Obstbauverein 1910 Wattweiler Traditionsverein mit großer Anziehungskraft

Wattweiler · Der Obstbauverein 1910 Wattweiler widmet sich der Pflege und dem Erhalt von Streuobstwiesen und Obstbäumen sowie der Ernte und der Verwertung des Obstes. Gekelter wird jeweils der eigene Saft. Jetzt wurde das 700. Vereinsmitglied geehrt.

 Roland Loch begrüßt Lena Seibold als 700. Mitglied des Obstbauvereins Wattweiler vor dem Kelterhaus mit einem Kinogutschein.

Roland Loch begrüßt Lena Seibold als 700. Mitglied des Obstbauvereins Wattweiler vor dem Kelterhaus mit einem Kinogutschein.

Foto: Cordula von Waldow

In der Kelter des Obstbauvereins (OV) 1910 Wattweiler im Dorfmittelpunkt ist jetzt in der Saison jede Menge los. Die meisten der mittlerweile über 700 Mitglieder bringen ihre Apfel-, Birnen- oder Quittenernte, um daraus Saft pressen zu lassen. „Sie wissen zu schätzen, dass sie bei uns den Saft von ihren eigenen Früchten erhalten“, weiß der Vereinsvorsitzende, Roland Loch. Etwas, das den Traditionsverein von vielen anderen Keltern unterscheidet und neben der 800-Seelen-Gemeinde zahlreiche Mitglieder unter anderem aus dem Bliesgau und sogar aus einer Entfernung von 100 Kilometern und mehr beschert.

Ganz so weit haben es Lena Seibold und ihre Familie nicht, denn sie kommen aus Mimbach. Die Zwölfjährige ist jetzt als 700. Mitglied mit einem Kinogutschein im Wert von 25 Euro belohnt worden. Seit zwei Jahren darf die Familie die Streuobstwiese von Bekannten abernten. „Das sind so 15 bis 20 Bäume“, weiß Lena, die gemeinsam mit ihrem sechsjährigen Bruder Till bei der Ernte hilft. Sie beschreibt: „Mit dem Pflücker am langen Holzstab.“

Die gute Beratung und die Tatsache, dass der Saft von den eigenen Früchten mitgenommen werden kann, war maßgeblich für Eckhard Seibolds Entscheidung, dem OV 1910 Wattweiler beizutreten. Sehr schön findet der Familienvater auch, dass jedes hundertste Mitglied mit einem Gutschein willkommen geheißen wird. Er fragt: „Welcher Verein macht das schon?“ In diesem Jahr konnte sich die Familie über 260 Liter Apfelsaft freuen, pasteurisiert und vakumiert in Fünf-Liter Beuteln und den passenden Boxen. „Letztes Jahr waren es nur 130 Liter, die haben wir in drei Monaten getrunken“, erinnert sich Lena. Zu dritt, weil Mama sich dabei meist zurückhält. In diesem Jahr hofft Eckhard Seibold, damit über den Winter zu kommen.

Seine Tochter hat neben dem Obstbau noch mehr Hobbys. Die begeisterte Deutschschülerin des Von-der-Leyen-Gymnasiums in Blieskastel schreibt gerne Kurzgeschichten und hat ihrem Papa bereits eine kleine Sammlung geschenkt. „Außerdem reite ich beim RFV Bliestal in Webenheim“, berichtet die Pferdenärrin. Eine literarische Karriere allerdings plane sie aktuell nicht. „Ich will lieber etwas mit Medizin machen. Am liebsten mit Gerichtsmedizin“, erstaunt sie. Allerdings eher detektivisch, mit der Frage nach dem Wie und Wieso. Welchen Film sie von dem Gutschein anschauen wird, ist allerdings noch offen.

Roland Loch hat, zusammen mit einem verjüngten neuen Vorstand, im März 2020 den Vorsitz des OV 1910 Wattweiler übernommen. Der 54-Jährige folgt damit auf Hans Conrad, der den Verein 35 Jahre lang geführt hat und zu Beginn seiner Amtszeit im ehemaligen Milchhaus am Dorfplatz eine Kelter einrichten ließ.

„Wegen Corona ist unser neuer Vorstand im Grunde immer noch beim Einarbeiten“, sagt der Vorsitzende fast entschuldigend. Dennoch habe das nur fünfköpfige Kelterteam rund um Kelterwart Otto Fernau das Rekordjahr 2020 super gemeistert. In zwei Monaten Dauereinsatz wurden insgesamt 60 000 Liter Saft gepresst, etwa doppelt so viel, wie in einem Durchschnittsjahr mit rund 30 000 Litern, wie wohl 2021 werden wird. Doch auch die entsprechen noch einer Erntemenge von rund 50 Tonnen Obst, denn 100 Kilogramm geben etwa 60 Liter Saft. Der Rest, die jeweils 40 Liter Trester, verfüttert Vorstandsmitglied Bernahrd Fess im Sinne der Nachhaltigkeit an seine Kühe. „Für die ist das Kraftfutter und ein Festessen“, weiß Roland Loch.

War es möglich, trotz der Pandemie den Kelterservice aufrecht zu erhalten, fielen die jährlichen Winter- und Sommer-Obstbaum-Schnitt-Kurse auf den vereinseigenen Wiesen flach. Ebenso, wie die im weiten Umkreis bekannte und beliebte „Kulinarische Blütenwanderung“ am 1. Mai oder das Sommernachtsfest Ende August. Dennoch wuchs der Verein auch in dieser Zeit, weil nur Mitglieder ihren Saft gepresst bekommen. Doch auch die Öffentlichkeit profitiere von dem Wirken des mitgliedstarken Traditionsvereins. Der Saft der vereinseigenen und einiger privater Bäume kann erworben werden – fünf Liter zu acht Euro inklusive zwei Euro für die Verpackung.

Infos unter www.obstbauverein.de

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