Personelle Turbulenzen Schlechtes Arbeitsklima bei der Stadt Zweibrücken? Studie geplant

Zweibrücken · Zweibrücken verliert seinen wohl wichtigsten Amtsleiter an die Uni Saarbrücken. Das hat Gerüchte über schlechte Stimmung in der Stadtverwaltung befeuert. Julian Dormann wechselt zwar aus anderen Gründen. Aber auch eine weitere wichtige Amtsleiterin wäre beinahe gegangen – zudem sind viele Stellen unbesetzt. Was sind die Ursachen? Und wie reagiert die Stadt?

Gerät das Zweibrücker Rathaus presonell in Schieflage? Viele Stellen sind unbesetzt, bald geht auch einer der wichtigsten Amtsleiter.

Gerät das Zweibrücker Rathaus presonell in Schieflage? Viele Stellen sind unbesetzt, bald geht auch einer der wichtigsten Amtsleiter.

Foto: Lutz Fröhlich

Gibt es in der Stadtverwaltung Unzufriedenheit mit der Stadtspitze – und infolgedessen Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu halten? Entsprechende Gerüchte haben in den vergangen Wochen die Runde gemacht, weil ein wichtiger Amtsleiter die Verwaltung verlässt – und eine weitere wichtige Amtsleiterin Abwanderungswünsche hatte.

Mehrere Merkur-Gespräche mit Führungskräften, anderen Beschäftigten und Arbeitnehmervertretern ergeben kein einheitliches Bild. Zwar wird teils von Entscheidungsschwäche des Stadtvorstands (Oberbürgermeister Marold Wosnitza, SPD, sowie Bürgermeister Christian Gauf und Beigeordnete Christina Rauch, CDU) gesprochen und dem OB ausbaufähige Wertschätzung nachgesagt. Andere weisen solche Vorwürfe entschieden zurück.

Ist Zweibrücker Stadtspitze führungsstark und wertschätzend genug?

Viele sehen zwar Probleme – die seien aber nicht größer als in anderen Verwaltungen und teils unvermeidbar: So bräuchten Bebauungspläne wie für das „Wohnen am Kirchberg“ halt viel Zeit, um rechtssicher zu sein. Dem entgegnen wiederum andere, unter Wosnitzas (im Amt verstorbenen) Vorgänger Kurt Pirmann (SPD) seien Projekte wie die Neugestaltung der Fußgängerzonen entschlossener und zügiger vorangebracht worden. In der Zeitung identifizierbar sein wollen aber weder Kritiker noch Verteidiger der Stadtspitze.

Teils wird auch darauf verwiesen, dass die langen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie das Arbeitsklima belastet hätten.

 Verlässt das Zweibrücker Rathaus im Frieden, hinterlässt aber große Fußstapfen: Kämmereileiter Julian Dormann.

Verlässt das Zweibrücker Rathaus im Frieden, hinterlässt aber große Fußstapfen: Kämmereileiter Julian Dormann.

Foto: Lutz Fröhlich

Fakt ist: Kämmereileiter Julian Dormann hat gekündigt. Und die Stadt verliert damit ihren wohl wichtigsten Amtsleiter, denn angesichts des Zweibrücker Schuldenbergs hat der Kämmerer eine Schlüsselposition. Andererseits: An mangelnder Wertschätzung kann es offensichtlich kaum liegen, dass der seit Anfang 2016 amtierende Dormann geht. Denn kein anderer Amtsleiter wird im Stadtrat so oft gelobt wie Dormann, der nicht nur die Stadthaushalte ausgeglichener gestaltet hat als jahrzehntelang üblich, sondern auch für seine transparenten Erklärungen und seine konstruktive Art hoch geschätzt ist.

Kämmerer Julian Dormann: Wechsele nicht aus Unzufriedenheit

Und Dormann selbst betont auf Merkur-Anfrage, dass er keineswegs aus Unzufriedenheit den Arbeitgeber wechselt. Der promovierte Betriebswirt tritt zum 1. August seine neue Stelle an – als Haushalts- und Finanzdezernent der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Nach Merkur-Informationen ist diese Stelle mit A 16 deutlich höher dotiert als Dormanns bisherige Stelle (A 14).

