschluss-Besprechung habe das Ordnungsamt festgestellt, dass es sich um den bislang wohl friedlichsten Stadtfest-Auftakttag gehandelt habe.

Der Todesfall danach sei auf eine Verkettung unglücklicher Umstände zurückzuführen, wie sie auch zu jedem anderen Zeitpunkt hätte stattfinden können, sind sich Stadt und Polizei einig. Deshalb hat sich die Stadt als Veranstalter entschieden, das Stadtfest fortzuführen.

Am Samstagmittag haben sich zwei 19-jährige Männer bei der Polizei gemeldet und ausgesagt, an der Auseinandersetzung mit dem 41-jährigen tödlich Verletzten beteiligt gewesen zu sein, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. In Begleitung der Männer befanden sich zwei junge Augenzeuginnen. Alle vier Personen erklärten übereinstimmend, dass der 41-Jährige aus nichtigem Grund einen Streit angezettelt habe, der in Handgreiflichkeiten ausartete. Zunächst sei nur einer der aus dem Bereich Zweibrücken stammenden 19-Jährigen beteiligt gewesen - der zweite habe eingegriffen, um die beiden Streithähne zu trennen. Dabei stürzte der durch einen Schlag getroffene 41-Jährige so unglücklich, dass er tödliche Verletzungen erlitt.

Auf Merkur-Nachfrage erklärte das Polizeipräsidium, die Beteiligten hätten den 41-Jährigen nicht gekannt - er habe einen der 19-Jährigen, die auf ein gerufenes Taxi warteten, nach einer Zigarette gefragt, daraus habe sich dann ein Streit hochgeschaukelt. Inwieweit Alkohol eine Rolle gespielt hat, stehe noch nicht fest. Nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft geht die Polizei nach dem derzeitigen Ermittlungsstand von keinem vorsätzlichen Tötungsdelikt aus. Untersuchungshaft sei damit ausgeschlossen. Der Tote werde obduziert.

Auf das Verhalten eines 18-Jährigen scheint sich die Tragödie nicht ausgewirkt zu haben. Dieser soll, so die Zweibrücker Polizei, nur 25 Stunden später, ebenfalls am ZOB, mit einem 23-jährigen Stadtfestbesucher in Streit geraten sein und diesen als "Kratzbacke" beleidigt haben. Zudem habe der Betrunkene (1,45 Promille) seinem nüchternen Kontrahenten mit der Faust ins Gesicht geschlagen und Verletzungen an Nase und Hals zugefügt haben. nob

Wir alle können Lehren ziehen

Von Merkur-RedakteurLutz Fröhlich

 In der Münzstraße wurden die Kamerabilder überwacht. Foto: voj

In der Münzstraße wurden die Kamerabilder überwacht. Foto: voj

 Samstag, 21 Uhr: Betroffene Gesichter bei der Schweigeminute auf dem Alexanderplatz. Wenige Meter entfernt war nach Ende des ersten Stadtfesttags ein 41-Jähriger nach einem Sturz gestorben. Foto: voj

Samstag, 21 Uhr: Betroffene Gesichter bei der Schweigeminute auf dem Alexanderplatz. Wenige Meter entfernt war nach Ende des ersten Stadtfesttags ein 41-Jähriger nach einem Sturz gestorben. Foto: voj

Attacken mit Biergläsern, Massenpanik im Gedränge - über solche Risiken wird vor Großveranstaltungen wie dem Stadtfest oft diskutiert. Doch der Todesfall in Zweibrücken hat gezeigt: Auch kleine Ursachen können manchmal tragische Wirkungen haben. Nicht nur, weil der tödliche Sturz erst nach Festende Samstagfrüh stattfand, war es richtig, das Stadtfest nicht abzubrechen. Sondern auch, weil kein noch so ausgeklügeltes Sicherheitskonzept einen Fall wie diesen verhindern kann. Lernen kann man aber trotzdem etwas aus diesem Unglück - vom Festbesucher bis zu Kindern auf dem Schulhof: Wie wichtig Friedfertigkeit ist. "Harmlose" Gewalt gibt es nicht. Schon ein Schubser, eine kleine Rangelei, kann tödliche Folgen haben.

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