Nun wird doch „gepuzzelt“

Zweibrücken · Auch sechs mach zwölf Zonen: Bei den wiederkehrenden Beiträgen hat die Stadt Zweibrücken ihre ursprünglichen Pläne über den Haufen geworfen. Die Kernstadt wird ordentlich „zerschnitten“, in den Außenbezirken bleibt dagegen alles beim Alten – sprich: fünf Zonen.

Die große Kehrtwende der Stadt Zweibrücken bei den wiederkehrenden Beiträgen ist vollzogen. Statt einer großen Abrechnungseinheit in der Kernstadt soll es dort nun gleich sieben Zonen geben (siehe Grafik), in denen Grundstückseigentümer jeweils regelmäßige Beiträge für den Straßenausbau zahlen müssen: die Unterstadt, die Oberstadt, die Oststadt, die Weststadt, das Siedlungsgebiet Beckerswäldchen sowie die Stadtteile Niederauerbach und Ernstweiler. Dazu kommen wie geplant die fünf äußeren Stadtteile Wattweiler, Mittelbach-Hengstbach, Rimschweiler, Oberauerbach und Mörsbach.

Noch vor zweieinhalb Monaten klang das alles ganz anders: Da hielt die Stadt weiter an der Sechs-Zonen-Lösung fest (wir berichteten) - ungeachtet der juristischen Schwierigkeiten, die Zweibrücken dann gedroht hätten. Nun hat die Verwaltung doch auf Urteile des Koblenzer Oberverwaltungsgerichtes (OVG) reagiert, die bereits Ende 2014 gefällt wurden und die die Satzungen in Saarburg und Schifferstadt für unzulässig erklärten. Im Prinzip bleibt die Stadt bei ihrer Meinung: "Aus unserer Sicht wäre es sinnvoll, alles zusammenzufassen", sagt Hermann Eitel, Abteilungsleiter Tiefbau, bezogen auf die Kernstadt. "Doch damit wären wir sehenden Auges gegen die Wand gelaufen", räumt er jetzt ein. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes: Das forderte 2014 - abweichend von der bestehenden Gesetzeslage in Rheinland-Pfalz, die den Kommunen großen Gestaltungsspielraum einräumt - einen "konkret-individuell zurechenbaren Vorteil für das beitragsbelastete Grundstück". Eine Forderung, die das Koblenzer OVG in der Folge sehr streng auslegte. CDU-Fraktionschef Christoph Gensch warnte die Stadt bereits vergangenen November vor den Folgen dieser Urteile. Oberbürgermeister Kurt Pirmann (SPD ) hielt die Sechs-Zonen-Regelung damals in einer ersten Reaktion für "haltbar" und entgegnete Gensch: "Das kann kein Puzzlespiel sein! Sonst muss man es lassen."

Doch die Stadt lässt es nicht, sondern "puzzelt" nun doch: jedenfalls dann, wenn der Stadtrat am kommenden Mittwoch die Satzung mit den insgesamt zwölf Zonen absegnet. Wieso sich diese im Einzelnen voneinander abgrenzen, ist in der Satzung genau erläutert. Für die Verwaltung ist das ziemlich paradox: "Wir müssen in der Satzung erklären, warum wir etwas gemacht haben, was wir eigentlich gar nicht wollen", sagt Eitel. "Zerschnitten" wird die Kernstadt zum Beispiel durch Hauptverkehrsstraßen wie die L 471 oder auch die A 8, die die Weststadt von der Oststadt und der Unterstadt abtrennt. Auch die Topografie: (etwa beim höher gelegenen Beckerswäldchen) spielt bei der Unterteilung eine Rolle.

In sechs der zwölf Zonen werden die Grundstückseigner schon in diesem Jahr zur Kasse gebeten - nämlich in allen Kernstadt-Zonen außer im Beckerswäldchen. Im Mai soll der Stadtrat ein Ausbauprogramm für die kommenden fünf Jahre beschließen. Mithilfe eines Berechnungsschlüssels ergibt daraus der jährliche Beitrag für den einzelnen Grundstücksbesitzer (siehe Rechenbeispiel in "Auf einem Blick"). Der Beitrag soll laut Eitel wahrscheinlich in vier Raten pro Jahr erhoben werden, in diesem Jahr in zwei Raten. Für die Gebiete außerhalb der Kernstadt gilt laut Eitel: "Es ist nicht vorgesehen, dass die Grundstückseigner in den Vororten in den kommenden fünf Jahren zahlen müssen." Für Beckerswäldchen gilt bis auf Weiteres das Gleiche. Grundsätzlich werden Anlieger, die bereits in jüngster Vergangenheit für den Straßenbau zur Kasse gebeten wurden, für einige Zeit von den wiederkehrenden Beiträgen befreit.

Eitel sieht möglichen Klagen gegen sein Modell zuversichtlich entgegen. Um es wirklich gerichtsfest zu machen, ist es auch weiterhin eine Option, dass die Stadt über eine ihrer Tochterunternehmen selbst eine Normenkontrollklage anstrengt, sagt Stadtsprecher Heinz Braun. "Aber wir warten jetzt erst einmal mögliche Klagen von Bürgern ab."

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Mit welcher Beitragshöhe müssen Grundstückseigner rechnen? Die Stadt hat dafür gestern beim Pressegespräch eine Beispielrechnung aufgemacht: Beschließt der Stadtrat im Mai etwa für eine Zone Aufwendungen von 2,75 Millionen für die kommenden fünf Jahre, übernimmt die Stadt davon einen in der Satzung festgelegten Anteil, der sich nach der Menge des Durchgangsverkehrs in der Zone richtet. In der Oststadt oder in Ernstweiler wären das zum Beispiel 32 Prozent, also 880 000 Euro. Bei einer angenommenen Gesamt-Beitragsfläche von 2,65 Millionen Quadratmeter ergäbe sich ein Zonen-Beitragssatz pro Quadratmeter von gut 70,5 Cent für fünf Jahre, das heißt gut 14 Cent pro Jahr. Kommt ein Grundstücksbesitzer nun zum Beispiel auf eine Beitragsfläche von 910 Quadratmetern (700 Quadratmeter Grundstücksfläche plus 30 Prozent Vollgeschosszuschlag bei einer zweiten Etage des Hauses), müsste er 127,40 Euro im Jahr zahlen (Beitragsfläche multipliziert mit Beitragssatz pro Quadratmeter). gda

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