Sechseinhalb Jahre Haft wegen Missbrauchs

Zweibrücken · „Vielleicht waren die angeklagten Taten nur die Spitze des Eisbergs“, sagte Richter Schubert am Freitag in seiner Urteilsbegründung. Das Landgericht Zweibrücken verurteilte einen 52-Jährigen wegen wiederholten sexuellen Missbrauchs.

Ruhig, gefasst, fast regungslos nahm der Angeklagte (52) im Landgericht Zweibrücken seinen Urteilsspruch von Richter Michael Schubert entgegen: "Sechseinhalb Jahre Haft wegen mehrfachen sexuellen Missbrauchs!" Ins Gefängnis muss der arbeitslose Mann vorerst aber nicht. Der Antrag der Staatsanwaltschaft Zweibrücken auf sofortigen Erlass eines Haftbefehls wurde abgelehnt. Die Begründung: "Keine Fluchtgefahr. Der Angeklagte hat sich dem Verfahren stets gestellt", betonte der Vorsitzende Richter Michael Schubert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Rechtsanwalt Max Kampschulte (40) aus Zweibrücken , Verteidiger des Angeklagten, sagte: "Es gibt noch offene Fragen. Ich prüfe die Möglichkeit einer Revision."

Nach Überzeugung der Strafkammer hatten sich die Taten in zwei Wohnungen im Landkreis Südwestpfalz genauso ereignet, wie sie in der Anklage von Staatsanwalt Christian Heinekamp beschrieben worden sind. "Vielleicht waren die angeklagten Taten sogar nur die Spitze des Eisbergs", sagte Richter Schubert in seiner 24-minütigen Urteilsbegründung.

Das Opfer wurde zwischen Sommer 2007 und April 2010 im Alter zwischen zehn und 13 Jahren immer wieder sexuell missbraucht. Abwechselnd im Bett und auf einem Sofa. Der verurteilte Mann war ein langjähriger Freund der Mutter des Opfers. In ihm sah das Mädchen einen Art Vater-Ersatz, so Richter Schubert. Weiter: "Sie suchte menschliche Nähe und Zuwendung."

Das heute 18 Jahre alte Opfer war bei der Urteilsverkündung nicht im Gerichtssaal. "Sie kann nicht im selben Raum sein, wie ihr Peiniger", sagte ihre Rechtsanwältin Daniela Medina (44) aus Geldern (Nordrhein-Westfalen), die das Opfer als Nebenklägerin vor Gericht vertrat im Gespräch mit unserer Zeitung. Sie telefonierte nach dem Urteil mit ihrer Mandantin. Die Juristin: "Für meine Mandantin war das ein guter Tag. Für sie war es wichtig, das man ihr glaubt und das ihr Peiniger verurteilt worden ist. Die Höhe der Strafe ist ihr nicht wichtig. Nur der Schuldspruch war entscheidend. Jetzt kann sie endlich zur Ruhe kommen und alles verarbeiten."

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