Persönlicher Draht ist das Wichtigste

Zweibrücken · Einen engen Kontakt zu den Kollegen jenseits der deutsch-französischen Grenze pflegt die Zweibrücker Polizei. Der neue Chef der Gendarmerie in Bitsch kam jetzt zu einem Antrittsbesuch in die Rosenstadt.

 Trafen sich zum Austausch: Michael Gobert und Denis Grebile von der Gendarmerie in Bitsch sowie Herbert Nikaes und Michael Hummel (von links) von der Zweibrücker Polizei. Foto: Gerrit Dauelsberg

Trafen sich zum Austausch: Michael Gobert und Denis Grebile von der Gendarmerie in Bitsch sowie Herbert Nikaes und Michael Hummel (von links) von der Zweibrücker Polizei. Foto: Gerrit Dauelsberg

Foto: Gerrit Dauelsberg

Dass Kriminalität an Grenzen nicht haltmacht, ist eine Binsenweisheit - spätestens, seit mit dem Schengen-Abkommen die innereuropäischen Schlagbäume fielen. Für die tägliche Polizeiarbeit hat das ganz konkrete Auswirkungen, denen auch in unserer Region Rechnung getragen wird. Und so pflegt die Zweibrücker Polizei einen engen Kontakt mit den Gendarmen auf der französischen Seite der Grenze, die in Bitsch stationiert sind. Zuletzt erstattete deren neuer Chef, Michael Gobert, seit 1. September im Amt, der Rosenstadt einen Antrittsbesuch ab. Bei Kaffee und Kuchen sprach man über künftige Vorhaben - und lernte sich kennen.

Immer mal wieder trifft man sich. Denn der persönliche Draht zueinander ist das Wichtigste. Darüber sind sich Gobert, dessen Stellvertreter Denis Grebile, Herbert Nikaes, auf Zweibrücker Seite zuständig für grenzüberschreitende Zusammenarbeit, und Michael Hummel als stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion einig. Und Hummel betont: "Die Zusammenarbeit klappt sehr gut." Denn eben weil man sich kennt, fällt es leicht, bei Bedarf mal eben schnell zum Hörer zu greifen. Hummel nennt ein Beispiel: Wenn in Grenznähe Einbrecher ihr Unwesen treiben, von denen die Polizei glaubt, sie kommen aus Frankreich herüber, informieren die deutschen Beamten ihre Kollegen in Bitsch, damit man auch dort wachsam ist. Gegebenenfalls kann es auch auf dem kurzen Dienstweg Amtshilfe aus Frankreich geben. "Wir können etwa Kennzeichen überprüfen", nennt Grebile ein Beispiel. Das geschieht auch, wenn ein Franzose in Deutschland eine Unfallflucht begeht. Auch dann klingelt in Bitsch das Telefon, der Verursacher wird ermittelt, "und wir fahren gleich zu ihm nach Hause", berichtet Grebile. Umgekehrt funktioniert das natürlich genauso - unbürokratisch und ohne offizielles Rechtshilfeersuchen.

In diesem Zusammenhang räumt Hummel auch mit ganz falschen Vorstellungen auf, die vor allem durch Krimis vermittelt werden. Verfolgt die Polizei einen Flüchtigen, muss sie natürlich nicht an der deutsch-französischen Grenze auf die Bremse steigen. "Wir dürfen ihn weiterverfolgen", sagt Hummel. Im Polizeideutsch spricht man von "Nacheile". Auch festhalten dürfen die deutschen Beamten den Verdächtigen - so lange, bis die französische Gendarmerie eintrifft. "Der Fall wird dann in Frankreich weiter abgewickelt", erläutert Hummel. Gegebenenfalls wird der Verdächtige später ganz offiziell nach Deutschland ausgeliefert. Wird er allerdings in Frankreich verurteilt, wandert eine eventuelle Geldstrafe in die dortige Staatskasse - auch wenn die Tat in Deutschland verübt wurde. "Das Geld bleibt immer da, wo kassiert wird", sagt Grebile.

