Stadt profitiert von Euro-Krise

Zweibrücken. In der Euro-Krise gilt Deutschland vielen Investoren als sicherer Hafen. Und zwar als so sicherer Hafen, dass die Bundesrepublik Ende Juli bereits zum dritten Mal in diesem Jahr Staatsanleihen mit negativen Zinsen verkaufen konnte - das heißt, sie verdient beim Schuldenmachen Geld

Zweibrücken. In der Euro-Krise gilt Deutschland vielen Investoren als sicherer Hafen. Und zwar als so sicherer Hafen, dass die Bundesrepublik Ende Juli bereits zum dritten Mal in diesem Jahr Staatsanleihen mit negativen Zinsen verkaufen konnte - das heißt, sie verdient beim Schuldenmachen Geld.Beim Schuldenmachen Geld verdienen? Das wäre auch für das hoch verschuldete Zweibrücken eine gute Nachricht. Ganz so weit ist es zwar noch nicht - aber auch die Zinsen für Kommunalkredite liegen in Deutschland seit vielen Monaten weit unterhalb der Inflationsrate. Bei Kreditzinsen von "teils unter einem Prozent" spricht denn auch der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedey, auf Merkur-Anfrage von einer "im Moment relativ entspannten Lage" bei den Kommunalkrediten.

In Zweibrücken knallen aber deshalb nicht die Sektkorken. Im Gegenteil: Stadtsprecher Heinz Braun reagiert äußerst zurückhaltend auf die Anfrage, wie viel die Stadt spart durch das Rekordtief bei den Kreditzinsen. Braun bestätigt nur: "Es ist richtig: Die Kredite für uns sind günstiger geworden, für neue Kassenkredite müssen wir nur noch etwa ein Prozent Zinsen zahlen." Der Aufwand für die Kämmerei, den Spar-Effekt auch nur zu schätzen, wäre aber zu groß.

Das könne sich jeder selbst ausrechnen, sagt Walter Rimbrecht, Vorsitzender des Rechnungsprüfungsauschusses und SPD-Haushaltsexperte: "Die Stadt hat 140 bis 160 Millionen allein an Liquiditätskrediten. Schon ein Prozent weniger Zins macht da mehr aus als so ziemlich jede einzelne Sparbemühung. Das ist ein Riesen-Glück." Ein Prozent von 140 bis 160 Millionen sind 1,4 bis 1,6 Millionen Euro. Rimbrecht: "Die Stadt hat zuletzt schon Kredite für unter ein Prozent bekommen. Ich erinnere mich noch an Zeiten, wo das über 14 Prozent waren. Im Moment profitieren die Kommunen von der Euro-Krise."

Einig sind sich die Stadtverwaltung, Rimbrecht und auch CDU-Fraktionsvize Evelyne Cleemann aber: Das Zins-Glück sollte Zweibrücken nicht dazu verleiten, von dem gerade erst avisierten Sparkurs abzuweichen. Nicht nur, weil ein Verschärfen der Euro-Krise natürlich auch zu Problemen für die Kommunen führen könnte. "Man weiß nicht, wann die Zinsen wieder hochgehen", gibt Stadtsprecher Braun zu bedenken. Und selbst wenn die Zinsen länger niedrig blieben, müsse die Stadt ja auch den Kredit selbst tilgen. Braun betont zudem: "Wir hängen seit Jahren am Tropf. Eine verschuldete Stadt wie Zweibrücken kann es sich nicht erlauben, nicht am Entschuldungsfonds teilzunehmen. Das heißt: Wir müssen 1,8 Millionen Euro im Jahr selbst sparen."

Erwägenswert ist für Rimbrecht aber, "mit dem derzeit billigen Geld Dinge so zu machen, dass die Folgekosten niedriger sind - zum Beispiel eine Straße so zu sanieren, dass sie länger hält". Und auch wenn eine Investition später einen Ertrag bringe, sei es sinnvoll, das niedrige Zinsniveau zu nutzen. "Die Zinsen sind ja auch deshalb so niedrig, damit investiert wird." Auch Cleemann (CDU) findet es zwar "aus unternehmerischer Sicht richtig, etwas zu machen, wenn die Kredite günstig sind". Für alle Ratsfraktionen sei aber klar: "Die Schuldenbremse steht in Zweibrücken obenan."

Auch Zweibrücken-Land wolle sich durch die Zinsentwicklung "nicht treiben lassen", sagt Verbandsbürgermeister Jürgen Gundacker (SPD): "Wir setzen das, was geplant war, auch um und freuen uns über die sehr, sehr günstigen Kredite - aber unsere Ratsmitglieder sind erfahren und vernünftig genug, deshalb nicht übermäßig zu investieren."

Zumal die billigen Kredite die strukturellen Finanzierungsprobleme der deutschen Kommunen nicht lösen, wie Städtetags-Vize Dedy betont. "Man weiß nicht, wann die Zinsen wieder hochgehen"

Heinz Braun, Stadtsprecher

Wann, wenn nicht jetzt?

Von Merkur-RedakteurLutz Fröhlich

Jahrelang haben die Zweibrücker Politiker vom Sparen nur geredet. Jetzt scheinen sie aus Worten ernsthaft Taten machen zu wollen. Es ist gut, dass sie sich davon auch nicht durch das schon geraume Zeit historisch niedrige Zinsniveau abhalten lassen. Denn Schulden bleiben Schulden, selbst wenn der Zinssatz gen null tendiert.

Aber: Ohne Investitionen in die Zukunft hat auch Zweibrücken keine Zukunft. Deshalb wäre die Stadt gut beraten, große Investitionen lieber jetzt billig zu finanzieren als später teurer. Natürlich muss die Fußgängerzone nicht zwingend sofort saniert werden, aber sicherlich in einigen Jahren. Dann dürfte es aber deutlich teurer werden als heute.

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