Großflächiger Einzelhandel Möbel Martin soll stark wachsen dürfen

Zweibrücken · Stadtrat folgt einstimmig Bitte des Möbelhauses, zeigt aber Differenzen über das innenstadtrelevante Sortiment.

 Der Zweibrücker Stadtrat möchte Möbel Martin eine Erweiterung ermöglichen, nicht nur für Möbel.

Der Zweibrücker Stadtrat möchte Möbel Martin eine Erweiterung ermöglichen, nicht nur für Möbel.

Foto: Lutz Fröhlich

Möbel Martin möchte sich in Zweibrücken von 24 000 auf 35 000 Quadratmeter Verkaufsfläche vergrößern. Im Sommer 2017 hatte es diesbezüglich noch einen kleinen Eklat gegeben: Möbel Martin drohte öffentlich mit dem Rechtsweg, weil die Stadt eine Bauvoranfrage nicht behandelte. Gleichzeitig behandelten Stadtverwaltung und Stadtratsmehrheit sehr wohlwollend Pläne für ein von Investor André Kleinpoppen namentlich nicht genanntes neues Möbelhaus auf der Truppacher Höhe (wir berichteten).

Jetzt stehen die Zeichen zwischen Möbel Martin und der Stadt offensichtlich auf Entspannung. Der Stadtrat „bekräftigte“ am Mittwochabend einstimmig, „das Verfahren zur Aufstellung des Bebauungsplanes BH 32 ,Möbel Martin’ fortzuführen“. In dem von allen sieben Fraktionen gemeinsam beantragten Beschluss heißt es weiter: „Grundlage des Verfahrens ist das Vorhaben der Firma Möbel Martin, für das im Plangebiet zulässige Einrichtungshaus eine Erweiterung der Gesamtverkaufsfläche auf Basis der eingereichten Antragsunterlagen vorzusehen.“

CDU-Fraktionschef Christoph Gensch berichtete: „In den vergangenen Monaten ist Möbel Martin an die Fraktionen herangetreten mit der Bitte, das Vorhaben zu bekräftigen. Möbel Martin würde diese formal nicht notwendige Geste der Unterstützung des Rates zu diesem geplanten Vorhaben sehr begrüßen.“ Man sei sich „schnell einig“ gewesen, der Bitte „eines so renommierten Unternehmens mit so großen Umsätzen, das so wichtig für unsere Stadt ist, zu folgen“.

SPD-Fraktionsvize Thorsten Gries sagte, auch für seine Partei sei die Unterstützung der Ausbau-Pläne „selbstverständlich“, denn Möbel Martin sei seit Jahrzehnten in Zweibrücken, „tut viel für die Ausbildung und stellt geregelte Arbeitsplätze zur Verfügung“. Gries kündigte aber einen Antrag der SPD in der nächsten oder übernächsten Stadtratsitzung an, um die veraltete „Zweibrücker Liste modern und gut aufzustellen“. Diese regelt, welche Warensortimente zum Schutz der Innenstadt und Ortskerne nicht in Märkten am Stadtrand verkauft werden dürfen.

Erhebliches Konfliktpotenzial in vielerlei Hinsicht birgt offensichtlich noch die Frage, in welchem Ausmaß Möbel Martin die Erweiterung nutzen darf, um auch die Randsortimente auszubauen. Diese werden zurzeit auf 2400 Quadratmetern verkauft, geplant sind 3500, also jeweils zehn Prozent der Gesamtverkaufsfläche. (Im 2007 begonnenen Bebauungsplanverfahren waren 30 000 Quadratmeter Verkaufsfläche vorgesehen, davon 2500 Randsortimente.)

Begrenzungen der Randsortimente müssen aus raumordnungsrechtlichen Gründen erfolgen, um die benachbarten Innenstädte nicht zu gefährden – wie stark die Sortimente begrenzt werden, wird immer anhand der örtlichen Gegebenheiten individuell analysiert.

Für Möbel Martin (wie auch das Projekt auf der Truppacher Höhe) dürfte das Raumordnungsrecht eine sehr hohe Hürde sein: Schon den Bau des Hilgardcenters hatte die SGD Süd 2006 nur mit dem Hinweis genehmigt, dass danach in Zweibrücken keine weiteren Neuansiedlungen großflächiger Einzelhandelsbetriebe mehr möglich seien – sonst drohe die Entleerung der Innenstadt, zitierte die SGD Süd die Planungsgemeinschaft Westpfalz. „Großflächiger Einzelhandel“ beginnt bereits ab 800 Quadratmetern Verkaufsfläche. Möbel Martin will das Randsortiment (zurzeit vor allem Haushaltswaren) nun um 1100 Quadratmeter erweitern.

SPD-Ratsmitglied Dirk Schneider plädierte am Mittwoch sogar dafür, Möbel Martin nicht nur 10, sondern 15 Prozent Randsortimente zu erlauben. Die Stadt Saarbrücken habe dies wegen der vielen französischen Kunden für einen Möbel-Martin-Neubau genehmigt. Und Zweibrücken sei ja auch nah an Frankreich. Möbel Martin hatte im Juli 2017 allerdings im Merkur erklärt, in Zweibrücken 15 Prozent gar nicht anzustreben, unter anderem weil das Einzugsgebiet nach Frankreich in Saarbrücken viel weiter sei.

Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann warnte davor, jetzt schon über das Randsortiment und die Zweibrücker Liste zu diskutieren: „Das ist ein ganz anderes Thema. Eine Vorfestlegung jetzt wäre auch juristisch nicht geschickt, sie könnte uns auf die Füße fallen.“ Auch FWG-Fraktionschef Kurt Dettweiler warb dafür, über die Sortiments-Fragen erst zu reden, wenn das Thema auf der Tagesordnung steht. Dietmar Runge für die FDP und PBZ-Fraktionschef Manfred Weber schlossen sich den Ausführungen Genschs an. Zu Schneiders Vorstoß sagte Weber: „In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Die Innenstadt darf auch nicht sterben.“

Von der Stadtverwaltung äußerte sich am Mittwoch niemand, auch in der Sitzungsvorlage gab es keine Stellungnahme.

Dem (krankheitsbedingt abwesenden) Oberbürgermeister Kurt Pirmann fällt der Rat mit seinem Beschluss übrigens formell nicht in in den Rücken: Im Streit mit Möbel Martin im Sommer 2017 hatte der Sozialdemokrat nämlich eben auf den nun im Antrag genannten Bebauungsplan verwiesen, der erst einmal vorangetrieben werden müsse, bevor die Bauvoranfrage bearbeitet werden könne. Allerdings hatte Pirmann damals seine Zurückhaltung in Sachen Möbel Martin damit begründet, erst einmal die von Möbel Martin geplanten Randsortimente prüfen und die Zweibrücker Liste zu ändern zu wollen.

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