Warum hat die Stadt Zweibrücken ein Neubaugebiet verworfen und veräußert dort nun nur ein Grundstück an eine Person aus der Kommunalpolitik? Kritische Fragen zu einem städtischen Grundstücks-Verkauf

Zweibrücken · Die Stadt Zweibrücken hat einer Person aus der Politik ein Grundstück verkauft, wo einmal ein Neubaugebiet geplant war. Walter Rimbrecht (SPD) wundert das und will öffentliche Transparenz. Das angedachte Baugebiet sei schon lange als ungeeignet ad acta gelegt worden, erklärt Oberbürgermeister Wosnitza.

 Eine offensivere Bewerbung (wie auf diesem Symbolbild) statt nur im Baulückenkataster auf der Stadt-Homepage hätte sich SPD-Ratsmitglied Walter Rimbrecht auch für das jetzt verkaufte Grundstück gewünscht – „im Hinblick auf die Chancengleichheit möglicher Käufer“.

Eine offensivere Bewerbung (wie auf diesem Symbolbild) statt nur im Baulückenkataster auf der Stadt-Homepage hätte sich SPD-Ratsmitglied Walter Rimbrecht auch für das jetzt verkaufte Grundstück gewünscht – „im Hinblick auf die Chancengleichheit möglicher Käufer“.

Foto: picture alliance / Patrick Pleul/Patrick Pleul

Hat die Stadt einer Person aus der Zweibrücker Kommunalpolitik ein Grundstück in attraktiver Hanglage am Kreuzberg verkauft – und damit ein größeres geplantes Neubaugebiet verhindert? Mit diesem Verdacht hat sich ein Informant an den Pfälzischen Merkur gewendet, nachdem der Stadtrat dem Verkauf Mitte Juni im nichtöffentlichen Sitzungsteil zugestimmt hatte.

Der Rat habe den Verkauf des 719 Quadratmeter großen Grundstücks einstimmig gebilligt, wie die Stadtverwaltung kurz darauf auf Merkur-Anfrage mitteilte.

SPD-Ratsmitglied Walter Rimbrecht aber will mehr „Transparenz“ in diese Angelegenheit bringen – und hat hierzu für den öffentlichen Teil der August-Ratssitzung am 2. Juli Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) eine Anfrage geschickt, und auf Merkur-Nachfrage auch unserer Zeitung. Rimbrecht geht darin zwar nicht darauf ein, wer das Grundstück gekauft hat. Er habe aber die Juli-Ratssitzung nach über fünf Stunden gesundheitlich bedingt verlassen müssen und nun einige „Fragen, die von öffentlichem Interesse sind“.

Rimbrecht zitiert in der Anfrage folgenden Auszug aus der Sitzungsvorlage der Stadtverwaltung: „Da es seitens der Stadt eine Planung zur Schaffung eines Neubaugebietes zwischen Kreuzbergstraße und Fahrenberg gab und das Grundstück zur Erschließung dieses Bereichs benötigt würde, wurde es in der Vergangenheit lediglich verpachtet. Nunmehr wurden diese Planungen zwischenzeitlich verworfen und das Grundstück als Baugrundstück in das Baulückenkataster der Stadt Zweibrücken aufgenommen. Ein Interessent aus den 90er Jahren, dessen Anfrage aus vorgenannten Gründen abgelehnt wurde, wurde über die Änderung informiert, er hat bestätigt keinerlei Kaufabsichten mehr zu hegen.“

Rimbrecht möchte vor allem wissen – auch der Merkur hat OB Wosnitza entsprechend angefragt – warum die Stadt auf das Schaffen des Neubaugebietes verzichtet hat. Rimbrecht schreibt, im elektronischen Informationssystem für die Stadträte finde er hierzu nichts. Rimbrecht weiter: „Mich wundert diese Entscheidung, weil im Stadtrat mehrmals die Schaffung von Neubaugebieten und besonders die Schließung von Baulücken Thema war. Die CDU-Fraktion hatte sogar mehrmals die Schaffung von neuen großen Neubaugebieten gefordert.“