Die einzige echte Hürde, die in der täglichen Zusammenarbeit besteht, ist die Sprache. "Ansonsten könnte jeder immer einfach zum Telefon greifen", sagt Hummel. Immerhin gibt es auf beiden Seiten der Grenze drei bis vier Polizisten beziehungsweise Gendarme, die die jeweils andere Sprache gut sprechen. Nikaes gehört in Zweibrücken dazu, Grebile in Bitsch.

Dessen neuer Chef, Michael Robert, spricht zwar selbst nur ein kleines bisschen deutsch, will aber den Kontakt zu den Zweibrücker Kollegen noch weiter ausbauen: "Für eine effektive Kriminalitätsbekämpfung in der Region gibt es nichts Besseres als eine gute Zusammenarbeit", sagt er. Und das soll auch nach außen sichtbar sein. Deshalb planen beide Dienststellen für die Zukunft mehr gemeinsame Streifen - etwa in den Zweibrücker Style Outlets. Zwei deutsche Polizisten und zwei französische Gendarme sorgen dann gemeinsam für Ordnung. Neben dem symbolischen Aspekt hat das auch ganz praktische Vorteile, erläutert Nikaes: "Es ist dann immer jemand da, der sprachkundig ist." Zum vierten Mal hat die Zweibrücker Polizei in diesem Jahr am Tandem-Projekt teilgenommen. Das vom Land Rheinland-Pfalz initiierte Programm sieht vor, dass jeweils vier deutsche Polizisten und vier französische Gendarme drei Wochen miteinander verbringen. Das Prinzip: Jedem Deutschen ist ein französischer Tandem-Partner zugeordnet. Im einwöchigen Theorie-Teil (bis 2012 waren es noch zwei Wochen) hilft man sich gegenseitig bei Sprachübungen und lernt organisatorische und rechtliche Dinge über die Polizeiarbeit der beiden Länder.

Darauf folgen zwei Praxiswochen - je eine in Deutschland und eine in Frankreich. Dabei absolvieren die Kollegen aus dem Ausland im Prinzip ganz normalen Dienst im Gastgeberland. "Sie nehmen allerdings keine Eingriffsmaßnahmen vor", schränkt der Zweibrücker Polizist Herbert Nikaes ein. Wahrscheinlich im April 2015 wird die Zweibrücker Polizeiinspektion am nächsten Tandem-Projekt teilnehmen.

Auch über das Tandem-Projekt hinaus gibt es zwischen Frankreich und Rheinland-Pfalz einen regen Polizisten-Austausch: So besuchten im November sieben französische Polizisten die Landespolizeischule/Hahn. Nach einem theoretischen Teil gingen die Polizisten auf verschiedene Dienststellen in Hospitation. Zwei dieser Polizisten , Catherine Commenge aus Lyon und Michel Henny aus Paris, waren für eine Woche bei der Bereitschaftspolizei in Enkenbach-Alsenborn untergebracht.

Am letzten Tag der Hospitation waren die beiden Polizisten in Zweibrücken zu Gast. Dort wurden ihnen Aufbau und Arbeitsbereiche der Polizeiinspektion nahegebracht. Sie lernten auf einer Streifenfahrt die Stadt kennen und besuchten auch das Outlet-Center, wie Nikaes berichtet.

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HintergrundDie französische Polizei ist ganz anders organisiert als die deutsche. Die eigentliche Polizei sorgt im Nachbarland nämlich nur in größeren Städten für Ordnung. In Klein städten wie Bitsch und im ländlichen Raum ist die Gendarmerie zuständig. Diese ist zugleich dem Innen- und dem Verteidigungsministerium zugeordnet - was auch die ziemlich hierarchischen Strukturen erklärt. Und ähnlich wie Soldaten wohnen die Gendarme in ihrer Dienststelle. Anders als deutsche Polizisten , die stark spezialisiert sind, machen Gendarme grundsätzlich alles. Noch ein Unterschied: Die französischen Ordnungshüter sind direkt an Weisungen der Staatsanwaltschaft gebunden. In Deutschland sind diese beiden Institutionen strikt voneinander getrennt. gda

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