Moment mal

Vorausgesetzt, das Alte ist auch wirklich alt genug

Vorausgesetzt, das Alte ist auch wirklich alt genug.Moment mal

Vom Speicherplatz zum Speicherschatzoder: Dinge, die die Welt nicht braucht!

Liebe Leserinnen, Liebe Leser, ich bin mir nicht sicher, ob ich es an dieser Stelle nicht schon mal geschrieben habe, drum halte ich es zur Sicherheit einfach noch mal fest: Lesen bildet! Auch und gerade das Lesen einer aktuellen regionalen Tageszeitung. Wo sonst bekommen Sie all das, was Sie wissen müssen, druckfrisch auf den Tisch? Neuigkeiten, garniert mit Emotion pur. Und weil Lesen bildet (siehe oben!), weiß ich jetzt auch - und natürlich auch Sie -, dass die Telefonhäuschen meiner jüngeren Jahre Vergangenheit sind. Jetzt reden wir nämlich im modernen Marketing-Englisch von den "Kommjunikeeschen-Törrminells". Das Nonplusultra derselben sind die sogenannten "Oohlpeement"-Telefone. Dort können Sie mit Münzen zahlen, Kreditkarten und Telefonkarten. Letzteres freut mich, denn ich muss sie also nicht wegwerfen. Die Karten, die ich beim Aufräumen gefunden habe und von denen ich gar nicht mehr wusste, dass sie sich noch in meinem Besitz befinden. Irgendwo in irgendeinem Behältnis, in irgendeiner Schublade oder einem Schrank. Ich dachte, ich hätte die Dinger längst weggeworfen - bekennender Nicht-Jäger und Nicht-Sammler, der ich doch eigentlich bin. Oder zumindest dachte, es zu sein. Fragen Sie nicht, wie ich drauf gekommen bin, aber im Moment ist die Zeit des Loslassens angesagt. Der Frühjahrsputz kann es ja im September kaum sein, der mich desöfteren in ein Abstellkämmerchen führt, über das wohl jedes Haus verfügt. Oder gar auf den Speicher. Schätze meiner Kinder- und Jugendzeit sind mir dort in die Hände gefallen: Blechspielzeuge, die beinahe fünf Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Meine alte und einzige Puppe - Gabriela, deren linkes Bein in ihrem 46. Lebensjahr ein wenig unmotiviert am restlichen Körper baumelt. Eine ganze Karl-May-Sammlung oder auch eine stattliche Zahl beinahe komplett eingeräumter Kästen der in den sechziger und siebziger Jahren des vergangenen Jahrtausends (mein Gott, wie das klingt!) gefragten Fischertechnik-Bau- und Konstruktionssätze. Daneben Bücher en masse, die weder jemand braucht geschweige denn noch jemand liest. Gut, einen Teil der Antiquitäten bin ich inzwischen los. Mittels entsprechender Anzeigen in der regionalen Tageszeitung findet man auch heutzutage noch nette Menschen, die mit solchen Relikten was anfangen können. Auf entsprechende Inserate kommen entsprechende Reaktionen und Anrufe. Man soll es nicht für möglich halten, was für den jeweils anderen alles einen offenbar sammlerischen Wert hat. Dinge, die man achtlos entsorgen möchte, entfachen im Auge des Sammlers ein loderndes Flackern. Vorausgesetzt, das Alte ist auch wirklich alt genug.Möbel beispielsweise werden offenbar erst interessant, wenn die dritte Generation der Holzwürmer dort auf das angestammte Bleiberecht verweisen kann. Eine alte Nähmaschine ist nur dann auf Zack, wenn das Stromkabel einen weiten Bogen um sie gemacht hat. Bleibt nur eine Frage offen: Ist es ein altes Problem oder ein neues - oder womöglich gar ein immerwährendes, wenn jemand, mit dem ich mich zufällig über die zu verkaufenden Bücher unterhalte, gezielt danach fragt, ob ich denn eventuell auch das Ehevorbereitungsbuch "Bevor du ja sagst" besäße. Klingt ganz so, als ob da jemand eine Garantie sucht, die über all die Jahre noch nicht abgelaufen ist. Oder geht es gar um Schadenersatz? Michael Klein Chefredakteur

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