Der (seit Ende 2018 amtierende) Oberbürgermeister und Baudezernent Wosnitza antwortet auf die Merkur-Anfrage nach den Gründen der Aufgabe des Neubaugebiets: Es habe vor etlichen Jahren, zuletzt 2002 durch eine Bauvoranfrage und einen formlosen Antrag, Anfragen gegeben, ob man auf dem (im Flächennutzungsplan als Grünfläche dargestellten) Gelände Wohnbebauung errichten dürfe. Über die letzten beiden Anfragen habe der Bauausschuss am 20. August 2002 beraten – und sie abgelehnt. Zudem sei (wegen des Demag-Werks weiter unterhalb) ein Lärmgutachten erstellt worden, das Ende 2002 fertig war und im Januar 2013 im Bauausschuss vorgestellt wurde. Ergebnis war, so Wosnitza: „Der Kernbereich, Grünfläche, ist nicht bebaubar. Lediglich ein geringer privater Bereich an der Fahrenbergstraße konnte aus lärmtechnischer Sicht einer Wohnbebauung zugeführt werden. Dieser Bereich ist mittlerweile bebaut. Maßgeblich ist daher immer noch die Darstellung im gültigen Flächennutzungsplan als Grünfläche/Gartenland.“ Zuletzt sei der FNP im Jahr 2005 unter intensiver Einbeziehung der Ratsgremien erneuert worden, ohne Veränderung bei diesem Gelände, betont Wosnitza.

Seit Ende 2017 gibt es auf der Internetseite der Stadt (etwas versteckt: man muss erst „Politik & Verwaltung“ klicken, dann „Ämter & Zuständigkeiten“, dann „Stadtbauamt“, dann „Stadtplanung“, dann „Baulückenkataster“ eine Stadt-Karte mit freien privaten und öffentlichen Baugrundstücken. Der Merkur hat das Grundstück dort zwei Tage nach der Ratssitzung noch gefunden, offensichtlich infolge des Verkaufs ist es dort nun entfernt. Wann aber war dieses Grundstück dort eingestellt worden? Hatten mögliche Interessenten des jetzt verkauften Grundstücks Zeit genug, es dort zu finden? Wosnitza antwortet: „Die Baulücke ist bereits seit der ersten Erstellung eines Flächenentwicklungskonzeptes im Jahr 2010 als Baulücke kategorisiert. (...) Wie auch andere Grundstücke, befindet sich das besagte Grundstück im Baulückenkataster der Stadt Zweibrücken, welches öffentlich über das Geoportal der Stadt Zweibrücken zugänglich ist.“ Die städtischen Grundstücke in dem Baulückenkataster würden auch bei Anfragen von Kaufinteressenten angeboten, erläutert Wosnitza – aber über das Geoportal hinaus nicht aktiv beworben, weil sei aufgrund ihrer Lage und Beschaffenheit nicht einfach nutzbar seien.

Städtische Grundstücke würden grundsätzlich zum Bodenrichtwert verkauft, nicht zum Marktpreis, erläutert Wosnitza. Die Stadt habe aktuell noch sieben eigene Wohnbau-Grundstücke zu verkaufen, 13 wurden in den vergangen fünf Jahren veräußert.

In seiner Anfrage kritisierte Rimbrecht, dass die Öffentlichkeit nicht aktiver über das nun verkaufte Grundstück informiert wurde – zumal gerade junge Familien oft händeringend bezahlbare Grundstücke suchten.

Der Name der Person aus Stadtverwaltung oder Stadtrat, die das Grundstück gekauft hat, ist dem Merkur bekannt. Es gibt aber keinerlei Hinweise darauf, dass diese Person ihre kommunalpolitische Tätigkeit irgendwie für den Kauf missbraucht hätte. Deshalb gab es weder Anlass zur Kontaktaufnahme noch zu identifizierender Berichterstattung. Recherche- und Berichterstattungs-Anlass war allein die Frage, ob Stadtverwaltung und -rat jemand aus den eigenen Reihen den Kauf hier möglicherweise zum Nachteil „normaler“ Bürger „erleichtert“ haben.

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