Serie Sehnsuchtsort Urlaub Strand, Seesalat und italienische Brötchen

Wie alle fahren im Laufe unseres Lebens unzählige Male in die Ferien. Unter diesen vielen Urlaubszielen gibt es aber einzelne, die für uns von besonderer Bedeutung sind; weil wir so oft da waren, weil es der erste Urlaub mit Partner oder Kind war, oder, oder oder. In einer Serie stellen Merkur-Mitarbeiter und Leser ihre ganz persönlichen Sehnsuchtsorte vor. Heute: San Benedetto del Tronto an der italienischen Adria.

 Der Autor in jungen Jahren und mit damals noch tadelloser Figur in der Adria. Im Hintergrund die legendären Steine.

Der Autor in jungen Jahren und mit damals noch tadelloser Figur in der Adria. Im Hintergrund die legendären Steine.

Foto: privat

Ein Schulhof in den frühen 80ern. Sommer. Große Pause. Ich liege auf einer Bank. Die Augen geschlossen. Kinder lachen und schreien. Der Wind rauscht in den Bäumen. Der Wind? Nein, das ist das Meer. Die Adria genau genommen. Das Geschrei kommt von Kindern die im Wasser spielen. Am Strand. Die sich durch die Reihen der Liegestühle jagen. In San Benedetto del Tronto. Provinz Ascoli Piceno, Region Marken, Land Italien.

Allein der Name ist magisch. Einfach mal langsam und laut aussprechen … wow! Wir machen dort in meiner Kindheit gefühlt jedes Jahr einmal Urlaub (in Wirklichkeit viel weniger). Weil meine Oma da eine Ferienwohnung hat, in der sie ihre Sommer verbringt. In der Wohnung oben links in dem Sechs-Parteienhaus in der Via Zandonai. Es ist der Balkon mit den üppigen Geranien, oder „Geraahnschen“, wie meine Oma sagt. Die sie täglich mit dem Gießkännchen inspiziert. Welke Blätter abzupft.

Die Wohnung ist klein und mit ihr und meiner vierköpfigen Familie schon fast überfüllt. Der große Balkon ist der einzig sinnvolle Aufenthaltsort. Morgens essen wir hier „deutsche“ Nutella auf den merkwürdigen italienischen Versuchen, deutsche Brötchen zu imitieren. Brötchen, die unsere Oma, während wir noch alle geschlafen haben, im Supermarkt um die Ecke besorgt hat. Abends und wenn das Wetter mal schlecht ist, wird am Tisch gespielt. Vermutlich Canasta und dergleichen.

Die Wohnung ist aber eigentlich Nebensache. Haupt-Sensation ist der Strand. Den Weg könnte ich bis heute mit geschlossenen Augen gehen: vom braun gestrichenen Gartentor links bis zum kleinen Fußweg vor dem Hotel Bernard. Die Stelle ist nicht zu verfehlen, dort miefen nämlich die Müllsäcke der angrenzenden Häuser vor sich hin. Dieser Geruch ist so prägend, dass mich bis heute im Sommer jeder vorbeifahrende Müllwagen an die Italien-Urlaube erinnert (nicht sehr schmeichelhaft, ich weiß). 50 Meter geradeaus bis zu den Tennisplätzen mit der wackeligen Tribüne, dann rechts bis zur Straße. Von hier kann man die Strandpromenade und das Meer schon sehen. Jetzt noch über die Straße. Tadaa!

Unser Strand ist kein Hotel-Schickimicki-Strand. Es ist eine notorisch provisorisch wirkende Waschbeton-Angelegenheit. Regiert von einem quirligen Mann mit Pepita-Hut (oder so). Manchmal lädt er uns zum Mittagessen mit der Familie ein.

Es gibt einen Kiosk, ein paar Reihen weiß-blauer Kabinen, zwischen denen man sich als Kind prima verstecken kann, sofern einen der Urin-Geruch nicht stört, eine Dusche und natürlich Sonnenschirme mit Liegestühlen und Sonnenliegen.

Wir sitzen ganz vorne. 50 Meter trennen uns vom Meer. Am Ufer Holz-Ruderboote mit sehr charakteristischem Design, auf denen „Salvataggio“ steht. Im flachen Wasser Muscheln, kleine Fische, manchmal Seesalat, mit dem man sich prima bewerfen kann. Wer richtig mutig ist, kann mit einem Erwachsenen „um die Steine schwimmen“. Die riesigen Brocken sind entlang der Küste als Wellenbrecher aufgeschüttet. Komplett Verrückte klettern sogar auf die Steine. Dabei sind die mit Muscheln verkrustet, man kann sich blutige Schrammen zuziehen; außerdem krabbeln hier lebendige Krebse (oder Kraben?) herum.

Wenn wir Glück haben, gehen wir nach so einem Strandtag auswärts essen. Erst mal heim und duschen, dann ab auf die Promenade. Vorbei an blinkenden Spielsalons, in die wir nicht dürfen. Vorbei an Kiosken, an denen wir keine Comics kaufen. Tausende Menschen sind wie wir unterwegs. Dann irgendwo essen. Vermutlich Pizza, Pasta, Schnitzel. Vielleicht noch ein Eis zum Abschluss? Im Urlaub geht so Einiges. Genug jedenfalls, dass man sich abends, wenn man schwitzend im orangen Etagenbett liegt, auf den nächsten Tag freut. Und auf der Bank auf dem Schulhof auf den nächsten Italien-Urlaub. Jan Althoff

Was ist ihr magischer Urlaubsort? Erzählen Sie uns, was Sie mit diesem Ort verbindet. Vielleicht haben Sie sogar ein Foto? Schicken Sie uns einfach eine Mail mit Ihrer Adresse und Telefonnnumer an merkur@pm-zw.de oder schreiben Sie uns ganz altmodisch per Post an Pfälzischer Merkur, Hauptstraße 66, 66482 Zweibrücken.

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