Unternehmen Stadtbus zieht Bilanz Im Lockdown jede Menge Schwarzfahrer

Zweibrücken · Der erste Lockdown im Frühjahr 2020 hat die Stadtbus-GmbH in Zweibrücken hart getroffen. Ein Grund waren jede Menge Schwarzfahrer. Die nutzten einen Schwachpunkt schamlos aus. Die Busfahrer ahnten es.

 Dreh- und Angelpunkt des Stadtbus-Verkehrs in Zweibrücken: der ZOB (Zentraler Omnibusbahnhof) in der Stadtmitte.

Dreh- und Angelpunkt des Stadtbus-Verkehrs in Zweibrücken: der ZOB (Zentraler Omnibusbahnhof) in der Stadtmitte.

Foto: Mathias Schneck

In der Krise zeigt sich oft der wahre Charakter eines Menschen. Diese Erkenntnis gilt auch für das Thema Busfahren – leider. Denn in Anbetracht des Verhaltens, das zahlreiche Fahrgäste in der Stadt Zweibrücken im ersten Lockdown 2020 an den Tag legten, ist durchaus Fremdschämen angebracht.

Der Pfälzische Merkur bat Christoph Rittersberger, Betriebsleiter der Stadtbus-Zweibrücken-GmbH und dessen Stellvertreterin Anja Belli-Jag, um eine Bilanz in Zeiten der Pandemie. Die fällt erwartungsgemäß nüchtern aus.

Die Fahrgastzahlen sind 2020 deutlich gesunken: von 769 552 im Jahr 2019 auf 719 676 im vergangenen Jahr – ein Rückgang um rund sieben Prozent. Noch etwas größer fällt das Minus aus, setzt man 2020 ins Verhältnis mit dem starken Jahr 2018, in dem die Stadtbus-GmbH 780 004 Fahrgäste zählte – ein Rückgang von rund acht Prozent.

Immerhin: Das Minus ist einstellig. Aber das könnte man noch als blaues Auge für die blauen Busse interpretieren – schließlich waren diese gerade im ersten Lockdown, der Mitte März 2020 begann, wochenlang nahezu leer.

Rittersberger bestätigt diese Beobachtung: „Gerade in den ersten Wochen des Lockdowns im vergangenen Frühjahr war die Verunsicherung bei den Menschen enorm. Keiner wusste, wie er dieses Virus einzuschätzen hatte.“ Weil der Lockdown erst Mitte März begann, ist an den Fahrgastzahlen für 2020 dieser Rückgang noch nicht so stark abzulesen. Doch von April bis Juli war das Minus dann heftig – fuhren im Januar und Februar noch knapp 60 000 Gäste mit, waren es von April bis Juli monatlich keine 40 000 mehr.

„Von März bis Juli mussten wir mit einem Notfahrplan reagieren, in dieser Zeit sind wir nur noch mit zirka 50 Prozent unserer Busse gefahren“, erklärt Anja Belli-Jag. „Erst ab August lief es wieder regulär.“

Und nun zu dem unrühmlichen Punkt: „Im ersten Lockdown ab Mitte März hatten wir mehrere Wochen lang praktisch keine Einnahmen“, sagt Belli-Jag.

Natürlich seien in dieser Zeit auch zahlende Gäste mitgefahren, Passagiere also, die zuvor bereits eine Jahreskarte gekauft hatten. Aber es kaum nahezu kein Geld mehr für das Lösen einer Einzelfahrt rein.

Rittersberger erklärt: „Wegen der großen Sorge vor Corona war ein Fahrkartenkauf beim Busfahrer nicht möglich. Die Kunden wurden gebeten, ihre Fahrkarte am Automaten am Bahnhof, an der Vorverkaufsstelle in der Maxstraße 5 beziehungsweise an unserem Firmensitz in der Schlachthofstraße zu erwerben. Kontrollieren konnten wir das natürlich nicht, aus Sicherheitsgründen war die Vordertür beim Fahrer geschlossen, die Gäste stiegen alle hinten ein.“

Dieser Umstand wurde offensichtlich schamlos ausgenutzt: Fast niemand, der für eine Einzelfahrt einstieg, hatte zuvor ein Ticket gezogen. Belli-Jag: „Wir positionierten im Bus eine Solidaritätskasse, mit der Bitte an die Fahrgäste, dort etwas hineinzuwerfen, wenn sie ohne Fahrkarte eingestiegen waren.“

Aber auch das hätte nicht gefruchtet. Das Kässchen war abends fast leer. „Von dem, was im Lockdown eingeworfen wurde, hätten wir noch nicht einmal den Bus volltanken können“, konstatiert Belli-Jag.

Die Busfahrer hätten diese Entwicklung übrigens schon geahnt, sagt Rittersberger: „Sie berichteten uns, dass sie im Lockdown ganz andere Fahrgäste wahrgenommen hätten. Gäste, die sonst nie auf dieser Linie mitfuhren.“

Aber die beiden wollen nicht nur klagen: Denn der Lockdown zeigte auch schöne charakterliche Eigenschaften. „Obwohl gerade zu Beginn im Frühjahr 2020 die psychische Belastung für unsere Fahrer wegen dieser unbekannten Krankheit enorm war, hat sich keiner krank gemeldet. Alle fuhren. Das ist schon stark“, freut sich der Betriebsleiter über dieses hohe Engagement.

Seit dem zweiten Lockdown, der im November begann, sind die Fahrkabinen mit Plexiglasscheiben geschützt. Die Zahlen gingen im November und Dezember natürlich wieder runter, hätten sich jetzt im Februar mit 45 000 aber zumindest „etwas stabilisiert“, so Rittersberger.

„2020 war ein außerordentlich schwieriges Jahr“, sagt er. Nicht nur für die Stadtbus-GmbH, sondern für ganz Transdev – einem in 20 Ländern vertretenen Konzern, zu dem die Zweibrücker Tochter gehört. 

„Wir nehmen Staatshilfe in Anspruch“, sagt Rittersberger. Doch sei das Prozedere mühsam. Auch fühle man sich gegenüber der Deutschen Bahn benachteiligt. Hier habe der Bund rasch geholfen, weil es ein Staatsunternehmen sei. Private hingegen müssten für sich kämpfen und um Unterstützung ringen.

 Sie leiten die Stadtbus-GmbH: Christoph Rittersberger und seine Stellvertreterin Anja Belli-Jag.

Sie leiten die Stadtbus-GmbH: Christoph Rittersberger und seine Stellvertreterin Anja Belli-Jag.

Foto: Mathias Schneck

Bereits seit dem Jahr 2000 fährt die Stadtbus-GmbH in Zweibrücken und bedient aktuell acht Linien plus Anruf-Sammel-Taxis, der Vertrag läuft noch bis Ende 2029.

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