Radar-Frage: Stadt will keine Abzocke

Zweibrücken · Neunkirchen macht mit fest installierten Blitzer-Säulen seit Ende April mächtig Kasse. Dem Beispiel wollen die Zweibrücker Politiker aber nicht folgen. Zwar prüfen sie, vielleicht mobile Blitzgeräte zu kaufen – wenn ja, aber nur, um an sicherheitsrelevanten Stellen Raser zu bremsen. Rechnen könne sich das Ganze wohl ohnehin nur, wenn man einen Partner finde.

 Die Radarsäulen in Neunkirchen wurden bereits Opfer von verärgerten Autofahrern, die sie mit Klebeband verzierten. Foto: pm/hi

Die Radarsäulen in Neunkirchen wurden bereits Opfer von verärgerten Autofahrern, die sie mit Klebeband verzierten. Foto: pm/hi

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Wenn es Brei regnet, sollte man die Löffel hinhalten. Dieser Spruch ist im Zweibrücker Stadtrat seit vielen Jahren zu hören. Neunkirchen freut sich derzeit rasend über volle Löffel: Innerhalb von nur viereinhalb Monaten wurden an sechs Radarsäulen (an drei Stellen installiert) 492 000 Euro eingenommen - das Geld für den privaten Geräte-Eigentümer schon abgezogen.

Doch dieser Brei ist den Zweibrücker Politikern wohl zu heiß. Das Neunkircher Modell komme nicht infrage, war sich der Ratshauptausschuss am Mittwoch in nicht öffentlicher Sitzung einig, so Stadtsprecher Heinz Braun auf Merkur-Nachfrage. Neunkirchen hat zwar bis auf den Bußgeldbescheid-Versand keine Kosten für die Geräte. "Aber die Firma bestimmt, wo sie aufgestellt werden. Mit dem Ziel, viel Geld zu verdienen. Da entsteht bei Bürgern der Eindruck der Abzocke ." Außerdem sänken die Einnahmen bei festen Blitzern durch den Gewöhnungseffekt schnell. Klar sei für Zweibrücker Stadtverwaltung und Hauptausschuss: "Wenn wir eigene Radarkontrollen einführen, dann nur mit mobilen Geräten." Die Räte hätten aber noch viele Fragen. Zum einen zu Unfallschwerpunkten: Denn sollte es städtische Radarkontrollen geben, müsse die Verkehrssicherheit im Vordergrund stehen, nicht das Geld. Zum anderen die Personal- und Sachkosten: Laut Braun könnten diese sogar höher sein als die Einnahmen, weil Zweibrücken relativ klein ist. Wenn, kämen eigene Radarkontrollen nur mit einem kommunalen Partner infrage. Deshalb wolle man mit dem Landkreis Südwestpfalz sprechen. Als naheliegende Messorte sieht Braun Schulen, Kindergärten oder Ortsdurchfahrten wie in Mittelbach, wo laut Messtafeln zwar nur 15 Prozent zu schnell fahren, "aber "mit deutlichen Ausreißern nach oben".

Auch SPD-Fraktionsvize Thorsten Gries, CDU-Chef Christoph Gensch und Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann sagen auf Anfrage, sie bräuchten noch weitere Informationen, um für oder gegen mobile Radargeräte zu entscheiden. Gensch und Gries fänden es gut, wenn die Polizei häufiger auch innerstädtisch blitzen würde - wenn dort Technik und geschultes Personal vorhanden seien, müsse man die Stadtverwaltung nicht "aufblähen", so Gries. Pohlmann nennt als Vorteil eigener Blitzer, dass die Stadt dann die Messstellen selbst bestimmen könne: "Die Polizei macht sich mit innerstädtischen Radarkontrollen ja immer rarer, weil sie gehalten ist, sich auf überörtliche Straßen zu konzentrieren." Am skeptischsten äußert sich Gensch: "Ich persönlich habe eine eher ablehnende Haltung, die Stadt Radarkontrollen durchführen zu lassen." Wenn, da ist er sich mit seinen Kollegen einig, müsse die Erhöhung der Verkehrssicherheit das Ziel sein, nicht Mehreinnahmen.

Gries wundert sich: Oft forderten Bürger Radarkontrollen etwa vor Kindergärten - "aber als in der Kennedy-Straße in Niederauerbach vor ein paar Jahren dann mal geblitzt wurde, waren das meist die Mütter, die ihre Kinder brachten". "Bußgelder können Raser bremsen", erwähnt Pohlmann als Vorteil, andererseits "sollten wir nicht mitten in der Nacht blitzen, wenn das Anwohner weniger gefährdet".

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