Nicht vor der Realität die Augen verschließen

Zweibrücken/Pirmasens. Was war das für ein Jahr im Landkreis Südwestpfalz! Beherrschten im Frühjahr die Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen das öffentliche Leben, schockierte die Bürger in der Südwestpfalz im Sommer die Nachricht von der Schließung des Zweibrücker Flughafens und im Herbst und Winter haben Kritik und Proteste an der am 1. Januar startenden neuen Müllabfuhr die Schlagzeilen geprägt, ganz zu schweigen von der Schulpolitik, die das gesamte Jahr über den Landkreis beschäftigte. Merkur-Mitarbeiter Guido Glöckner hat zum Jahreswechsel mit Landrat Hans Jörg Duppré (CDU) über dieses aufregende und schwierige Jahr 2014 gesprochen – und ein wenig auch vorausgeschaut in das Jahr 2015.

Das Jahr 2014 war in der Region überschattet vom Ende des Flugbetriebs auf dem Zweibrücker Flughafen, eine schlechte Nachricht für die Region. Warum musste es soweit kommen?

Duppré: Zum Aus des Flugbetriebs für den Flughafen Zweibrücken kam es durch eine Entscheidung der Europäischen Union auf der Grundlage von neu gefassten Flughafen-Richtlinien zum Jahresbeginn 2014. Auch nach intensiver Prüfung der schriftlichen Begründung ist diese Entscheidung für uns nicht nachvollziehbar.

Was können wir vom neuen Investor erwarten?

Duppré: Nichtsdestotrotz ist die Entscheidung nun mal zu Ungunsten von Zweibrücken ausgefallen, der Blick muss in die Zukunft gerichtet sein. Auch beim neuen Investor hatte die EU-Kommission hinsichtlich des geplanten Konzeptes ein Wort mitzureden, das Vorhaben aber gebilligt. Mit der Firma Triwo AG und deren Inhaber Peter Adrian haben wir nach meiner Ansicht einen erfahrenen und seriösen Unternehmer an der Hand, der mich zuversichtlich in die Zukunft des Zweibrücker Flughafens blicken lässt.

Die neue Müllabfuhr war das zweite große Thema des Jahres 2014 im Landkreis: Warum wird das künftige Abfallkonzept dermaßen kritisch begleitet von den Bürgern? Wieso sind die Änderungen den Bürgern so schwer zu vermitteln?

Duppré: Jede Neuerung, jede Veränderung - gleichgültig in welchem Bereich - bringt zunächst einmal eine gewisse Unruhe und Skepsis mit sich, weil die Bürger das gewohnte Terrain verlassen müssen und nicht wissen, was auf sie zukommt. Gerade beim Thema Abfall ist das besonders ausgeprägt, weil jeder davon betroffen ist und weil die Umstellung auch gleichzeitig der Zeitpunkt von (für die meisten Haushalte) höheren Gebühren ist, auch wenn das eine nur bedingt etwas mit dem anderen zu tun hat. Dennoch erstaunt es schon, dass die Proteste teilweise massiv ausgefallen sind. Es ist schade, dass die Südwestpfälzer das neue System nicht erst einmal testen, uns Erfahrungen sammeln lassen, wie es in der Praxis tatsächlich funktioniert. Schließlich hat der Kreistag nicht umsonst extra eine Revisionsklausel mitbeschlossen, die gegebenenfalls greift, sobald Erkenntnisse und Erfahrungen vorliegen.

Hätte es Alternativen zur beschlossenen neuen Müllabfuhr gegeben?

Duppré: Für das jetzt beschlossene und im Januar anlaufende System hat sich der Kreistag entschieden, um im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen Entsorgungssicherheit und Gebührengerechtigkeit zu gewährleisten und den Bürgern nicht noch höhere Kosten zuzumuten, daher die nur noch vierwöchige Abfuhr bei Restmüll und Papier und nur vier verpflichtende Leerungen beim Restmüll. Alle anfallenden Kosten im Abfallbereich sind auf die Gebührenzahler umzulegen. Deshalb bedeutet jede weitere Verbesserung wie Windelsack oder eine häufigere Abfuhr aus rechtlichen Gründen immer eine höhere Gebühr für die Bürger .

