Riesen-Schwindel um Briefkastenfirma aufgedeckt

Saarbrücken · Ein 57-jähriger Unternehmer sitzt wegen Steuerhinterziehung seit einiger Zeit in Untersuchungshaft. Er glaubt wohl, ein Ex-Partner habe ihn verraten. Am Telefon soll er von der Suche nach einem Killer erzählt haben, was sein Verteidiger allerdings bestreitet.

Die Aktiengesellschaft mit Firmensitz in einer Gemeinde im Landkreis Saarlouis und Adressen in der weiten Welt macht nach eigenen Angaben ihre Geschäfte mit ultradünnen Beschichtungen von Glas, Keramik, Edelstahl, Kunststoffen und Textilien. 16 Jahre nach seiner Ausgliederung aus dem Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) an der Universität des Saarlandes steht die Vorzeigefirma im Fokus der Steuerfahndung und der Sonderermittler des Landespolizeipräsidiums. Der 57 Jahre alte Seniorchef S. sitzt seit mehr als sechs Wochen in Untersuchungshaft . Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen ihn, "als Mitglied einer Bande", erhoben und wirft dem Unternehmer mit Adressen in Dillingen, Luxemburg und Portugal nach Angaben ihres Sprechers Christoph Rebmann "diverse Steuerdelikte" vor.

Es geht um 810 000 Euro

Nach Merkur-Informationen geht es um mehr als 810 000 Euro an Umsatz-, Gewerbe- und Körperschaftssteuern. So sollen über einen Zeitraum von zehn Jahren Lieferungen und Rechnungen über eine Firma im luxemburgischen Remich nur vorgetäuscht worden sein, um die Umsatzbesteuerung in Deutschland zu umgehen. Tatsächlich seien die Waren im Saarland produziert und von dort ausgeliefert worden. Die Steuerfahndung und die Polizei gehen wohl davon aus, dass im luxemburgischen Remich nur eine Briefkastenfirma existiert, hinter der eine Schweizer Stiftung steckt, deren Stiftungsrat der jetzt Inhaftierte sein soll.

Telefonat abgehört

Im Haftbefehl gegen den 57-Jährigen sollen auch dessen Überlegungen, einen möglichen Auftragskiller zu suchen, um einen Geschäftspartner aus dem Weg zu räumen, notiert sein. Der Firmenchef glaubte wohl, ein Kollege aus der Branche habe ihn verraten. Offenbar wurde ein Telefonat abgehört. Eingestellt werden nach Informationen unserer Zeitung Ermittlungen wegen Weitergabe von Informationen gegen eine junge Polizistin aus der Familie des Firmenchefs.

Kooperation mit Ermittlern

Verteidiger Peter Schmitt erklärte auf Anfrage unserer Zeitung, der Vorwurf, sein Mandant habe gegenüber einem Dritten erklärt, er suche einen Auftragskiller , um einen Mordauftrag zu erteilen, sei aus der Luft gegriffen. Er sei sich sicher, dieser Vorwurf werde "vollständig entkräftet". Schmitt betonte weiter, sein Mandant habe gegenüber den Strafverfolgungsbehörden klargestellt, "dass sein beanstandetes geschäftliches Verhalten keinesfalls darauf ausgerichtet war, hiermit ein unzulässiges Steuersparmodell zu praktizieren." Er sei bemüht, in Kooperation mit den Ermittlern, den Sachverhalt aufzuklären.

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