Prunkvilla im Dämmerschlaf

Zweibrücken. Seit über 120 Jahren ist das Hilgard-Haus eines der Wahrzeichen von Zweibrücken. Als Prunkstück lässt sich das leer stehende Gebäude derzeit allerdings nicht bezeichnen, vor allem wenn man sich ihm aus Richtung Hilgard-Center nähert. Viele Fensterscheiben sind eingeworfen oder eingefallen, manche werden provisorisch von Holzbrettern verschlossen

 Noch immer ist die künftige Nutzung des leer stehenden Hilgard-Hauses unklar.

Noch immer ist die künftige Nutzung des leer stehenden Hilgard-Hauses unklar.

Foto: pm

Zweibrücken. Seit über 120 Jahren ist das Hilgard-Haus eines der Wahrzeichen von Zweibrücken. Als Prunkstück lässt sich das leer stehende Gebäude derzeit allerdings nicht bezeichnen, vor allem wenn man sich ihm aus Richtung Hilgard-Center nähert. Viele Fensterscheiben sind eingeworfen oder eingefallen, manche werden provisorisch von Holzbrettern verschlossen. Weil es in die kaputten Fenster des denkmalgeschützten Baus reinregnet, muss die Stadt Zweibrücken ihn sichern, wenn es Eigentümer, der Pirmasenser Investor Manfred Schenk nicht tut. Da ist einige Zeit nichts geschehen. "Die Untere Denkmalpflege der Stadt hat ständigen Kontakt zu Herrn Schenk", erklärt Stadtsprecher Heinz Braun auf Merkur-Anfrage. Leider sei dessen Reaktion "etwas zögerlich", bedauert er. Dabei sei "seitens der Stadt natürlich schon der Wunsch da, dass das Ganze möglichst zeitnah umgesetzt würde", so Braun. Schenk selbst zeigt auf Merkur-Anfrage die Bereitschaft, das Nötigste zu tun: "Wir warten auf den nächsten bösen Brief der Stadt und reparieren dann die Schäden." Eine dauerhafte Lösung für das Gebäude ist derzeit weiter nicht in Sicht und die Atmosphäre zwischen aktueller Stadtspitze und Schenk ist belastet (wir berichteten mehrfach), auch wenn Reichling erklärt: "Wenn Herr Schenk kommt, bekäme er jede Hilfe, die wir ihm anbieten können."Wie entstanden die Spannungen? Ein kurzer Rückblick: Seit fast 30 Jahren steht das Gebäude nun leer (siehe "Hintergrund"), dabei gab es schon Überlegungen, dass dort etwa ein Kongress-Hotel einzieht oder ein Ärztezentrum, eine Gehörlosenschule, Musikschule und Teile der Jugendbücherei, was nach Angaben der Stadt aus statischen und finanziellen Gründen scheiterte. Eine "große überregionale Firma" und ein "Software-Haus", das Interesse an 300 Quadratmetern Fläche hat, listete der Manfred Schenk 2008 in einer Absichtserklärung an die Stadt auf. "Am Konzept und der Realisierung des Hilgard-Hauses wird seit der Sicherung gearbeitet", schrieb er damals. 2005 hatte er das Gebäude von den Vorbesitzern Timmer und Steffensky abgekauft. Der Hintergrund, wie ihn Oberbürgermeister Helmut Reichling im Merkur-Gespräch schildert: Die Stadt wollte 2005 auf dem Gelände von der Zweibrücker Gießerei Pörringer+Schindler ein Einkaufszentrum errichten und führte Gespräche mit der Hanseatischen Grundbesitz- und Vermögensgesellschaft (HGV), die heute ein Einkaufscenter in der Canada-Siedlung bauen will und dafür das City-Outlet übernehmen müsste. Das damalige Angebot für das Pörringer-Gelände beinhaltete auch eine Renovierung des Hilgard-Hauses - bis HGV-Mitbewerber Schenk das Gebäude kaufte und dessen Aufmöbelung selbst in Aussicht stellte, falls er das Hilgard-Center errichten darf. Schließlich bekam er den Zuschlag, ohne dass seine Absicht vertraglich festgehalten wurde. Reichling sagt dazu heute, dass er stets auf Schenks "Ehrenwort als Ehrenmann" vertraut habe und es noch tut.

Dach renoviert

Er renovierte das Dach "mit erheblichem finanziellen Aufwand", wie Reichling betont. Doch einmieten wollte sich bis heute niemand. Abhängig von der Ausstattung möchte Schenk einen Quadratmeterpreis von zehn bis 15 Euro erhalten und sagt: "Wir sind noch auf der Suche nach dem richtigen Konzept." Er habe ins Auge gefasst, teils barrierefreie Wohnungen im Haus unterzubringen, doch die könne man am Markt in Zweibrücken nicht platzieren. "Wir sind aktuell in Gesprächen, haben aber keinen heißen Kandidaten", erklärt der Pirmasenser.

Er wolle "abwarten, wie sich die neue Stadtführung darstellt", erklärt er. Ob Kurt Pirmann das Projekt Hilgard-Haus voranbringen kann? Der erklärt, dass er nach Amtsantritt Schenk "mittelfristig im Laufe des Sommers kontaktieren" werde. "Das Haus nur herzurichten, um innerstädtische Verlagerungen zu erreichen, kann aber nicht unser Ziel sein. Dann stehen sonst wo in Zweibrücken Wohnungen leer, das ist stadtpolitisch nicht sinnvoll", erklärt Pirmann, der sich einen Interessenten von außerhalb wünscht. "So nahe an dem Hilgard-Center mit seinen langen Öffnungszeiten und bei so viel Straßenverkehr, wäre auch die Wohnqualität fraglich", fügt er an, unterstreicht aber, dass auch ihm "sehr daran gelegen ist", dass im Hilgard-Haus etwas passiert. Foto: pma

"Wir sind aktuell in Gesprächen, haben aber keinen heißen Kandidaten."

Manfred Schenk

Hintergrund

1891 bis 1893 gebaut, fungierte das Gebäude wie von Stifter Heinrich Hilgard zunächst gedacht, zunächst bis nach dem Zweiten Weltkrieg als Waisenhaus. Danach beherbergte es die Volksschule, Anfang der 70er Jahre eine Grundschule. 1993 zog schließlich die Musikschule aus dem denkmalgeschützten Gebäude aus, das seither leer steht. 2003 verhinderte die Stadt, dass die damaligen Eigentümer Timmer und Steffensky das Gebäude abrissen, 2008 ging es in den Besitz von Investor Heinz Schenk, der das Gebäude und Dach renovierte. Etwa fünf Millionen kosteten die Maßnahmen an dem Haus, das etwa Platz für 20 bis 30 Zimmer bietet. red

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