Neue Philharmonie Frankfurt Ein hörenswerter Abend mit leichten Schwächen

Zweibrücken · Die neue Philharmonie Frankfurt war im Rahmen von Euroclassic mit dem Programm „A Symphonic Rock Celebration of Europe“ in Zweibrücken.

 In einem ESC-Medley erinnerte das Konzert an Nicoles Erfolg mit „Ein bisschen Frieden“.

In einem ESC-Medley erinnerte das Konzert an Nicoles Erfolg mit „Ein bisschen Frieden“.

Foto: Sebastian Dingler

„Wer von Ihnen hatte gedacht, das wird sicher eine ganz steife Veranstaltung? Wer von Ihnen ist jetzt enttäuscht?“, fragte Moderatorin Rebecca Siemoneit-Barum das Publikum in der Mitte des Konzerts der Neuen Philharmonie Frankfurt (NPF) in der Festhalle.

Das spielte darauf an, dass sicherlich so mancher der 300 Besucher in Erwartung eines reinen Klassikkonzertes gekommen war. Davon konnte aber keine Rede sein. Zwar stellte die NPF einen klassisch besetzten Klangkörper zur Verfügung. Der tönte an diesem Abend jedoch nur selten für sich allein. Meist begleiteten die Bläser und Streicher eine Rockband und die sechs Sängerinnen und Sänger.

So ganz passte der Auftritt nicht zum Motto „Nordlichter“ des diesjährigen Euroclassic-Festivals. Schließlich nannte sich das Programm des Orchesters „A Symphonic Rock Celebration of Europe“  – also sollte es durch ganz Europa gehen. Kulturamtsleiter Thilo Huble bog das Ganze in seiner Eröffnungsansprache aber zurecht, indem er meinte, das Konzert sei schon ein Appetitmacher auf die kommenden drei Jahre, die ja Osten, Westen und Süden zum Thema haben werden.

Mit der Eurovisions-Hymne begann der Abend, mit der Europahymne „Ode an die Freude“ endete er, damit war die Klammer gesetzt. „Die Moderatorin werden Sie alle kennen“, meinte Huble auch noch – er wollte aber die Überraschung nicht vorwegnehmen. Wer dann mit dem Namen Siemoneit-Barum doch nicht so viel anfangen konnte, musste das Internet bemühen: Die Schauspielerin war jahrzehntelang in der Rolle der Iffi Zenker in der Lindenstraße zu sehen.

Schon früh bemühte sich Sänger Achim Dürr, die Festhalle in Stimmung zu versetzen: Zu seiner Interpretation von Udo Lindenbergs „Sonderzug nach Pankow“ möge das Publikum doch bitte aufstehen und mitklatschen. Die Zweibrücker machten da tatsächlich gleich mit. Danach wurde es nochmal ruhiger mit Sängerin Katrin Glenz, die Edith Piafs „Je ne regrette rien“ sauber intonierte.

Die Stimmung kochte aber gleich wieder hoch beim wilden Medley aus Songs des Eurovision Song-Contest. Nur, wer hatte denn als erste Deutsche den Wettbewerb gewonnen mit „Ein bisschen Frieden“? Andrea Jürgens, wie im Programmheft stand, war es jedenfalls nicht. Mit „Dschinghis Khan“, „Satellite“ und sogar Stefan Raabs „Wadde hadde dudde da?“ wurden weitere deutsche Erfolgs-Stücke abgefeiert. Abbas „Waterloo“, ESC-Gewinner von 1974, wurde außerhalb des Medleys aufgeführt – da war er also doch, der Norden.

Dann folgte ein Sprung nach Osten und zurück ins 19. Jahrhundert zu Pjotr Tschaikowski, der mit der Ouvertüre 1812 eine weitere napoleonische Niederlage vertonte. Schade, dass Kanonendonner und Glocken vom Band das Orchester dabei stark übertönten. Dennoch bekam das dramatische Kriegsstück starken Applaus.

Mit Maurice Ravels „Bolero“ ging es nach der Pause weiter – dazu hatte sich das Orchester eine tolle Idee einfallen lassen. Zunächst kamen nur Dirigent Jens Troester, eine Flötistin und ein Trommler auf die Bühne und begannen mit dem Stück. Die anderen Musiker strömten dann aus allen Seiten der Festhalle musizierend zur Bühne. Das hatte nicht nur den Effekt des Außergewöhnlichen, sondern war auch ein wahrer Ohrenschmaus mit Klängen, die von überall her kamen.

„Über die Alpen“ und „in den Mittelmeerraum“ sollte es laut Siemoneit-Barum danach gehen. Das offenbarte aber eher mäßige Geografiekenntnisse. Denn „Tico-Tico no Fubá“ wurde 1917 vom Brasilianer Zequinha de Abreu komponiert. Etwas besser passte die Zuordnung zum Medley der beiden Hits „Bamboleo“ und „Volare“ – die wurden durch die französisch-spanische Gruppe Gipsy Kings bekannt.

„Wie ihr bei ‚Bamboleo’ sitzen bleiben könnt, verstehe ich nicht“, sagte wieder der Animateur und Sänger Achim Dürr. Bei „Volare“ stand, tanzte und sang die Festhalle dann aber.

Nochmal ging es zurück zur Klassik mit Claude Debussys „Claire de lune“, ehe sich die NPF zwei englischen Supergruppen zuwendete. „Fool’s Overture“ von Supertramp knallte im positiven Sinne ins Ohr und wäre noch schöner gewesen, hätte sich Sänger Karsten Stiers nicht mit dem extrem hohen Gesang aus dem Original so schwer getan. Beim anschließenden „Mama“ von Genesis versuchte sich dann Achim Dürr als Phil Collins-Imitation – das ging allerdings gehörig daneben. Die Genesis-Sänger scheinen ihm nicht zu liegen, denn auch bei Peter Gabriels „Solsbury Hill“ zeigte Dürr Schwächen, die er vorher nicht aufwies. Besser machte das Katrin Glenz bei dem Amy Winehouse-Stück „Rehab“, während Stiers sich wohl bei Supertramp verausgabt hatte und somit auch Coldplays „Viva la vida“ versemmelte.

Die teilweise mäßigen Gesangsleistungen warfen etwas Schatten auf den ansonsten sehr gelungenen und hörenswerten Abend. Stark blieb aber in Erinnerung, wie gut das Orchester und die Rockband harmonierten.

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