Nebenwirkung von Dr. Google

Zweibrücken. Die EU will überprüfte Infos zu Medikamenten ins Internet stellen. Grund: Immer Menschen informieren sich online über medizinische Themen. Dort werden, sagen auch Zweibrücker Mediziner, häufig unnötig Ängste geschürt.

 Statt zum Arzt zu gehen, verlassen sich viele auf Suchergebnisse im Internet. Foto: dpa

Statt zum Arzt zu gehen, verlassen sich viele auf Suchergebnisse im Internet. Foto: dpa

Zweibrücken. Immer mehr Menschen nutzen das Internet als Informationsquelle für alle Lebensbereiche. Auch bei Krankheiten. Patienten von Dr. Ulrich Gensch haben sich vor allem nach dem ersten Besuch über die diagnostizierte Krankheit informiert."Bisher kam noch niemand vor der ersten Untersuchung mit einer eigenen Einschätzung", sagte der Vorsitzende des Medizinischen Qualitätsnetzes Zweibrücken (MQZ). "Aber nach der Bekanntgabe des Ergebnisses schauen einige Patienten nach." Dabei würden aber auch viele Ängste geschürt, schilderte Gensch seine Erfahrungen in der Praxis. "Da wird aus dem Internet eine zweite medizinische Meinung eingeholt." Das bleibt nicht immer ohne Probleme. In der Internet-Suchmaschine Google gibt es allein 929 000 Einträge zum Thema Schilddrüsenerkrankung. Gensch sieht die eigene Recherche über eine Diagnose sehr skeptisch. "Ein Arzt kann auch über das Telefon keine Diagnose stellen", sagte Gensch. Das könneder Arzt allein in einem Gespräch mit Untersuchung. Der kenne die Krankheitsgeschichte des Patienten. Oder den seelischen Zustand des Gegenübers.

Nach Aussage des Vorsitzenden ist das Thema beim Medizinischen Qualitätsnetz in Zweibrücken kein Problem. Auch bei der Landesgeschäftsstelle des Deutschen Hausärzteverbands in Rheinland-Pfalz ist es nach Angaben der Sprecherin Brigitte Schäfer bisher "kein Thema". Ärzte hätten das bei der Berufsvereinigung noch nicht angesprochen.

Bernd Dillmann in Hornbach wird inzwischen immerhin "mehr angesprochen", erzählt er. Dabei stellt der Allgemeinmediziner fest, dass das Internet keine geeignete Informationsquelle über eine Krankheit sein kann. "Eine Krankheit muss schon ein Arzt nach eingehender Untersuchung feststellen." In vielen Texten würden Ängste vor Krankheiten geschürt. Oder Wünsche geweckt, die die Ärzte nicht erfüllen könnten. Bei allen Informationsquellen raten die beiden Befragten immer noch den Besuch beim Arzt. Dillmann: "Allein der behandelnde Arzt kann die Ergebnisse bewerten."


Meinung

Der Fluch der Informationsflut

Von Merkur-RedakteurJan Althoff

Ich hatte Krebs. Schon mehrmals. Hautkrebs, Darmkrebs, einen Hirntumor. Und meine Familie auch. Natürlich nicht wirklich - Gott sei Dank. Aber für ein paar Stunden hielt ich das tatsächlich für möglich, ja sogar wahrscheinlich. Weil im Internet jeder vermeintliche Schlaukopf jeden medizinischen Unsinn schreiben darf. Der verunsicherte Laie - also ich - geht mit seinen Symptomen zu Dr. Google und bekommt viele, viele Treffer, deren Wahrheitsgehalt er nicht einschätzen kann. Darum brauchen wir unbedingt eine geprüfte Datenbank. Informationen über Medikamente sind da ein erster Schritt. Wenn man schon nicht die vernünftigste Variante wählen will, mit der jede Medizin-Werbung endet: Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.

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