Schutz der Innenstadt SPD drängt auf neues Einkaufs-Konzept

Zweibrücken · Seit Jahren wird nur darüber geredet über eine Anpassung des Zweibrücker Einzelhandelskonzepts ans Online-Zeitalter. Ein Antrag soll jetzt die Stadtverwaltung zum Handeln auffordern.

 Die Geschäftsschließungs-Welle dieses Jahr in der Zweibrücker Fußgängerzone (wir berichteten) geht weiter: Die Kreativ-Werkstatt Pico verlässt zum 31. März das Ladenlokal an der Ecke Alexanderplatz/Schlossplatz, bestätigte Inhaberin Cornelia Pitschel gestern auf Merkur-Anfrage. Das Dienstleistungsangebot (zum Beispiel Deko-Service für Veranstaltungen) führe sie aber fort, von einem Beratungsraum  am Etzelweg aus. „Ich habe eine gute Auftragslage.“ Was ist der Grund für die Ladenschließung in der City? „Mangelnde Einkaufswilligkeit“, antwortet Pitschel. Seit letztem Herbst seien viel weniger Passanten in der Fußgängerzone als früher, ihre Umsätze „um ein gutes Drittel zurückgegangen“. Besonders jüngere Leute kämen kaum noch in die Stadt. Bei Geschenkartikeln sei die Online-Konkurrenz gewachsen, zudem beobachte sie „viel Ideenklau“. Bei konstanten Kosten für Personal, Miete und Versicherung „rechnen sich Aufwand und Nutzen nicht mehr“. Pitschel hatte Pico vor vier Jahren hinter der Alexanderskirche eröffnet und war erst Anfang 2017 in die repräsentativere Lage umgezogen.

Die Geschäftsschließungs-Welle dieses Jahr in der Zweibrücker Fußgängerzone (wir berichteten) geht weiter: Die Kreativ-Werkstatt Pico verlässt zum 31. März das Ladenlokal an der Ecke Alexanderplatz/Schlossplatz, bestätigte Inhaberin Cornelia Pitschel gestern auf Merkur-Anfrage. Das Dienstleistungsangebot (zum Beispiel Deko-Service für Veranstaltungen) führe sie aber fort, von einem Beratungsraum am Etzelweg aus. „Ich habe eine gute Auftragslage.“ Was ist der Grund für die Ladenschließung in der City? „Mangelnde Einkaufswilligkeit“, antwortet Pitschel. Seit letztem Herbst seien viel weniger Passanten in der Fußgängerzone als früher, ihre Umsätze „um ein gutes Drittel zurückgegangen“. Besonders jüngere Leute kämen kaum noch in die Stadt. Bei Geschenkartikeln sei die Online-Konkurrenz gewachsen, zudem beobachte sie „viel Ideenklau“. Bei konstanten Kosten für Personal, Miete und Versicherung „rechnen sich Aufwand und Nutzen nicht mehr“. Pitschel hatte Pico vor vier Jahren hinter der Alexanderskirche eröffnet und war erst Anfang 2017 in die repräsentativere Lage umgezogen.

Foto: Lutz Fröhlich

Sie erinnert ein bisschen an das Ungeheuer von Loch Ness, die Diskussion, wie die Stadtverwaltung das Geschäftsleben in der Zweibrücker City am besten fördern kann: Mit harten oder liberalen Regeln, was zum Schutz der Innenstadt nicht auf der Grünen Wiese verkauft werden darf? Und wie eng zieht man die Innenstadt-Grenze? Ähnlich wie Nessie taucht diese Diskussion seit Jahren immer wieder auf, sorgt für Schlagzeilen – doch ist danach immer wieder in Vergessenheit geraten.

Jetzt unternimmt die SPD-Ratsfraktion einen neuen Anlauf, um anzustoßen, dass die Stadtverwaltung beginnt, Nägel mit Köpfen zu machen: Fraktionschef Stéphane Moulin beantragt, das Thema „Einzelhandelskonzept / Zweibrücker Liste“ auf die Tagesordnung des Stadtrats am 21. März zu setzen. Mit dem Beschlussvorschlag: „Die Verwaltung wird gebeten, dem Rat der Stadt Zweibrücken in einer der nächsten Sitzungen aufzuzeigen, welche Schritte zu einer Überprüfung, Anpassung bis hin zur Abschaffung der sogenannten ,Zweibrücker Liste’ im Rahmen des Einzelhandelskonzeptes möglich sind.“

Die Zweibrücker Liste regelt, welche Waren (wie Bekleidung, Porzellan, Spielwaren oder Elektrogeräte) zum Schutz der Innenstadt nicht auf der Grünen Wiese neu angesiedelt werden dürfen und was dort erlaubt ist (etwa Teppiche, Fahrräder, Möbel oder Elektrogroßgeräte).

