Richter finden Zweibrücken wie Timbuktu
Zweibrücken. Die Debatte um den von der neuen rot-grünen Landesregierung geplanten Anschluss des Oberlandesgerichts Koblenz an Zweibrücken sorgt bundesweit für Schlagzeilen. Dabei kommt Zweibrücken nicht immer gut weg. "Mit der Regionalbahn nach Timbuktu" titelte etwa die FAZ am Dienstag
Zweibrücken. Die Debatte um den von der neuen rot-grünen Landesregierung geplanten Anschluss des Oberlandesgerichts Koblenz an Zweibrücken sorgt bundesweit für Schlagzeilen. Dabei kommt Zweibrücken nicht immer gut weg. "Mit der Regionalbahn nach Timbuktu" titelte etwa die FAZ am Dienstag. Und berichtete: "Den Juristen aus dem sonnigen Rheinland erscheint der Umzug oder das tägliche Pendeln mit Zug oder Auto in die 198 Kilometer entfernte Stadt in der rauhen Westpfalz unzumutbar. "Das wäre so, als würde man den UN-Sitz von New York nach Timbuktu verlegen", zitiert die Koblenzer ,Rhein-Zeitung' einen Betroffenen."Da die Stadt Jahrhunderte lang den legendären Ruf eines Ortes hatte, der weit weg und nahezu unerreichbar ist, geriet er in Europa unter anderem zum Synonym für einen weit entlegenen Ort, dessen reale Existenz nicht einmal belegt ist", schreibt Wikipedia über Timbuktu, eine 54 000-Einwohner-Wüstenstadt im westafrikanische Mali: "Heute ist Timbuktu eine arme Stadt, die historische Innenstadt ist von wenigen Ausnahmen abgesehen in einem schlechten Zustand. Ein wenig Einkommen erhält die Stadt durch den Tourismus, vor allem amerikanische Touristen wollen den Mythos des sagenhaften Ortes erkunden. Meist bleiben sie aber nur einen Tag und sind oft vom Besuch enttäuscht."
Ist Zweibrücken wirklich wie Timbuktu? Oberbürgermeister Helmut Reichling, der gerne auch vom "Mythos Zweibrücken" spricht, antwortet: "Zweibrücken hat ein ganz besonderes Flair und ist keineswegs mit Timbuktu zu vergleichen." Er nehme dies aber gelassen, denn er habe noch nie gehört, dass jemand partout nicht nach Zweibrücken wolle: "Die Lage und der Autobahnanschluss sind bei Firmenansiedlungen immer ein Argument für Zweibrücken." Auch kulturell lasse die Region Kaiserslautern-Zweibrücken-Saarbrücken nichts zu wünschen übrig.
Der pensionierte Zweibrücker OLG-Präsident Walter Dury allerdings berichtet: "Es war schon immer ein Problem, Richterkollegen aus der Vorderpfalz nach Zweibrücken zu kriegen - die sagen traditionsgemäß, hinter den Wald fahren wir nicht." Und der Weg zwischen Koblenz und Zweibrücken sei tatsächlich beschwerlich: "Für die Justiz ist es eine Katastrophe, dass wir noch keinen S-Bahn-Anschluss haben." Von der OLG-Fusion halte er gar nichts - Einsparungen seien bis auf den gemeinsamen Präsidenten fast nicht zu erzielen, für Bürger werde es durch die längere Anfahrt teurer.
Der Zweibrücker SPD-Landtagsabgeordnete Fritz Presl findet den Timbuktu-Vergleich "schon dick". Er sei in Mainz damit aufgezogen worden, unter anderem von Landtagspräsident Joachim Mertes. "Aber ich lache darüber. Die Koblenzer qualifizieren sich mit so etwas selbst ab. Richter müssten eigentlich wissen: Zweibrücken liegt genauso zentral wie Koblenz - das ist ja fast in Nordrhein-Westfalen!" Presl findet es zudem "ein bisschen hoch gehangen", dass CDU-Chefin Julia Klöckner ihren Aufruf zu einer Demo heute in Koblenz betitelt "Auf die Straße. Für eine unabhängige Justiz.".
Wie Presl betont auch der Käshofer Grünen-Landtagsabgeordnete Fred Konrad, dass ja das meiste Personal in Koblenz bleiben solle, nur eben als Standort Zweibrückens. Konrad: "Der Personenkreis, der zum Umziehen oder Pendeln gezwungen sein wird, ist so groß wie eine Schulklasse." Wichtig sei das Sparen bei den Verwaltungskosten. Zum Timbuktu-Vergleich sagt Konrad: "Ob es hilfreich ist, eine Region in der Weise zu diskreditieren, müssen sich die Demonstranten selbst überlegen." Die Erreichbarkeit Zweibrückens mit dem Zug sei "tatsächlich verbesserungswürdig - aber da sind wir ja dran". Zurzeit braucht man von Koblenz nach Zweibrücken mit dem Zug rund vier Stunden, mit dem Auto 1:50 Stunden.