Mitarbeiter im Ordnungsamt Nach Volksverhetzungs-Urteil: Stadt schweigt

Zweibrücken · Das Amtsgericht Zweibrücken hat vergangene Woche 4200 Euro Geldstrafe gegen einen 50-jährigen Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamts verhängt. Welche Konsequenzen hat das für den Mann?

Nach Volksverhetzungs-Urteil: Stadt schweigt zu Folgen für Verurteilten
Foto: Lutz Fröhlich

Auch intensives Nachhaken hat nichts genutzt. Die Zweibrücker Verwaltung will zum jüngsten Urteil gegen einen Mitarbeiter ihres Ordnungsamtes und zu daraus möglicherweise zu ziehenden Konsequenzen nichts sagen. Der 50-jährige Angestellte war Mitte vergangener Woche vom Amtsgericht Zweibrücken wegen Volksverhetzung zu 4200 Euro Geldstrafe verurteilt worden (wir berichteten). Stadtsprecher Jens John schrieb auf eine entsprechenden Anfrage lediglich: „Nach Rücksprache kann ich Ihnen mitteilen, dass wir uns auch weiterhin während eines laufenden Verfahrens nicht äußern werden.“ Womit sich die Stadtverwaltung offenbar hinter dem Umstand verschanzt, dass das Volksverhetzungs-Urteil in der Tat noch nicht rechtskräftig ist und erfahrungsgemäß wohl so schnell auch nicht werden wird.

Denn sowohl Staatsanwaltschaft als inzwischen auch die Verteidigung, wie unsere Zeitung am Dienstag vom Saarbrücker Rechtsanwalt Wolfgang Kuntz erfuhr, der den 50-Jährigen vertritt, haben gegen das Urteil Berufung eingelegt. Denn beide Seiten dürften mit dem Richterspruch von Stefan Pick alles andere als zufrieden sein. Hatte doch Oberstaatsanwältin Kristine Goldmann in ihrem Schlussvortrag sogar eine – allerdings zur Bewährung auszusetzende – viermonatige Freiheitsstrafe und eine Geldauflage über 2000 Euro beantragt. Verteidiger Kuntz hingegen hatte dafür plädiert, seinen Mandanten freizusprechen. Er reklamierte, dass es gar nicht sicher sei, dass sein Mandant den Post auf dessen Facebook-Seite gestellt habe: „Identitätsdiebstahl ist an der Tagesordnung.“ Es gebe keinen „Täternachweis“. Wegen der Berufungen muss sich das Landgericht Zweibrücken der Sache irgendwann nochmals annehmen und den Fall wohl ganz neu verhandeln.

Damit ändert sich für den 50-jährigen Mitarbeiter der Ordnungsamts mindestens bis zum nächsten Urteilsspruch erstmal gar nichts. Er braucht die Geldstrafe (noch) nicht zahlen und behält wohl auch seinen Arbeitsplatz beim Kommunalen Vollzugsdienst (KVD) der Stadtverwaltung, wo er im Innendienst tätig ist, glaubt man seinen Angaben während der Verhandlung im Amtsgericht.

Ist der Mann ob seiner jüngsten, wenngleich auch noch nicht rechtskräftigen Verurteilung auf diesem Posten überhaupt noch tragbar? In diesem Zusammenhang hatte unsere Zeitung bei der Stadtverwaltung auch nachgefragt, ob im Rathaus vor dessen Dienstantritt beim Ordnungsamt im Juni 2020 (er war zuvor jahrelang als Hausmeister an einem Zweibrücker Gymnasium beschäftigt) bekannt gewesen sei, dass er wegen Veruntreuung vorbestraft ist. Hat er diese Vorstrafe möglicherweise bei seiner Einstellung verschwiegen? Waren der Stadt die mutmaßlich volksverhetzenden Aktivitäten (unter anderem hat der nun Verurteilte im August 2019 auf seinem Facebook-Account eine vermeintliche „Aktuelle Reisewarnung“ des Auswärtigen Amts geteilt, die von Reisen in die Bundesrepublik wegen angeblich gefährlicher Migranten abrät) und die dazu laufenden Ermittlungen bekannt? Hat die aktuelle Verurteilung des Mannes für ihn dienstrechtliche oder/und verwaltungsintern Konsequenzen? Antworten auf diese Fragen: Fehlanzeige.

Lediglich auf zwei weitere Fragen zum Themenkomplex „Stadtverwaltung-Ordnungsamt“ gab es zwei, allerdings knappe Antworten. So wurde unsere Zeitung auf die Frage nach möglichen weiteren hetzerischen Aktivitäten von Mitarbeitern und -Mitarbeiterinnen mit der Antwort beschieden: „Nein, der Stadtverwaltung sind keine rechtsextremen Aktivitäten von Mitarbeitenden bekannt.“ Und auf die Frage, was eigentlich aus der Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen anderen Mitarbeiter des Ordnungsamtes geworden sei, dem Ende November 2020 vorgeworfen worden war, in nichtdienstlichen Facebook-Diskussionen zwei Bürgern mit Kontrollen durch seine Behörde gedroht zu haben (einer dieser Bürger war der Zweibrücker „Die Partei“-Stadtrat Aaron Schmidt, wir berichteten), hieß es etwas nebulös: „Hier gab es interne Gespräche mit dem betroffenen Mitarbeiter des Ordnungsamtes. Der Mitarbeiter hatte sich außerdem öffentlich (bei Facebook) von seinen Kommentaren distanziert.“

Also alles in Ordnung beim Zweibrücker Ordnungsamt? Zweifel bleiben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort