Nach Kündigung durch Anbieter Stromio Stadtwerke versorgen gestrandete Kunden

Zweibrücken · Der private Anbieter Stromio ist in Schwierigkeiten und hat bundesweit zahlreichen Kunden gekündigt. In Zweibrücken sind nun 346 Betroffene auf die Stadtwerke zugegangen, um versorgt zu werden. Werner Brennemann, Geschäftsführer der Stadtwerke rechnet damit, dass noch weitere private Anbieter Schlagseite bekommen werden.

 Die Stadtwerke in der Gasstraße in Zweibrücken. Das Unternehmen musste 346 Kunden von Stromio aushelfen, denen urplötzlich von dem privaten Anbieter gekündigt worden war.

Die Stadtwerke in der Gasstraße in Zweibrücken. Das Unternehmen musste 346 Kunden von Stromio aushelfen, denen urplötzlich von dem privaten Anbieter gekündigt worden war.

Foto: Lutz Fröhlich

Ohne Strom wird es ganz schnell zappenduster. Kein Wunder, dass viele Kunden des privaten Stromanbieters „Stromio“ nervös wurden, als ihnen dieser um den Jahreswechsel urplötzlich kündigte. Stromio nannte als Grund eine „historisch einmalige Preisentwicklung im Strommarkt“ – die Preise würden regelrecht explodieren. Damit habe niemand rechnen können. Womit die Kunden wiederum nicht rechnen konnten: Ihnen wurde von jetzt auf gleich gekündigt.

Experten gehen davon aus, dass bundesweit hunderttausende Kunden von diesem durchaus ruppigen Vorgehen des Stromanbieters betroffen sind. Stromio bestritt auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur übrigens, insolvent zu sein. Schwacher Trost für die Kunden, die gestrandet sind.

Auch in Zweibrücken gibt es eine dreistellige Zahl an Betroffenen – die bei den Stadtwerken Unterschlupf fanden, wie deren Geschäftsführer Werner Brennemann auf Anfrage unserer Zeitung erklärt. „Es handelt sich um insgesamt 346 Kunden“, sagte er.

Brennemann sagt, bei den Betroffenen habe es wegen der Kündigung keine Unterbrechung der Versorgung gegeben. In einem solchen Fall sieht der Gesetzgeber eine sogenannte Ersatzversorgung vor. Diese bestreitet der jeweilige Versorger vor Ort. Von den 346 Kunden hätten mittlerweile aber 175 einen Grundversorgungs-Tarif bei den Stadtwerken abgeschlossen. Die restlichen 171 blieben in der Erstversorgung, sie hätten drei Monate Zeit, sich nach einem anderen Versorger umzuschauen, ansonsten wechselten sie automatisch in die Grundversorgung.

Der Stadtwerke-Chef weist daraufhin, dass die Stromio-Kunden im Grundversorgungs-Tarif etwas mehr zahlen würden als die Stammkunden des Zweibrücker Versorgers. Diese hätten einen Sondertarif. Brennemann sagte, die Differenz betrage rund zehn Prozent.

Es seien übrigens nicht nur Stromkunden von Stromio bei den Stadtwerken gestrandet. Auch über gas.de, rechtlich mit Stromio verbunden, seien Kündigungen ausgesprochen worden, hier hätten die Stadtwerke 175 Betroffenen aus Zweibrücken geholfen.

„Was da an neuen Strom- und Gaskunden zu uns kam, macht etwa 1,5 Prozent unseres Kundenstammes aus“, verdeutlicht Brennemann die Dimension.

Den Geschäftsführer wundert es nicht, dass Stromio, der sich selbst als Energiediscounter bezeichnet, in Schwierigkeiten steckt. „Die Privaten zocken“ sagt Brennemann. Und manchmal würden sie sich eben verzocken, wie das an der Börse gang und gäbe ist. „Die Billiganbeiter kaufen zu spät ein. Wir kaufen im Gegensatz oft schon Jahre im voraus ein, wir streuen unser Geschäft“, nennt er die Unterschiede. Die Kunden würden von diesem Geschäftsgebaren der Stadtwerke Zweibrücken profitieren: „„Wir haben unseren Strompreis seit 1. Januar 2020 nicht mehr erhöht.“

 In Kaarst bei Düsseldorf ist der Hauptsitz des Stromversorgers Stromio. Das Foto zeigt eine Klingel dort.  
  Foto: Henning Kaiser/dpa 

In Kaarst bei Düsseldorf ist der Hauptsitz des Stromversorgers Stromio. Das Foto zeigt eine Klingel dort.  Foto: Henning Kaiser/dpa 

Foto: dpa/Henning Kaiser
 Werner Brennemann, Geschäftsführer der Stadtwerke Zweibrücken.

Werner Brennemann, Geschäftsführer der Stadtwerke Zweibrücken.

Foto: Lutz Fröhlich

Tatsächlich würden die Marktpreise gerade „explodieren“, klagt Brennemann, „seit Oktober hat sich die Rallye an den Märkten nochmals verschärft“. Der Stadtwerke-Chef schätzt: „Wenn die Entwicklung so weiter geht, werden wohl weitere Billiganbieter vom Markt verschwinden.“

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