„Radeln ohne Alter“ Mit Rikscha „Anni“ durch Zweibrücken
Zweibrücken · Nicht einmal ein Jahr hat es gedauert von der ersten Idee, bis die erste Fahrrad-Rikscha in Zweibrücken eingezogen ist. Die frisch geschulten Rikscha-Piloten und die Initiatorinnen von „Radeln ohne Alter“ stellten sie der Öffentlichkeit vor.

Die stolzen Rikscha-Piloten und ihre Ausbilderinnen (vorne von links) Beate Ettmann, Susanne Wolf, Dieter Trompeter, Matthias Wolf, Birgit Sosson, dahinter Peter Schmidt, Caroline Kuhl, Natalie Chirchietti, Michael Meyer, mit ihren Testfahrern Christian Gauf und Norbert Pohlmann (v.l.).
Foto: Cordula von Waldow„Jetzt müssen wir erst einmal selber üben“, lachte Birgit Sosson im Sattel der ersten Zweibrücker Christiana-Rikscha, die kürzlich im Pfarrheim Heilig Kreuz der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Begeistert von der deutschlandweiten Initiative „Radeln ohne Alter“, hatte die Mitarbeiterin des Zweibrücker Jugendamts vor noch nicht einmal einem Jahr die Idee einer Fahrrad-Rikscha in der Rosenstadt. Mit diesem zweisitzigen Gefährt können Senioren und Menschen mit Handicap, die selbst nicht mehr radfahren können und generell eher nicht mobil sind, noch einmal etwas Freiheitsgefühl erleben. Es geht darum, am Leben teilzuhaben, an die frische Luft und in die Natur zu kommen und mit anderen Menschen ins Gespräch. Und auch ein bisschen Abwechslung und Spaß können nicht schaden.
Nicht nur die Zweibrücker Bürgerinitiative „ZW vernetzt“ und „Pro Rad“ waren sofort begeistert. Dank zahlreicher Unterstützer und nicht zuletzt der großzügigen Spende des Fördervereins Reka, der die rund 8000 Euro teure Christiana-Rikscha inklusive der Einschulung auf das ungewöhnliche Gefährt finanziert, realisierte sich das Projekt deutlich schneller, als alle je zu träumen gewagt hätten.
Caroline Kuhl und Natalie Chirchietti vom Dachverband Radeln-ohne-Alter brachten die sorgsam ausgewählte Christiana-Rikscha morgens von Bonn nach Zweibrücken und konnten bereits am frühen Nachmittag an zehn Rikscha-Fahrer die „Fahrerlaubnis-Urkunde“ ausstellen. Sie sind „absolut begeistert“ von dem großen Engagement der Ehrenamtlichen sowie der Unterstützung der Stadt.
Vor fünf Jahren haben sie „Radeln ohne Alter“ ins Leben gerufen und freuen sich über bereits mehr als 80 Standorte bundesweit. Ihrem hochgesteckten Ziel „alle Senioren haben ein Recht auf Wind in den Haaren“ seien sie „heute ein Stückchen näher gekommen“. In einem kurzen Film vermittelten die beiden vor Begeisterung sprühenden Geschäftsführerinnen den mehr als 30 Interessierten den Riesenspaß für die Passagiere ebenso wie für die Rikscha-Piloten selbst.
Neben der Erweiterung des Aktionsradius über ein Seniorenheim hinaus, beugt das für die Passagiere kostenfreie Rickscha-Angebot auch der Einsamkeit im Alter vor. Sie selbst hätten auf diesem Weg eine Art „Adoptiv-Oma“ gefunden. „Man kommt mit den Fahrgästen ins Gespräch“, erklärte Natalie Chirchietti, weshalb die Radfahrer hinten und damit quasi an deren Ohr sitzen. Zudem ist durch den absenkbaren Fußraum das Gefährt barrierefrei zugänglich, sodass selbst Rollstuhlfahrer einfach umgesetzt werden können.
„Ich glaube, ich sitze lieber vorne als hinten“, scherzten Jutta Daniel und Stefan Paul von „ZW vernetzt“. Die beiden begeisterten Radfahrer durften als künftige „Rikscha-Piloten“ einmal das Fahrgefühl als Fahrgast genießen sowie erste Bekanntschaft mit „Anni“ machen. Auf diesen Namen nämlich taufte Birgit Sosson die Rikscha mit dem roten Schutzverdeck und der roten, wasserabweisenden Schutzdecke für die Passagiere mit ein paar Spritzern Sekt auf die Speichen. Sie erklärte: „Der Name der ersten Rikscha muss mit A beginnen, der zweiten mit B und so weiter.“ Während das Dreirad zwar einen weiteren Wendekreis hat, dafür jedoch ein sehr sicheres Balance-Gefühl gebe, findet sie den „Toten Winkel“ vorne, wo die Passagiere den Weg versperren, gewöhnungsbedürftig. Zunächst einmal befördern die frisch ausgebildeten Piloten sich jetzt gegenseitig, um ein Gefühl der Sicherheit zu bekommen, bis die ersten Passagiere einsteigen dürfen.
Eine weitere Herausforderung sei nach wie vor, schöne und geeignete Wegestrecken in und durch Zweibrücken zu finden, um die Senioren zu ihren Lieblingsplätzen zu fahren und sich die Stadt einmal aus ihren Augen zeigen zu lassen. Birgit Sosson freut sich besonders, dass mit Michael Meyer, Geschäftsführer der Stiftung „Lebenswert“ in Blieskastel, auch ein Saarländer dabei ist. Die beiden streben eine „Kooperation ohne Grenzen“ an.