Russland-Experte fordert: Ukraine soll neutraler Pufferstaat werden

Zweibrücken · Mit der Annexion der Krim habe Putin gleich eine ganze Reihe von Verträgen gebrochen, betonte Professor Günther Schmid in der Niederauerbach-Kaserne. Doch Russland fühle sich vom Westen auch schon lange bedroht.

Verfolgt Russland mit der Angliederung der Krim und seiner Ostukraine-Politik legitime Sicherheitsinteressen - oder lässt es mit seinem Vorgehen, die Geopolitik der Vergangenheit im 21. Jahrhundert wieder aufleben? Darüber referierte am Mittwochabend vor rund 60 Zuhörern in der Niederauerbach-Kaserne auf Einladung der Gesellschaft für Sicherheitspolitik Professor Günther Schmid.

Die Annexion der Krim bezeichnete der Russland- und Sicherheitspolitikexperte als Zäsur in der Weltpolitik und machte deutlich, gegen wie viele Verträge und Vereinbarungen Russland damit verstoßen hat. Aus Sicht des Professors war dieser Schritt Teil eines Denkens und Handelns von Putin, welches das Ziel habe, den Zerfall der einst so großen Sowjetunion zu beenden. Schmid erinnerte, wie Putin zwei Staaten zerfallen sah. Einmal die DDR, in der er in den 80er Jahren als KGB-Verantwortlicher in Dresden war, und wenige Jahre später den Zerfall der Sowjetunion. Diese Erfahrungen seien prägend für Putins heutiges Handeln. Dieses hänge aber auch mit dem russischen Sicherheitsgefühl zusammen. Nato und EU seien in den letzten 20 Jahren immer näher an die russischen Grenzen herangekommen, weitere Länder, darunter die Ukraine, wollten ebenfalls in die Bündnisse. Putin fühle sich dadurch schon lange bedroht. Man wolle dem russischen Bären die Taiga wegnehmen, habe Putin dazu kürzlich gesagt. Russland übe sich in der Opferrolle, so Schmid, pflege ein Bild der einsamen gekränkten Großmacht, welche sich die Wunden leckt - anstatt zu hinterfragen, warum es zu diesem Zerfall kommen konnte und diese Vergangenheit aufzuarbeiten.

Der Westen müsse sich fragen, wie er auf Dauer mit dieser Entwicklung umgehe, mahnte Schmid. Die Sanktionen seien effektiv, sie versetzten Putin die nötigen Nadelstiche. Wichtig sei aber auch weiter ein offener Dialog. Ziel müsse sein, die Ukraine nicht in den Westen zu entlassen, aber auch nicht den Separatisten das Feld zu überlassen. Vielmehr könne das Ziel nur sein, einen neutralen Status zu schaffen, um einen Puffer zwischen dem Westen und Russland zu haben. Damit könnten sowohl die EU als auch Putin leben. Ob dies jedoch die Krim wieder zurückbringt, ließ Schmid offen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort