Man kennt von Dir bisher eher Texte für Erwachsene. Warum jetzt ein Kinderbuch?
Interview mit der Autorin Sarina Keller „Die kleinen Kinder sind tatsächlich die Basis“
Die Zweibrücker Autorin und Merkur-Kolumnistin hat mit „Kamis mutige Reise ins Unbekannte“ ein Kinderbuch veröffentlicht.
Kamis mutige Reise ins Unbekannte“ heißt das Kinderbuch der Zweibrücker Autorin Sarina Keller, das sie am Sonntag um 14.30 Uhr im Valentins Wirtshaus in Zweibrücken vorstellt. Im Merkur-Interview erzählt sie, wie es dazu kam.
Sarina Keller Weil es entstanden ist. Texte fließen bei mir, ähnlich wie bei der Kolumne, meistens spontan. Ich habe auch meinen Kindern immer schon kleine Geschichten erzählt. Hätte die auch immer gern aufgeschrieben, aber dazu kam’s irgendwie noch nicht. Die Geschichte selber ist aus Zufall entstanden, weil eine Freundin mir ein Foto geschickt hat. Sie dekoriert gerne und sie hatte im Herbst einen Kürbis auf ihrer Terrasse stehen und da saß plötzlich eine kleine Schnecke drauf. Und dieses Foto „Kürbis mit Schnecke obendrauf, am Stiel klebend“ hat sie mir geschickt, wie man das halt so macht von Freundin zu Freundin. Dann habe ich mich an diesem Herbsttag, weil ich Lust hatte zu malen, mit meinen Pastellkreiden und dem Skizzenblock in meinen Schaukelstuhl gesetzt und einen Kürbis mit Schnecke gemalt. Und weil ich mal Zeit und Muße hatte an diesem Tag, sind mehrere Bilder entstanden. Und daraus ist von alleine erst einmal eine Bildergeschichte entstanden. Im zweiten Schritt habe ich die ersten Texte an die Seite geschrieben – und da war’s schon da, das Kinderbuch.
Ohne zu viel zu verraten: Wer ist Kami und was ist ihre Geschichte?
Keller Kami ist eine Schnecke mit Schneckenhaus, die auf einem Kürbis wohnt. Sie macht sich auf eine Reise und stellt sich dabei ihrer Angst. Ihre Reise ins Unbekannte. Dieses Unbekannte, das irgendwie lockt, vor dem man irgendwo aber trotzdem Angst hat. Darum geht’s. Und um Neugier. Weil ganz ohne Neugier ist kein Vorwärtskommen.
Deine Kinder sind ja schon älter und auch in der Schule hast Du mit Kindern zu tun, die mindestens zehn Jahre alt sind. „Kami“ richtet sich jetzt aber, lese ich, an Kinder ab drei Jahren. Wie kommt das?
Keller Weil ich mir schon seit einer Weile – auch als Pädagogin – Sorgen mache, dass Kinder weltweit keine Lobby haben und wir das Potenzial verlieren, das in Kindern steckt. Und da diese Geschichte ja sehr spontan entstanden ist und im Prinzip aus Bildern erwachsen ist und Bilder und die Bildsprache durchaus typisch sind für Kinder, hat sich das ergeben. Außerdem habe ich ja wie gesagt früher schon Geschichten erzählt. Ganz grundsätzlich bin ich der Meinung, dass wir als Gesellschaft, als Menschen, als Politiker, als Pädagogen mehr Zeit in die Kinderzeit stecken sollten. Weil das die Basis für Alles ist. Dieses Entwicklungsfenster beginnt ja sehr früh, nicht erst bei den Kindern, die ich etwa in der Schule betreue. Kleine Kinderseelen haben schon viel erlitten, wenn sie zum Beispiel in der Schule zu mir kommen. Es ist mir unendlich wichtig, dazu beizutragen, dass Kinder stärker werden, dass sie eine gesunde Seele haben, dass sie sich selbst finden, sich selbst schätzen. Dass sie sich dadurch entfalten und ihren Weg finden. Die kleinen Kinder sind tatsächlich die Basis. Und auch die Arbeit mit den kleinen Kindern ist die Basis. Ich würde auch selber gerne mehr mit kleinen Kindern arbeiten, um sie so früh wie möglich in sich selbst zu festigen. Ich finde, das ist der Schlüssel für eine positive Gesellschaft.
Was war Dir wichtiger: Die Botschaft oder die Geschichte selber?
