Optiker Seybold-Epting Stabwechsel kurz vor dem Jubiläum

Zweibrücken · Nach 149 Jahren macht das Optikergeschäft Seybold-Epting Schluss – und Platz für die Firma Kind. Brillen und Gläser gibt es weiterhin.

 Mit einem lachenden und einem weinenden Auge übergeben Monika und Jörg Mischke ihr Traditionsgeschäft in andere Hände.

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge übergeben Monika und Jörg Mischke ihr Traditionsgeschäft in andere Hände.

Foto: Cordula von Waldow

„Loslassen ist schwer“, bekennt Jörg Mischke. Gerne hätten der alteingesessene Zweibrücker Optikermeister und seine Frau Monika das 1873 gegründete Optikergeschäft an der Ecke Hauptstraße/Poststraße bis ins 150. Jahr unter dem Familiennamen geführt. Doch das Schicksal wollte es anders. „Unsere Gesundheit hat nicht mehr mitgespielt“, bestätigt Geschäftsführerin Monika Mischke bedauernd.

Sie hatte vor sechs Jahren die Federführung in dem traditionsreichen Familien-Unternehmen übernommen und das Optikergeschäft sowohl optisch in der Außenwirkung als auch im Angebot zu einer neuen Erfolgsgeschichte geführt. Die gelernte Bürokauffrau stellte fest: „Ich hatte zwar zuvor von der Optik keine Ahnung, habe mich jedoch über Schulungen und mit vielfältiger Unterstützung in das Thema eingearbeitet und es hat mir riesige Freude gemacht, mit unseren Kunden umzugehen.“ Eine Leidenschaft, die sich ebenso auf die Kunden übertragen hat wie ihr Geschick für den perfekten Marketingauftritt.

Doch nach 149 Jahren ist Ende März Schluss mit „Seybold-Epting – Durchblick mit Stil“. Schon länger hatte die Kundschaft auf das grandiose Fachwissen von Jörg Mischke verzichten müssen. Seine Frau sagt: „Er wäre auch ein guter Augenarzt geworden.“ Bei zahlreichen Fachvorträgen und Seminaren an der Uniklinik hatte sich der berufene Optikermeister eine enorme Fachkompetenz angeeignet und nicht selten nach der Augenuntersuchung einen Arztbesuch empfohlen, weil ihm Unregelmäßigkeiten aufgefallen waren.

Von Kindesbeinen an war Jörg Mischke eng verbunden mit dem Ur-Ur-Großelterlichen Geschäft, das er 1993 in fünfter Generation von seiner Mutter, Hildegard Mischke, Geborene Seybold-Epting, übernahm. Gegründet worden war das Familienunternehmen von dem Optiker und Waffenschmied Traugott Finger als Messerschmiede. 1902 übernahm Adoptivsohn Karl Seybold-Epting als Optiker den Betrieb und führte ihn durch eine räumliche Erweiterung zu enormem Aufschwung. Ihm folgte 1939 sein Sohn, der Optikermeister Karl Seybold-Epting.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gelang es diesem mit Mut und fachlichem Können, das Traditionsunternehmen zu retten. Am heutigen Standort entstand ein neues, vierstöckiges Geschäftsgebäude mit sechs Wohnungen in den oberen Etagen. Als sich absehen ließ, dass ein Verkauf unabdingbar war, zumal die fast 150-jährige Tradition ohnehin endete, da Jörg Mischke keine eigenen Kinder hat, ging es darum, das Familienerbe in gute Hände abzugeben. „Wir haben ein sehr gutes Gefühl“, bestätigt das Ehepaar. Mit der Firma Kind übernimmt ein Familienunternehmen in zweiter Generation nicht nur das Ladengeschäft, sondern gleich das in gutem Renovierungszustand befindliche Haus inklusive der Wohnungen komplett. Ein Geschenk, denn der in Zweibrücken bereits vertretene Hörakustiker übernimmt zudem das gesamte, Seybold-Epting-Team mit einer Meisterin, zwei Gesellen, einer davon auf der Meisterschule, sowie einer Aushilfskraft. „Außerdem übernimmt Kind alle Gewährleistungen für unsere Kunden. Das beides war uns enorm wichtig“, freut sich Monika Mischke.

Jörg Mischke bestätigt das hohe Verantwortungsgefühl für die Angestellten wie für die Kunden. Beide übergeben das Geschäft zum Monatswechsel April daher mit einem lachenden und einem weinenden Auge, froh über die gute Lösung und mit einem Gefühl der Erleichterung.

Doch zuvor wird gefeiert. Am Samstag, 2. April, sind alle Kunden zum Abschied zu einem Glas Sekt eingeladen. Am Montag, 4. April, schließt dann die Firma Kind die Ladentür auf, genau einen Tag vor dem 57. Geburtstag von Jörg Mischke. An der grundsätzlichen Ausrichtung des Geschäftes am traditionsreichen Ort ändert sich dadurch nichts; weiterhin werden dort Brillen und Brillengläser sowie Kontaktlinsen verkauft.

Das Ehepaar, das selbst über dem Geschäft gewohnt hatte, um jeder Zeit schnell erreichbar zu sein, zieht nach Mittelbach. „Zu meinem Sohn Sascha ins Haus. Von ihm werde ich im Herbst Oma“, freut sich die 55-jährige vierfache Mutter, auf die neue Aufgabe. Sie und ihr Mann denken an Reisen, so weit der Gesundheitszustand dies zulässt. Der Camper wartet bereits und Hund Flocki hat 2021 schon seine ersten Touren miterlebt. Und noch einen Lebenstraum hegt Jörg Mischke: „Ich wollte schon immer mal nach Australien.“

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