Das Zweibrücker Einzelhandelskonzept sei „in die Jahre gekommen“, erinnert Moulin daran, dass die Liste aus 2000 stammt und zuletzt vor zehn Jahren überarbeitet wurde. Seitdem habe sich die Situation im Einzelhandel „stark verändert; so ist zum Beispiel die Konkurrenz durch das Internet für den stationären Einzelhandel immer größer geworden“. Die Stadtverwaltung solle nun „insbesondere aufzeigen, welche Entscheidungen des Stadtrats nötig sind und wie ein entsprechender Zeitplan aussehen könnte“, schreibt Moulin. „Auf dieser Basis sollten dann die weiteren Beratungen in den zuständigen Ausschüssen erfolgen können.“

Ihre eigene Position habe die SPD noch nicht festgelegt, sagte Moulin gestern auf Merkur-Nachfrage. Zunächst müssten die Fakten auf den Tisch und zum Beispiel analysiert werden, welche Sortimente aus der alten Liste es überhaupt noch in der City gibt. Zudem sei nach seiner Überzeugung „das Internet heute für den Einzelhandel eine größere Bedrohung als früher die Grüne Wiese allein“. Was folgt daraus? Sollte man nun Neuansiedlungen auf der Grünen Wiese nicht mehr als Konkurrenz für die Innenstadt sehen, sondern als Lockmittel, überhaupt Menschen zum Einkaufen nach Zweibrücken zu bringen? Oder müsste man, wenn man als Stadtrat das Internet-Shopping nicht verhindern kann, jetzt nicht erst recht eine strenge Ansiedlungspolitik auf der Grünen Wiese verfolgen? Es gelte bei allen denkbaren Maßnahmen „zu prüfen, ob das Ziel mit diesen Maßnahmen besser also ohne sie erreicht wird oder ob sie das Ziel verhindern“, nennt Moulin als Grundsatz. Dabei sehe er einen „Spagat: Einerseits will man die Dinge bewahren, die man in der Innenstadt hat, auch durch das oft große Engagement von Einzelhändlern. Anderserseits hat es keinen Sinn, Dinge zu schützen, die es nicht mehr gibt.“

Die SPD knüpft in ihrem Antrag zur Zweibrücker Liste ausdrücklich an ihren im März 2015 vom Stadtrat beschlossenen Antrag an, die Stadtverwaltung solle ein Konzept zur Erweiterung der Innenstadt-Kernzone vorlegen. Moulin sagt, er halte etwa für gut vorstellbar, das ehemalige Brauereigelände in die Kernzone mit aufzunehmen und so für Einzelhandels-Ansiedlungen zu öffnen: „Die Parkbrauerei würde sich als Abschluss der Einkaufs-Achse anbieten. Wichtig bei jeder Erweiterung der Kernzone ist, dass Geschäfte zu Fuß von der Fußgängerzone gut erreichbar sind und auch Parkplätze in der Nähe sind.“ Das sei beim Brauereigelände mit den Parkplätzen in der Uhlandstraße und an der Hallplatzgalerie der Fall. Passiert sei seit dem Antrag vor drei Jahren seines Wissens nichts, so Moulin. Ein Blick ins Merkur-Archiv zeigt sogar: Schon 2012 hatte Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD) gesagt, eine Ausdehnung der Innenstadt könne Zweibrücken konkurrenzfähiger machen, 2013 stellte die damalige SPD-Fraktionschefin Sabine Wilhelm eine Initiative hierzu vor – und Anfang 2014 legten die Ratsfraktionen auf Bitte von Pirmann Vorschläge für die Überarbeitung von Kernzone und Zweibrücker Liste vor. Dabei zeichnete sich eine breite Mehrheit für eine zumindest behutsame Ausdehnung der City ab. Daraufhin wollten Stadtverwaltung und Stadtrat eigentlich ein (auch aus raumordnungsrechtlichen Gründen wichtiges) Gutachten für ein neues Zweibrücker Einzelhandelskonzept vergeben. Doch dabei ist man bis heute keinen Schritt vorangekommen, bestätigten gestern Moulin und Stadtsprecher Heinz Braun. Dieser begründete dies mit überraschenden Ereignissen wie der Flughafen-Schließung und den daraufhin folgenden Stadtentwicklungsprojekten, dem Aus des Evangelischen Krankenhauses und nun auch noch der langfristigen Erkrankung von Oberbürgermeister Pirmann. „Wir müssen das aber irgendwann mal angehen.“ Wobei Braun persönlich anmerkt, „dass letztlich nicht Verwaltungs-Vorgaben, sondern die Kunden entscheiden, ob auf der Grünen Wiese, in der Innenstadt oder im Internet eingekauft wird“. Braun erinnerte auch daran, dass gerade mehrere Geschäfte in der City ihre Schließung auch mit der stark gewachsenen Online-Konkurrenz begründen (wir berichteten, siehe auch Bildtext).

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