Nur CDU kritisiert mehr Transparenz

Zweibrücken · Eine breite Mehrheit im Zweibrücker Stadtrat sieht die erweiterten Bürgerbeteiligungs-Angebote sehr positiv. Skepsis gibt es aber, ob mehr Öffentlichkeit der Diskussionskultur nutzt – und ob Bürger überhaupt von ihren neuen Möglichkeiten Gebrauch machen.

Bis auf die CDU begrüßen alle Zweibrücker Ratsfraktionen, dass seit diesem Monat deutlich mehr Themen in Ratsausschüssen öffentlich behandelt werden müssen. Dies schreibt das (noch von der rot-grünen) Regierung beschlossene "Landesgesetz zur Verbesserung direktdemokratischer Beteiligungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene" vor (wir berichteten).

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Thorsten Gries "hätte auch kein Problem damit, Stadtrats-Satzungen per Live-Stream zu übertragen". Dies dürfen Kommunen nun per Hauptsatzung erlauben, müssen es aber nicht. Gries ist allerdings skeptisch, ob sich durch neue Transparenz in der Praxis viel ändert. Zum einen sei "was in Zweibrücken nichtöffentlich behandelt war oft schneller öffentlich als man's wollte". Zum anderen "wird sich zeigen, wie das Interesse der Bürger ist". Diese seien auch bisher schon selten in öffentlichen Sitzungen. Gries: "Mir wäre wichtig, dass die Öffentlichkeit sich auch mal beteiligt, gerade weil auf Facebook nur gemotzt und gemeckert wird!"

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Christoph Gensch sieht die neue Transparenz "eher kritisch": "Inwieweit diese veränderte Gesetzgebung die politische Handlungsfähigkeit in Zweibrücken beeinflusst, wird sich noch zeigen, das ist momentan schwer abzuschätzen." Er befürchte Nachteile: "Gerade zu Beginn eines Projektes werden in nichtöffentlichen Sitzungen auch Punkte diskutiert beziehungsweise Pro/Contra-Argumente ausgetauscht, die sich im weiteren Verlauf als nicht relevant erweisen beziehungsweise klären lassen. Man diskutiert offen, stellt auch Rück- und Verständnisfragen, äußert Vermutungen und Befürchtungen. Eine permanente öffentliche Begleitung dieses Meinungsbildungsprozesses erschwert aus meiner Sicht Entscheidungsfindung." Nicht überrascht hat den neuen Landtagsabgeordneten, dass der Landtag den Öffentlichkeits-Grundsatz für Kommunal-Ausschüsse beschlossen hat, nicht aber für Landtags-Ausschüsse: "Trotz meiner erst wenigen Wochen in Mainz werde ich den Eindruck nicht los, dass bei dieser Landesregierung maximale Transparenz erstmal nur für alle anderen gilt."

Grünen-Ratsfraktionschef Norbert Pohlmann sieht es dagegen gerade als "Vorteil, wenn Bürger rechtzeitig auf Themen hingewiesen werden". Mehr Öffentlichkeit sei auch wichtig, um der Politik den Ruf der Bürgerferne zu nehmen. Dafür sei er auch bereit, einen Nachteil in Kauf zu nehmen: "In nichtöffentlichen Sitzungen wird in der Regel sachlicher und auf den Punkt diskutiert." Gut finde er, auch die Senkung der Hürden für Einwohneranträge.

Linken-Fraktionschef Matthias Nunold sieht durch mehr Transparenz "mehr Chancen für Bürger, sich einzubringen". Auch Nunold sieht Unterschiede in der Diskussionskultur: "Einige Ratsmitglieder lesen sich gerne in der Zeitung - im nichtöffentlichen Teil dagegen hört man nur wenig von denen."

Das beobachtet auch FWG-Fraktionschef Kurt Dettweiler: "In öffentlichen Sitzungen beginnen manche Ratsmitglieder aufzublühen." Er sehe das Mehr an Transparenz aber positiv: "Wir Freie Wähler sind für so viel Öffentlichkeit , wie's geht."

FDP-Fraktionschefin Ingrid Kaiser: "Ich begrüße mehr Öffentlichkeit , weil Presse und Bürger sich so besser ein Bild machen können, w i e Entscheidungen getroffen werden, statt nur Ergebnisse serviert zu bekommen." Vor allem im Bauausschuss sei das oft zu kurz gekommen.

PBZ-Fraktionschef Manfred Weber sieht nun die Ratsmitglieder in der Pflicht, darauf zu achten, dass die erweiterte Transparenz auch durchgehalten wird. Illusionen über Bürgerbeteiligung mache er sich aber keine. So werde die schon länger angebotene Einwohnerfragestunde im Stadtrat überhaupt nicht genutzt.

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