moment mal
Stellen Sie sich vor, es ist Wahl und keiner geht hin! moment mal Lächeln von Laternenmasten oder: Im Vierfarbdruck auf Stimmenfang Liebe Leserinnen, Liebe Leser, nach der Wahl ist vor der Wahl: Unser Land hat seit Samstag mit Horst Köhler einen frisch gewählten Bundespräsidenten
Stellen Sie sich vor, es ist Wahl und keiner geht hin!moment mal
Lächeln von Laternenmasten oder: Im Vierfarbdruck auf Stimmenfang
Liebe Leserinnen, Liebe Leser, nach der Wahl ist vor der Wahl: Unser Land hat seit Samstag mit Horst Köhler einen frisch gewählten Bundespräsidenten. Der Amtsinhaber bekam schon im ersten Wahlgang mit 613 Stimmen die erforderliche Mehrheit der in der Bundesversammlung vertretenen Wahlfrauen und -männer, die sich aus allen Bundestagsabgeordneten und zahlenmäßig ebenso vielen Abgesandten der Bundesländer zusammensetzt. In Berlin haben also 1223 Wahlberechtigte (ein Wahlmann der "Linken" fehlte erkrankt) den Job für uns getan.In knapp zwei Wochen sind wir selbst an der Reihe, denn am 7. Juni sind unsere Stimmen bei der Kommunal- und Europawahl gefragt. Und um diese Stimmen werben die Parteien mit aller Macht, vor allem mit einer Menge von Plakaten. Engagierte Mitbürger lachen uns auf ihnen in Stadt und Land an, preisen allein oder in Gruppenstärke die Errungenschaften, für die sie bisher standen beziehungsweise nach dem 7. Juni stehen wollen. Im Ort, in der Verbandsgemeinde, im Stadtrat und in Europa. Garniert mit mehr oder weniger treffenden Aussagen findiger Marketing- und Parteistrategen, die zu kommentieren die Überparteilichkeit, also die politische Neutralität, verbietet. Wundern darf man sich an der einen oder anderen Stelle trotzdem, denn das passiert im Stillen.Nicht im schreienden Farbenspiel der papiernen Werbeträger, die vielen von Ihnen - das weiß ich aus zahlreichen Anrufen und Zuschriften in und an unsere Redaktion - offenbar ein Dorn im Auge sind. Ja, man darf sicherlich darüber diskutieren, ob der Aufwand in Legionstärke, der uns von Plakatwänden und Straßenlaternenmasten entgegenbrüllt, vonnöten ist. Und auch über die Standorte mancher Plakatträger. Aber man darf den politischen Werbefeldzug auch als ein klares Manifest unseres demokratischen, von Freiheit der Meinungsäußerung geprägten Gemeinwesens begreifen, für das einzutreten uns allen aufgegeben ist.Übrigens: Experten sind sich einig, dass in Städten und Gemeinden vernünftigerweise ein Plakat auf 100 Einwohner kommt. Vielleicht zählen Sie ab morgen ja mal nach und rechnen hoch! Egal: Eine Wahl so ganz ohne Wahlplakate? Nein, das geht nicht. Finde ich, und zitiere deshalb sehr gerne an dieser Stelle einen namhaften Kronzeugen: Matthias Jung, Vorstand der Forschungsgruppe Wahlen. Der befürchtet nämlich im Falle einer plakatlosen Wahlwerbekampagne schlimme Konsequenzen: "Stellen Sie sich vor, es ist Wahl und keiner geht hin!", malt Jung aus seiner Sicht ein Schreckensszenario. Ich teile seine Ansicht!Aus diesem Selbstverständnis ist es denn auch natürlich, dass das Gros der Berichterstattung in unserer Zeitung in den zurückliegenden Tagen, Wochen und Monaten wahldominiert war. Wir haben Ihnen die Kandidaten präsentiert, die Ideen und Absichten der Parteien, die Perspektiven, die der Einzelne beim Einzelnen und im Ganzen hat. Und wir legen noch ein wenig zu, denn am kommenden Donnerstag, exakt zehn Tage vor dem Urnengang am ersten Junisonntag, beginnen wir unseren Wahlcountdown. Da gibt es Hintergründe und Fakten, aber auch Service und Menschelndes in geraffter Form.Und da wir am heutigen Montag ab 15 Uhr in der Reihe "Merkur im Dialog" im DRK-Mehrgenerationenhaus mit interessierten Leserinnen und Lesern ebenfalls über die Kommunal- und Europawahlen diskutieren wollen, bin ich mir sicher, dass Sie am 7. Juni niemanden brauchen, der Ihre Stimme für Sie abgibt. Dann werden Sie den Job im Gegensatz zum vergangenen Samstag selbst erledigen können. Michael Klein Chefredakteur