Reichling kriegt wegen letztem Platz nicht die Krise

Zweibrücken. Die Stadt Zweibrücken scheint für Krisenzeiten schlecht gerüstet. Das zumindest ergibt eine Studie des Pestel-Instituts in Hannover (wir berichteten). Darin wird die Krisenfestigkeit von 412 deutschen Städten und Landkreisen analysiert. Zweibrücken belegt den letzten Rang

 Ein Schatten liegt auf dem Wachstums-Kurs der Stadt. Foto: jam

Ein Schatten liegt auf dem Wachstums-Kurs der Stadt. Foto: jam

Zweibrücken. Die Stadt Zweibrücken scheint für Krisenzeiten schlecht gerüstet. Das zumindest ergibt eine Studie des Pestel-Instituts in Hannover (wir berichteten). Darin wird die Krisenfestigkeit von 412 deutschen Städten und Landkreisen analysiert. Zweibrücken belegt den letzten Rang.18 Indikatoren aus den Bereichen Soziales, Wohnen, Verkehr, Flächennutzung, Energie und Wirtschaft wurden untersucht. Diese Kriterien beschreiben die Verletzbarkeit einer Region und wie flexibel sie auf Wirtschafts- oder Klima-Krisen reagieren kann. Weit vorne ist Zweibrücken nur beim Ökolandbau, was im Fall einer Nahrungsmittelkrise günstig ist, so Pestel. In 14 Bereichen, von den kommunalen Schulden über die Wohnfläche pro Einwohner bis hin zu Waldflächen und erneuerbaren Energien, landet Zweibrücken im Tabellenkeller. Krisen in der Energieversorgung würden jedoch immer wahrscheinlicher, warnt Pestel.

Zweibrücken schaden bei dieser Studie auch die vielen Beschäftigten in der Industrie. Grund, so Pestel: Gerade die exportorientierte Industrie sei von globalen Wirtschaftskrisen betroffen. "Unser Ziel ist es, Denkanstöße zu liefern und damit zum Hinterfragen der rein ökonomischen Beurteilung von Regionen zu sorgen", erklärt Vorstand Matthias Günther. Die Studie empfehle Kommunen, sich mit möglichen Krisenszenarien stärker zu befassen.

Wenig besser als Zweibrücken auf Platz 412 schneiden die Nachbarkommunen ab: die Kreise Kaiserslautern (322.), Südwestpfalz (354.), Kusel (359.) und Saarpfalz (400.) sowie die Stadt Pirmasens (410.).

Der Zweibrücker Oberbürgermeister Helmut Reichling, zurzeit auf Dienstreise, sagte gestern Abend auf Merkur-Anfrage zu der Studie: "Es handelt sich um ein freies erwerbsorientiertes Institut, das wohl durch besonders bizarre Analysen auf sich aufmerksam machen möchte." Reichling kritisiert die "Werteumkehr" bei "fast allen Indikatoren" gegenüber bisherigen Studien, in denen Zweibrücken bei Zukunftschancen und Dynamik Top-Plätze erreicht hatte. Reichling, der die wachstumskritische Haltung des Instituts nicht teilt, schließt deshalb, "dass der letzte Platz für Zweibrücken in dieser Studie gleichbedeutend mit dem ersten Platz nach wirtschaftlich-soziologischer Wertung ist". Zweibrücken sei auch in guter Gesellschaft, findet Reichling, weil es auf der Studien-Landkarte ebenso als stark gefährdet ausgewiesen sei wie "die Metropolregion Rhein-Neckar, Mainz und Frankfurt, wohingegen die Uckermark und Demmin in Mecklenburg-Vorpommern als absolut krisenfest dargestellt werden." Reichling ist weiterhin überzeugt, dass laut Pestel-Institut "negative" Kriterien wie viele Hausbesitzer, Straßen oder Industriearbeitsplätze für die Zweibrücker in Wahrheit positiv sind.

Hintergrund

Das Pestel-Institut versteht sich als interdisziplinäres wachstumskritisches Forschungsinstitut in der Tradition des Club of Rome. "Nach Ansicht des Instituts stehen wir nicht vor einer noch abwendbaren Krise, sondern befinden uns mittendrin", erklärt Vorstand Matthias Günther.

Klimawandel und Öl-Knappheit zwängen künftig zu einer deutlichen Veränderung der Lebensweisen. Günther: "Durch die bisher eingelaufenen Fakten scheint es erforderlich, sich mit möglichen Krisenszenarien zu befassen." red

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