Soccer-Girls aus drei Favelas

Zwei Tage WM-frei geben mir endlich mal wieder die Möglichkeit, über Wichtigeres zu schreiben. Nämlich: Fußball.

 Fußball und Englisch lernen diese 14- bis 20-Jährigen. Foto: Gab

Fußball und Englisch lernen diese 14- bis 20-Jährigen. Foto: Gab

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Doch diesmal geht es nicht um die Weltmeisterschaft, sondern um ein ambitioniertes Programm, das sich neben dem runden Leder auch Englischunterricht und die Verbesserung von Bildungs- und Lebenschancen auf die Fahne geschrieben hat.

Vergangenen August hat die Amerikanerin Shanna Farrar Adderley eine Reihe von Armenvierteln in Rio besucht, weil sie ein Fußballprogramm für Kinder auf die Beine stellen wollte. Fußball ist in Rio überall. Und so hatte auch jede Favela bereits ein Angebot. Nach Mädchen suchte die Trainerin jedoch vergeblich. "Jungs haben hier die Möglichkeit, vom vierten Lebensjahr an trainiert zu werden", erzählt mir Shanna. "Wenn sie zehn sind, haben sie bereits eine Spielstärke erreicht, die an die von amerikanischen Highschool-Teams heranreicht." Shanna fing an, die Trainer der Fußballmannschaften und die Leute in den Favelas zu fragen, warum es keine Programme für Mädchen gebe. "Ich erhielt immer die gleiche Antwort: Fußball ist ein Männersport ." In den USA wird Frauenfußball groß geschrieben, und schnell war die Idee zu einem Fußballteam nur für Mädchen geboren. In der Nähe der Favela Vidigal in der Südzone Rios fand Shanna nach Monaten der Suche endlich ein Feld, das sie für ihr Programm nutzen konnte. "Der Platz ist ein schmutziger Sandplatz, nichts Aufregendes, aber er erfüllt seinen Zweck", erzählt sie. Neben dem sportlichen Training erhalten die Mädchen auch Englisch-Unterricht . Die ersten paar Wochen fand der einfach auf dem Spielfeld statt und sei leider ein paar Mal wegen Regen ausgefallen. Mittlerweile werden die Mädchen in einem Raum im Sheraton-Hotel unterrichtet. "Ein viel besseres Lernumfeld. Außerdem kommen die Mädchen so mit einer für sie ganz fremden Welt in Berührung. Das sorgt für viel Aufregung, ist aber auch Ansporn, es einmal weit zu schaffen." Shannas Mann arbeitet im Bildungsbereich und hat viele Kontakte zu Universitäten in den USA. Die beiden arbeiten an einem Austauschprogramm für junge Sportler und wollen auch ein Sportstipendium für talentierte brasilianische Jugendliche auf die Beine stellen.

Derzeit trainieren zwischen zehn und fünfzehn Mädchen im Alter zwischen 14 und 20 Jahren mit Shanna. Es sei nicht immer einfach, alle bei der Stange zu halten. Und gerade am Anfang sei es wichtig gewesen, erst einmal das Vertrauen der Mädchen zu gewinnen. "Mittlerweile posten sie Fotos ihrer Mannschaft auf Facebook und erreichen so immer mehr interessierte Freundinnen." Derzeit kommen Mädchen aus drei verschiedenen Favelas, zwei weitere Gemeinden haben bereits Interesse gezeigt.

Das Foto entstand übrigens nach einem MTV-Interview, das im Umfeld der Weltmeisterschaft ausgestrahlt werden soll. Sogar die ehemalige US-Profifußballerin Julie Foudy hat den Mädchen bereits einen Besuch abgestattet. Und, wer weiß, vielleicht schafft es ja eine von ihnen bald zu einem Gegenbesuch.

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