2014 war auch das Jahr der Kommunalwahlen - immer weniger Kandidaten für das Ortsbürgermeisteramt und die Gemeinderäte haben sich gefunden: Sind die Bürger politikmüde im Landkreis? Hat dieser Rückgang auch etwas zu tun mit den fehlenden politischen Gestaltungsmöglichkeiten in den Gemeinden durch die Finanznot?

Duppré: Für die 84 Gemeinden im Landkreis haben sich überall Ortsbürgermeister ohne größere Probleme gefunden. Dass in einigen Gemeinden diese nicht durch Urwahl, sondern vom Gemeinderat bestimmt wurden, ist kein Zeichen dafür, dass dort kein Kandidat zur Verfügung stand. Der Weg der Gremienwahl wird oft bewusst gegangen und war in kleinen Gemeinden auch in der Vergangenheit bereits gängige Praxis. Dass nicht mehr so viele Kandidaten für einen Sitz im Gemeinderat kandidieren wollen, hängt sicherlich zum einen mit den immer weiter schrumpfenden Gestaltungsmöglichkeiten zusammen. Gleichwohl ist die Ehrenamtlichkeit in unseren Gemeinden aber immer noch sehr oft selbstverständlich und unverzichtbar.

Immer öfter klingt an, dass sich vor dem Hintergrund der zurückgehenden Kinderzahl im Landkreis auch Einschnitte für Schulen und Kitas ergeben müssen in den nächsten Jahren. Warum tut sich die Lokalpolitik so schwer damit, solche Entscheidungen zu treffen? Und warum wollen Bürger und regionale Politiker nicht wahrhaben, dass es zu Einschnitten kommen muss?

Duppré: Bewusst ist es den verantwortlichen Politikern und auch dem Großteil der Bürger schon, dass es angesichts des demografischen Wandels, der zurückgehenden Geburtenzahlen und der überall bestehenden Finanznot zu Einschnitten bei Kindertagesstätten und Schulen kommen muss. Allerdings bedeutet jede Schließung für den jeweiligen Ort einen Einschnitt. Und Veränderungen sind nun mal immer mit Anstrengung und Neuorientierung verbunden. Einen solchen Schritt will niemand als Erster verkünden und damit den "Schwarzen Peter" haben. Letztendlich kann man die Augen jedoch nicht vor der Realität verschließen. Ich bin deshalb froh, dass der Kreistag zu seiner Verantwortung für die Entwicklung der Schullandschaft im Kreis steht, rechtzeitig die notwendigen Entscheidungen getroffen hat und sicher weiter treffen wird. In seiner Sitzung im Dezember hat er deshalb der Aufhebung der Realschule plus in Wallhalben zugestimmt. Aufgrund der seit Jahren geringen Schülerzahlen dort war eine andere Entscheidung nicht mehr sinnvoll und vertretbar, so schmerzlich sie auch für Wallhalben ist.

Welchen Weg beschreitet der Landkreis in den nächsten Jahren für seine Schulen?

Duppré: In die weiterführenden Schulen, die sich seit sechs Jahren alle in Trägerschaft des Kreises befinden, hat der Landkreis bereits viel Geld investiert und wird es auch in den kommenden Jahren tun. Wir sprechen von einer Summe von 55,5 Millionen Euro in den Jahren 2008 bis 2018 allein an Baumaßnahmen. Hinzu kommen Ausgaben für den laufenden Schulbetrieb, die nur im Jahr 2015 fast sieben Millionen Euro betragen werden. Dabei sind die Kosten für die Schülerbeförderung noch nicht eingerechnet. Da mehr als drei Viertel aller Schüler der Allgemeinbildenden Schulen im Landkreis die drei Integrierten Gesamtschulen in Contwig, Thaleischweiler-Fröschen und Waldfischbach-Burgalben sowie das Schulzentrum in Dahn besuchen, ist in diese Schulen auch das meiste Geld geflossen. Investiert wird vom Landkreis jedoch nur an den Standorten, wo es notwendig ist, und auch nur in einem Umfang, der die künftige Entwicklung der Schule in den Blick nimmt.

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