Wichtiger sei ihm die neue Herausforderung mit noch deutlich mehr Verantwortung, betont Dormann: Der Haushalt der Saar-Uni sei dreimal größer als der Zweibrücker Stadthaushalt. Die Universität hat zudem die achtfache Beschäftigtenzahl. Mit Mitte 40 habe er sich für diesen Karriereschritt entschieden, sagt Dormann. Er verlasse die Stadtverwaltung Ende Juli aber auch mit einem weinenden Auge. Denn er habe sehr gerne und sehr vertrauensvoll mit den Menschen dort zusammengearbeitet, auch denen an der Stadtspitze. „Ich fühle mich ausgesprochen wohl hier.“

„Warum bedauert der Oberbürgermeister bzw. der Stadtvorstand den Weggang von Dormann besonders?“ Auf diese Merkur-Frage mailt die städtische Pressestelle: „Jeder Weggang eines Mitarbeiters / einer Mitarbeiterin ist für die Verwaltung ein Verlust.“

Stadt: Tarifvertrag und Beamtenrecht verhindern Flexibilität

Hat die Stadt versucht, den Kämmereileiter zu halten, wenn ja wie, zum Beispiel durch eine Gehaltserhöhung/Leistungszuschlag? Wäre Letzteres überhaupt möglich angesichts von Tarifvertrag und dem von der ADD (Kommunalaufsicht) auferlegten harten Sparkurs? Auf diese Frage antwortet die Stadt-Pressestelle: „Es wurden Gespräche geführt. Über deren Inhalt können wir jedoch keine Auskünfte erteilen, da diese intern stattfanden und personalrechtlicher Natur sind. Aufgrund beamtenrechtlicher Regelungen sowie dem Tarifvertrag sind uns hier enge Grenzen gesetzt und eine Flexibilität kaum möglich.“

Die Dormann-Nachfolge sei intern und extern ausgeschrieben worden. Zur Zahl der Bewerbungen erteilt die Stadt keine Auskunft, da es sich „um ein laufendes Verfahren“ handele: „Wir können Ihnen aber mitteilen, dass aufgrund von bereits terminierten Vorstellungsgesprächen eine Auswahl durch ein internes Gremium getroffen wird und das Ergebnis dann gemäß Gemeindeordnung in den Stadtrat gegeben wird.“

Auch Dormanns Stellvertreter ist nicht mehr lange da

Nicht als dauerhafter Nachfolger infrage kommt Dormanns Stellvertreter Bruno Maier, der 2015 das Amt schon kommissarisch geführt hatte. Denn Maier geht 2024 in Ruhestand. Er hoffe Ende Juni, das Datum sei aber noch offen, so Maier auf Merkur-Anfrage.

Hauptamtsleiterin Alessa Buchmann zieht Bewerbung zurück

Mehrere Wochen sah es auch so aus, als würde die rund 600 Köpfe starke Stadtverwaltung auch ihre seit Oktober 2019 amtierende Hauptamtsleiterin verlieren: Alessa Buchmann machte kein Geheimnis daraus, dass sie sich bei der Gewobau (städtische Gesellschaft für Wohnen und Bauen) um die ausgeschriebene Stelle „Büroleiter:in der Geschäftsführung“ beworben hatte. „Ich finde die Stelle interessant“, hatte Buchmann Ende März auf Merkur-Anfrage ihre Motivation erklärt, sich zu bewerben, obwohl die Gewobau-Stelle etwas schlechter bezahlt ist als ihre jetzige. Laut Ausschreibung geht es bei der Büroleitung insbesondere um „Mitwirkung bei strategischer Ausrichtung des Unternehmens, Terminüberwachung, Vorbereitung von Sitzungen und Besprechungen“, zudem unter anderem um „Projektmanagement von Initiierung und Planung über Leitung von Projektteams“.