Keller Ich denke, das fließt alles ineinander. Die Botschaft drückt sich aus in der Geschichte und den Bildern und den Farben. Die Geschichte transportiert die Botschaft und die Botschaft kommt ja auch nur dann an, wenn die Geschichte so ist, dass man sich hineinfühlen kann.
Hattest Du Testleser für die Geschichte und wenn ja, hast Du nach deren Feedback etwas an der Geschichte geändert?
Keller Ja, ich hatte Testleser. Als Erstes habe ich es meiner Schwester gezeigt, die auch Mama ist, ich habe es meinen Kindern gezeigt, meiner Nichte und meinen Freundinnen (eine von denen ist Erzieherin), die auch Mamas sind und teilweise auch noch kleinere Kinder haben. Dann hab ich es mit einer befreundeten Pädagogin durchgelesen, durchgedacht. Damit die Botschaft rüber kommt und es für Kinder klar genug ist. Verändert wurden Kleinigkeiten. Geblieben ist, was mir sehr wichtig ist, Wiederholungen, weil wir über Wiederholungen lernen. Geblieben sind auch Wörter, die ich einfach mag: Zum Beispiel „schneckenschnellst“ – das gibt’s nicht – jetzt schon. Weil ich es mag, Wörter neu zu finden.
Gerade in Kinderbüchern haben die Namen der Protagonisten gerne etwas zu bedeuten. Wie sieht das bei Kami aus?
Keller Ich bin vorher alle anderen Schneckennamen durchgegangen. An „Schnecki“ kann ich mich noch erinnern, aber das war zu viel „sch“. Das hat mir nicht gefallen. Dann sind wir auf lateinische Schneckennamen gekommen; wir haben versucht, daraus was zu bauen, aber es hat uns nicht gefallen. Obwohl da auch eine Kammschnecke war, was ja schon ähnlich klingt. Ich bin mal über einen sehr schönen Namen gestolpert und von dem habe ich das ein bisschen abgeleitet. Und der bedeutet „Der, der das Glück gefunden hat“. Ich wollte keinen Namen, der mit o endet, weil der nur männlich wäre, oder auf a, dann wäre er nur weiblich. I ist schon gut. Kami. Das ist kurz und knackig und das können Kinder aussprechen.
Was macht für Dich ein gutes Kinderbuch aus?
Keller Viel Platz für Fantasie und Vorstellungen. Mit Bildern, die einladen, sich in das Buch fallen zu lassen und trotzdem Platz genug lassen für eigene Fantasie. Ich mag eine gewisse Freundlichkeit, ein Wohlgefühl, das aus Bildern spricht und aus Texten. Was ich typisch und auch passend finde für Kinderbücher, sind so Sachen, die sich tatsächlich wiederholen und auch ein bisschen eingängig sind – aber nicht übertrieben. „Die Wurzelkinder“ habe ich meinen Kindern vorgelesen. Das war sehr, sehr schön. Das hat auch tolle Bilder und viel Platz. Als ich ein Kind war, gab es ein Buch, da ging es um einen Kasper. Mit dem hat ein Kind immer gespielt und dann wurde es älter, und hat ihn in die Ecke geschmissen. Dann kam der Lumpensammler und hat ihn mitgenommen. Aber irgendwie kam der Kasper auf Umwegen zurück zu dem Kind gekommen. Danach hat der dann ältere Junge ihn sehr, sehr, sehr wertgeschätzt. Da kam auch immer „Ja, wozu ist er denn da?“ – „Ja, zum Spaß machen halt.“ Das hat sich schon eingeschliffen in mein Gedächtnis. Eine solche Passage habe ich in „Kami“ eingebaut und musste dann auch daran denken.
Was kommt als Nächstes?
Keller Das kann ich noch gar nicht sagen. Weil ich mich tatsächlich erst einmal auf dieses Kinderbuch konzentrieren möchte. Ich habe viel zu viele Sachen im Kopf. Ich habe schon im Prinzip fertige Kindergeschichten und -bücher im Kopf. Ich habe auch einen Jugendroman im Kopf. Mir fehlt einfach die Zeit, das alles aufzuschreiben. Ich möchte nicht nur Kinderbücher schreiben. Ich möchte sie auch leben. Ich möchte gerne in Kontakt mit den Kindern treten. Darum finde ich es sehr schön, dass ich diese Lesung machen kann und hoffentlich in Kontakt mit vielen Kindern und Eltern komme. Ich würde wahnsinnig gern dazu beitragen, dass manche Kinder einfach ein, zwei schöne Erinnerungen haben. Zusätzlich. Wenn sie mein Buch lesen oder mein Buch vorgelesen bekommen.