Parteien sehen Orthografie locker

Zweibrücken · Den Vorstößen der CDU stimmen die übrigen Parteien im Zweibrücker Stadtrat nur bedingt zu. Eine Duden-Pflicht vorm Posten lehnen die meisten ab, die Verwendung von Klarnamen sei jedoch notwendig.

 Wenn es nach der Zweibrücker CDU geht, sollen User den Duden öfter zurate ziehen. Foto: Brakemeier/dpa

Wenn es nach der Zweibrücker CDU geht, sollen User den Duden öfter zurate ziehen. Foto: Brakemeier/dpa

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Nicht immer sind sich die Parteien des Zweibrücker Stadtrats bei der Beurteilung von Themen einig. Was jedoch den Vorstoß der CDU vom vergangenen Wochenende betrifft, wonach in den Zweibrücker Facebook-Gruppen die Duden-Rechtschreibprüfung verpflichtend verwendet werden soll (wir berichteten), ist nach einer Merkur-Umfrage unter den Vorsitzenden der restlichen Parteien ein breiter Konsens zu erkennen: Ablehnung.

So erklärt Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann, eine korrekte Orthografie sei "natürlich wünschenswert", eine Pflicht-Rechtschreibprüfung vor dem Absenden eines Posts sei jedoch undenkbar: "Ich halte eine solche Forderung für unrealistisch. Das lässt sich in der Praxis einfach nicht durchsetzen", merkt Pohlmann an. Kurt Dettweiler von der Freien Wähler Gruppe (FWG) sieht das ähnlich: "Die Idee finde ich sehr weit hergeholt. Fehler passieren nun mal, wenn man zum Beispiel mobil etwas mit dem Handy schreibt." Man solle daher nicht "päpstlicher als der Papst" sein, so Dettweiler.

Auch bei PBZ-Fraktionsführer Manfred Weber hat sich schon öfter der Fehlerteufel eingeschlichen. "In der Eile können Rechtschreibfehler einfach passieren. Zwar ist die Grundidee der CDU gut, nur sehe ich Probleme in der Umsetzung. Wir können niemanden zu korrekter Rechtschreibung zwingen", bemerkt Weber.

Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Stadtrat von Zweibrücken , Matthias Nunold, plädiert für Meinungsfreiheit - auch im Netz: "Es ist gut und richtig, dass man seine eigene Meinung mitteilen kann. Das sollte auch weiter zugelassen werden - ob mit oder ohne richtige Rechtschreibung ."

FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser, lange Jahre Deutschlehrerin am Helmholtz-Gymnasium in Zweibrücken , unterstützt den Vorstoß der CDU : "Ich finde es wichtig, dass man die Rechtschreibung ernst nimmt. Teilweise sind Kommasetzung und Satzbau im schriftlichen Sprachgebrauch - nicht nur im Internet - verheerend, was dann wiederum die Verständigung schwierig macht." Allerdings stellt auch sie sich die Frage, wie man korrekte Rechtschreibung in den Zweibrücker Facebook-Gruppen durchsetzen soll.

Die Idee der Klarnamenpflicht bei Facebook trifft bei den Befragten auf breite Zustimmung. "Das Netz ist kein rechtsfreier Raum. Darum sollte man das Rückgrat besitzen, unter seinem eigenen Namen schreiben", sagt die SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Wilhelm. Die Gefahr bei Pseudonymen sieht auch Norbert Pohlmann: "Leute verstecken sich hinter falschen Namen, fühlen sich frei und äußern ungestraft Beleidigungen." FWGler Dettweiler sieht den gleichen Zusammenhang: "Durch die Anonymität schreiben viele unter der Gürtellinie." Zwei große Gruppen mit Zweibrücker Bezug gibt es bei Facebook . Beide haben jeweils mehr als 8000 Mitglieder. Die Idee der CDU halten aber die wenigsten von ihnen für sinnvoll.

So schreibt ein Nutzer, man solle sich um die "wichtigen Dinge in der Stadt kümmern, anstatt sich mit sowas abzugeben und seine Zeit zu verschwenden." Ein anderer Benutzer sieht die Forderung fast als Satire: "Man könnte wirklich glauben, dass das vom Postillon ist, aber ich habe den Eindruck, die meinen das ernst", so der User. Er fügt jedoch an, dass die Diskussionskultur in den Zweibrücker Gruppen besser sein könnte.

Dem stimmt auch der Admin der Gruppe "Zweibrücken unsere Stadt", David Oliver Betz, auf Merkur-Anfrage zu: "Der Ton ist in den Gruppen recht harsch. Da werden Politiker ohne Begründung als Verbrecher bezeichnet und andere Behauptungen aufgestellt." Er sagt, die Parteien sollen dem entgegenwirken und selbst aktiver werden: "Wenn nach einer kommunalen Sitzung eine Fraktion ihre Entscheidung in einem anschließenden Facebook-Post begründet und erklärt, nimmt das den Kritikern den Wind aus den Segeln." Betz gründete die Gruppe vor mehr als vier Jahren, mittlerweile gibt es drei weitere Administratoren, die die Regeln, wie das Verbot von Hetze, durchsetzen. "Ich gehe die Sache direkter an, meine Kollegen versuchen, Kompromisse zu machen", sagt Betz über den Umgang mit Regelbrechern. Die Verwendung von Klarnamen will er nicht verpflichtend machen. "Viele möchten sich nicht durchleuchten lassen und wollen nicht, dass ein potenzieller Arbeitgeber ihre Meinung zu einem bestimmten Thema liest", so Betz. Laut seiner Aussage seien die größten "Randalierer" ohnehin die, die mit echtem Namen posten.

Für die Administratoren der "Zweibrücken "-Gruppe teilte Mathias Fricke mit, dass man "an einem Interview nicht interessiert" sei.

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