Alessa Buchmann bleibt der Stadt nun doch erhalten: Die seit Herbst 2019 amtierende Hauptamtsleiterin hat ihre Bewerbung bei der Gewobau zurückgezogen.

Alessa Buchmann bleibt der Stadt nun doch erhalten: Die seit Herbst 2019 amtierende Hauptamtsleiterin hat ihre Bewerbung bei der Gewobau zurückgezogen.

Foto: Nadine Lang

Diese Woche aber sagte Buchmann auf erneute Anfrage nach dem Stand der Dinge: „Ich habe meine Bewerbung aus persönlichen Gründen zurückgezogen.“ Sie bleibe bei der Stadtverwaltung. Dass das Arbeitsklima ein bisschen schlechter als in vielen Unternehmen sei, sei in vielen Verwaltungen zu beobachten. Schon im ersten Telefonat hatte Buchmann gesagt, es sei „kein Krach“ Anlass für ihre damalige Wegbewerbung gewesen.

Zweibrücken führt keine Statistik über Kündigungen

Der Merkur hat die Stadt auch gefragt, wie viele Beschäftigte in den vergangenen zehn Jahren und dieses Jahr der Stadt gekündigt haben. „Hierzu liegt uns keine Statistik bzw. Analyse vor“, antwortet die Pressestelle. Klar ist aber: Beim Personal gibt es Engpässe: „Aktuell gibt es 23,85 freie Stellen (Vollzeitäquivalente) bzw. es fehlen 28 Personen.“ Vergleichszahlen der vergangenen zehn Jahr nennt die Stadt nicht.

„Fluktuation und Fachkräftemangel ist kein singuläres Problem“

Weitere Merkur-Frage: „Teils wird der Weggang des Kämmereileiters und der Wechsel-Wunsch der Hauptamtsleiterin auch nach unseren Recherchen verwaltungsintern als Warnsignal gesehen, dass das Arbeitsklima in der Stadtverwaltung zu wünschen übrig lassen. Wie sehen der OB bzw. der Stadtvorstand das Arbeitsklima, sehen sie diesbezüglich Verbesserungsbedarf, wenn nein warum nicht, wenn ja in welcher Hinsicht & was ist geplant? Gibt es ein Monitoring der Arbeitszufriedenheit in der Stadtverwaltung oder ist beabsichtigt, so etwas einzuführen? Wann gab es ein solches Monitoring zuletzt?“

Die Pressestelle antwortet: „Das Problem von Fluktuation und Fachkräftemangel ist kein singuläres Problem, welches nur in Zweibrücken besteht. Die Thematik wurde bereits beim Deutschen Städtetag angesprochen und wird in eigens hierfür gebildeten Workshops beim bzw. mit dem Städtetag RLP thematisiert. Eine Studie zur Arbeitssituation ist durch uns bereits beauftragt und wird in Kürze begonnen. Die Ergebnisse werden entsprechend ausgewertet. Aufgrund beamtenrechtlicher Regelungen sowie dem Tarifvertrag sind uns hier enge Grenzen gesetzt und eine Flexibilität kaum möglich.“

Zur Zeit des OB Helmut Reichling gab es eine Mediation

2008/09 hatte es es sogar eine mehrmonatige „Mediation zur Zusammenarbeit innerhalb der Stadtverwaltung“ gegeben, nachdem es viel Kritik am damaligen Oberbürgermeister Helmut Reichling (parteiunabhängig) gegeben hatte – der durch den Mediator am Ende aber entlastet wurde. Diesmal rief keiner der Merkur-Gesprächspartner nach einer Mediation.

Ein Merkur-Gesprächspartner erklärt, wie in vielen öffentlichen Verwaltungen hätten gerade jüngere Kollegen oft weniger Bindung an „ihren“ Arbeitgeber als früher üblich. Wenn dann ein Wechsel zu privaten Arbeitgebern auch finanziell lukrativ sei, komme es häufiger als früher zu Wechseln.

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