Zweibrücker Stadtrat sieht City-Wohnprojekt gefährdet Scharfer Protest gegen Denkmalschutz

Zweibrücken · Stadtrat einig: Erhalt der Remise der Villa Schwinn würde Neubau-Projekt gefährden und auch der Villa selbst schaden.

 Bei der Remise (vorne) ist der Denkmalschutz so strittig wie für die Villa Schwinn (hinten) unstrittig.

Bei der Remise (vorne) ist der Denkmalschutz so strittig wie für die Villa Schwinn (hinten) unstrittig.

Foto: Werner Euskirchen

Für einen fast schon historischen Moment hat die Landes-Denkmalschutzbehörde GDKE am Mittwochabend im Zweibrücker Stadtrat gesorgt: Bis hin zur FDP, die sonst um jedes Denkmal vehement streitet, waren sich – was in Zweibrücken Seltenheitswert hat – alle Rats-Redner einig: Die ehemalige Remise (Kutschenhalle) der Villa Schwinn darf nicht unter Denkmalschutz! Genau das aber hat die GDKE (Generaldirektion Kulturelles Erbe) vor – und in der Sache auch das letzte Wort.

Dabei hatte seit der Unterschutzstellung 1984 allein die „Villa Schwinn; repräsentativer gründerzeitlicher Backsteinbau“ in der Landes-Denkmalliste gestanden (Gutenbergstraße 41). Doch nachdem die Saarbrücker Irus GmbH die Remise abreißen will, um auf dem Gelände vier Mehrfamilienhäuser mit 85 Wohnungen zu bauen und die Villa Schwinn zu erhalten, haben die Landesdenkmalschützer sich die Remise noch einmal genauer angeschaut. Landeskonservatorin Roswitha Kaiser schreibt nun, die Remise bilde eine „einheitliche Gruppe“ mit der Villa und habe einen aufwendig gestalteten „Schwebegiebel samt geschnitzten Zierelementen“. „Insgesamt erscheint die bauliche Gesamtanlage mit ihren konstitutiven Elementen (Villa, Remise, Einfriedung, Hofraum samt unmittelbar angrenzendem Bereich) als ein hochwertiges bauliches Ensemble, das die Bau- und Wohnkultur und damit den Lebensstil des Großbürgertums in der infolge der Industrialisierung aufstrebenden Stadt anschaulich erfahrbar macht.“

Grünen Fraktionschef Norbert Pohlmann sagte, es sei zwar unstrittig, dass die Villa Schwinn als eindrucksvolles Beispiel der Neurenaissance geschützt werden müsse, und sie bilde auch unstrittig eine Einheit mit der Remise. Aber die GDKE sei „weit entfernt von der Realität“ und zeichne „ein stark idealisiertes Bild“, wenn sie in der Ex-Fahrzeughalle den „Lebensstil des Großbürgertums“ erkenne. Zumal sich die Remise durch Umbauten stark verändert habe, etwa mit Beton-Anbauten, eine Fahrschule beherberge und ziemlich heruntergekommen sei. Theoretisch wäre ja sehr schön, wenn man die Remise wieder historisch herrichten würde. „Dafür bräuchte man aber einen arabischen Prinzen oder chinesischen Investor. Die Eigentümer können das nicht leisten!“ Pohlmann sieht nun zwei Alternativen für das Villa-Schwinn-Gelände: „Den Ist-Zustand mit Ex-Tankstelle erhalten, dann würde im Laufe der Jahre auch die Villa Schwinn selbst herunterkommen – oder durch das Wohnbau-Projekt „diese Fläche in exponierter Lage wesentlich aufwerten und die Villa zu erhalten“. Pohlmann schloss kämpferisch: „Wir sind nicht bereit, die Unterschutzstellung der Remise zu akzeptieren!“

Thorsten Gries (SPD) schlug in die gleiche Kerbe. „Denkmalschutz ist etwas Wichtiges, um Historisches für die nächsten Generationen zu erhalten.“ Doch beim Denkmalschutz in Rheinland-Pfalz „stört mich die Kompromisslosigkeit“. Im Fall der Remise sei die GDKE nicht nur nicht kompromissbereit, sondern weite den Denkmalschutz sogar aus – und werde damit ein für die Innenstadtentwicklung wichtiges „tolles Wohnprojekt verhindern“. Gries: „Man könnte für das Neubaugebiet UND den Denkmalschutz der Villa Schwinn etwas tun, wenn die GDKE ein bisschen kompromissbereit wäre.“

FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser warnte zwar „vor einem Rundumschlag gegen den Denkmalschutz“, zumal die FDP „fast immer dafür ist“. Die Remise allerdings sei „ein baufälliges Machwerk, auch das Ambiente ist hässlich“. „Dagegen besteht die Chance der Innenstadt-Verdichtung, neue Wohnflächen zu schaffen, moderne Architektur neben historischer (der Villa Schwinn), ein guter Architekt würde das hinkriegen“. Und die Remise sei im Lauf der Jahrzehnte so verändert worden, ohne auf die historische Substanz zu achten, das da kaum mehr etwas zu retten sei. „Was passiert, wenn die Remise baufällig wird?“ Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) antwortete: „Dann fällt sie zusammen.“

FWG-Fraktionschef Kurt Dettweiler und Bürgernah-Chef Dirk Schneider plädierten ebenfalls gegen die Unterschutzstellung der Remise. (CDU, AfD und Die Partei/Die Linke äußerten sich nicht.)

Bauamtsleiter Christian Michels erklärte, die Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt erarbeite eine Stellungnahme gegen die Unterschutzstellung der Remise. „Ich befürchte aber, das wird wie beim Rosengarten wenig ändern.“ Zumal der Denkmalschutz bereits durch die Einschätzung der GDKE als Oberer Denkmalschutzbehörde zustande komme – der Eintrag in die Denkmalliste sei nur ein symbolischer „formeller Akt“. Oberbürgermeister Wosnitza sagte: „Wir beschließen nichts, wir nehmen zur Kenntnis. Der Denkmalschutz der Remise ist bereits festgesetzt, das werden wir nicht mehr verhindern.“

Allerdings hatte die GDKE in ihrem Brief vom 29. Januar die städtische Untere Denkmalschutzbehörde die Angelegenheit „zur Stellungnahme vorgelegt“ und dabei ausdrücklich geschrieben: „Die von Ihnen vorgetragenen Argumente werden wir in unsere Entscheidung einbeziehen.“ Die GDKE bat ferner um die gesetzlich erforderliche „Anhörung der Gemeinde“ und um Antwort innerhalb von sechs Monaten, sonst „werden wir die Neueintragung von Amts wegen vornehmen“.

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